Coronavirus

Corona-Patienten müssen für Wochen auf die Intensiv

Heute Redaktion
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Bei den meisten Infizierten verläuft Covid-19 glimpflich, doch wer schwere Symptome zeigt, muss wochenlang auf der Intensivstation betreut werden, erklärt der Innsbrucker Infektiologe Günther Weiss.

Wie steht es um die Behandlung des neuartigen Coronavirus in Österreich? Eine Einschätzung aus erster Hand lieferte am späten Freitagabend der Abteilungsleiter für Innere Medizin der MedUni Innsbruck, Günther Weiss, im Interview mit "ZiB2"-Moderator Armin Wolf.

Der Infektiologe bekräftigt, dass viele der Patienten eine Infektion mit Sars-CoV-2 gut überstehen würden. Der entscheidende Moment käme rund eine Woche nach dem auftreten erster Symptome: "Wir wissen noch nicht, bei wem die Erkrankung einen leichten oder schweren Verlauf entwickelt", so der Mediziner. Auch das Warum sei nach wie vor ein Rätsel.

Es werde aktiv daran geforscht, es sei aber auch wichtig, die Patienten aktiv zu kontaktieren, um so eine Verschlechterung des Zustands möglichst früh zu erkennen. "Wenn wir diese Patienten dann frühzeitig auf die Station bekommen, dann können wir sie besser behandeln", erklärt der Mediziner. Wer allerdings auf der Intensivstation landet, muss dort meist für zwei bis drei Wochen bleiben. Die Erkrankten wurden sich nur langsam erholen.

"Viele von denen packens dann, sind aber sehr gezeichnet und brauchen lange, um ins Leben zurückzufinden", schildert Weiss. Auf seiner Station seien die Patienten im Vergleich "recht jung" und im Schnitt zwischen 60 und 65 Jahren alt. Die Mortalitätsrate sei in Österreich aber definitiv geringer als in China.

Warum sterben auch Jugendliche?

Der Experte schätzt, dass in Österreich nur rund 80 Prozent der derzeitig 168 Corona-Toten tatsächlich an dem Virus gestorben ist. Nachträglich könne man das aber nicht mehr feststellen. Zur Erinnerung: In der offiziellen Statistik wird laut Sozialministerium jede verstorbene Person, die zuvor Covid-positiv getestet wurde, angeführt, unabhängig davon, ob sie durch oder "mit dem Virus" (an einer potentiell anderen Todesursache) verstorben ist.

Und die Fälle von verstorbenen Jugendlichen ohne Vorerkrankung? Diese seien die "absolute Ausnahme und nicht die Regel", betont Weiss. Er sieht hier drei Möglichkeiten, einen zuvor nicht diagnostizierten Immundefekt, eine überschießende Immunreaktion auf das Virus, oder eine nicht diagnostizierte Begleiterkrankung die im Zusammenspiel mit Covid-Symptomen zum Tod geführt habe könnte.

Ein nachweislich wirksames Medikament gegen das Coronavirus gibt es derzeit noch nicht, so der Experte zur aktuellen Situation der Forschung. Die meisten der "vielversprechenden" Medikamente seien bisher nur in-vitro, sprich als Zellkulturen, getestet worden. Wie gut diese schließlich bei den Patienten wirken, könne man erst durch prospektive (vorausschauende) Doppelblind-Studien herausfinden. Erst dadurch könne man erfahren, "welches Medikament tatsächlich etwas gebracht hat."

Werden Kinder nicht von Virus befallen?

Die Altersverteilung der Corona-Patienten gibt den Forschern ebenfalls noch Rätsel auf. Denn bei den Unter-10-Jährigen sei eine Infektion eine "absolute Rarität und auch unter den Jugendlichen erkranke nur ein sehr geringer Anteil. Weiss: "Möglicherweise kann das Virus bei diesen Kindern nicht so gut andocken, oder die Infektion verhält sich so mild, dass keine Symptome auftreten".

Trotzdem müsse man eine Öffnung der momentan geschlossenen Kindergärten und Schulen wohl überlegen, denn selbst wenn die Kinder die Krankheit nicht übertragen könnten, ihre Begleitpersonen und Lehrer könnten sich sehr wohl anstecken.

Wer Corona übersteht, ist immun

Wer aber einmal mit dem Coronavirus infiziert wurde und die folgende Erkrankung gut überstanden hat, sei immun, erklärt der Studiogast. Diese Patienten hätten spezielle Eiweiße zur Abwehr aufgebaut und seinen danach auch nicht mehr ansteckend, erklärt der Infektiologe. Wie lange dieser Schutz anhält, vermag er aber nicht zu schätzen. Dazu seien weitere Antikörpertest notwendig.

Wenn diese immunen Personen keine Gefahr mehr für die Gesellschaft darstellten, könne man ihnen nicht einen Corona-Ausweis ausstellen und sie in den Arbeitsprozess führen, hakt Moderator Wolf nach.

Das sei definitiv eine "Überlegung", die man anstellen könne. Weiss sieht aber ein großes Problem: es bräuchte dazu einen Test, der mit 100-prozentiger Sicherheit eine überstandene Infektion nachweisen könne. Die Trefferquote der aktuellen Tests betrage aber nur rund 90 Prozent, wodurch auch Personen durchrutschen könnten, die noch nicht immun sind.

Kombi-Impfung gegen Influenza und Corona?

Das Coronavirus könnte sich in den kommenden Monaten und Jahren zu einem ständigen Begleiter der Menschheit entwickeln. In Anbetracht dessen stellt Wolf eine weitere Überlegung auf: Wäre es nicht sinnvoll, im nächsten Herbst verpflichtende Grippeschutz-Impfungen zu verordnen, um mehr Krankenbetten für Corona-Patienten zur Verfügung zu haben?

"Das macht durchaus Sinn", antwortet Weiss. Doch auch hier muss er relativieren, denn der Schutz der Grippe-Impfung betrage nur zwischen 30 und 90 Prozent, allerdings würde sie auch bei älteren Patienten helfen, die Symptome abzumildern. Der Mediziner rechnet einer möglichen Kombi-Impfung gegen Influenza und Corona – so es diese denn einmal geben wird – eine große Akeptanz in der Bevölkerung aus.