Österreich

Impfgegner trugen Judensterne auf Corona-Demo – Haft!

Weil sie auf einer Corona-Demo Judenstern trugen, mussten zwei Männer am Donnerstag vor ein Schwurgericht. Sie hätten damit den Holocaust verharmlost.

Christian Tomsits
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Die Angeklagten sollen den Holocaust mit Davidsstern auf Demo gröblich verharmlost haben.
Die Angeklagten sollen den Holocaust mit Davidsstern auf Demo gröblich verharmlost haben.
"Heute"

Die beiden Ex-Arbeitskollegen (50, 34) nahmen beinahe zittrig im abgestaubten Sonntagsanzug auf der Anklagebank am Wiener Landl Platz. Gemeinsam waren der Biolandwirt-Gehilfe und Wiener Linien-Angestellte am 11. September des Vorjahres noch selbstsicher Parolen schreiend "gegen die Unterdrückung Ungeimpfter" in Wien auf einer Anti-Maßnahmen-Demo mitmarschiert.

Stern aus Kinder-Filz gebastelt

"Am Vormittag habe ich für mich und meinen Freund aus gelbem Filzstoff aus der Bastellade von meiner vierjährigen Tochter einen Stern geschnitten und mit schwarzem Stift 'ungeimpft' draufgeschrieben", so einer der beiden Angeklagten zum Richter. Er habe sich durch die Maßnahmen vor einem Jobverlust gefürchtet und wollte so seinem Protest gegen die Maßnahmen Ausdruck verleihen. "Ich fühle mich als Ungeimpfter wie die Juden im zweiten Weltkrieg", soll er auf der Demo zur Polizei gesagt haben.

Der beschlagnahmte, selbstgebastelte Judenstern.
Der beschlagnahmte, selbstgebastelte Judenstern.
"Heute"

Den Schrecken des Holocaust hätten beide mit dem Tragen des Sterns sicher nicht grob verharmlosen wollen, erklärten die Verteidiger Erst Schillhammer und Florian Höllwarth unisono. "Es war einfach unbedacht", stammelte der andere Angeklagte, der übrigens schon mehrmals freiwillig die KZ-Gedenkstätte Mauthausen besucht habe. "Wenn man einen dem Original nachempfundenen Judenstern ausschneidet, muss man darüber nachdenken", platzte dem Richter beinahe die Robe.

Anwalt Florian Höllwarth vertrat einen der Demonstranten.
Anwalt Florian Höllwarth vertrat einen der Demonstranten.
Denise Auer

"Wie Vergleich von Kahlenberg mit Mount Everst"

Eine Gleichsetzung der Situation Ungeimpfter mit dem furchtbaren Staatsterror gegen die jüdische Bevölkerung ab 1941 (Datum der Polizeiverordnung zur Tragpflicht des Sterns in Österreich) wäre wie eine Gleichsetzung der Höhe vom Kahlenberg zum Mount Everest, unterstrich der Staatsanwalt mit weit auseinander liegenden Armen den Unterscheid. Was sei das denn sonst als eine grobe Verharmlosung?

15 Monate Haft für Demonstranten

"Wann sind in Österreich Ungeimpfte per Massentransport in Konzentrationslager gebracht und dort zu Tausenden grausam getötet worden", wollte der Richter wissen. "Nie!", gab er sich die Antwort selbst und fragte abschließend, ob die Herren nun den Unterschied erkennen. Keine Schwierigkeiten mit der Bewertung hatten die Geschworenen: Einstimmig entschieden sie auf schuldig. Beide Angeklagte fassten 15 Monate bedingte Haft aus (nicht rechtskräftig).