Welt

Auch Infizierte müssen im Spital arbeiten

Heute Redaktion
Teilen
In einem Schweizer Spital müssen auch Covid-19-positive Mitarbeiter ihren Dienst versehen.
In einem Schweizer Spital müssen auch Covid-19-positive Mitarbeiter ihren Dienst versehen.
Bild: picturedesk.com/APA - Symbolbild

Im Kantons-Krankenhaus St. Gallen müssen laut einer Angestellten positiv getestete Mitarbeiter weiterarbeiten. Und das, obwohl kein Personalmangel herrscht.

Trotz eines positiven Corona-Tests muss eine Pflegefachfrau im Krankenhaus St. Gallen weiterarbeiten. Bei ihrer Arbeitskollegin Aurelia* sorgt das für Kopfschütteln. Nicht nur sei es riskant, sondern auch unnötig. Im Moment gäbe es genug Personal: "Wir arbeiten zurzeit zu zweit, statt wie üblich zu dritt."

Denn die Mitarbeiter müssen Überstunden abbauen und Minusstunden generieren. So könnte dann im Fall eines Ansturms bis zu 60 Stunden pro Woche gearbeitet werden, erklärt Aurelia. Das Krankenhaus St. Gallen hat für einige Abteilungen auch bereits Kurzarbeit angefordert, wie ein internes Schreiben vom 1. April an die Mitarbeiter zeigt.

Ohne Symptome geht's zurück zur Arbeit

In ihrem eigenen Team arbeite niemand mit Corona, sagt Aurelia. Sie habe von dem Fall erfahren, weil sie in einer anderen Abteilung aushelfen musste. Die betroffene Pflegerin habe sich bei einem Patienten angesteckt, bei dem zu spät festgestellt wurde, dass er Corona hat. "Sie hat dann zwei Tage frei bekommen und in dieser Zeit das positive Testergebnis erhalten."

Weil die Angestellte keine Symptome hat, musste sie nach zwei Tagen wieder zur Arbeit erscheinen. "Sie fühlt sich nicht wohl dabei", erklärt Aurelia. Auch die Teammitglieder der erkrankten Pflegerin hätten ein schlechtes Gefühl bei der Sache: "Wir verstehen nicht, wieso die kranke Kollegin kommen muss, während jemand gesund zu Hause bleibt."

Zehn Tage eine Maske tragen

Das Spital hält in den Richtlinien fest, dass erkrankte Angestellte mit milden Symptomen und ohne Fieber sich 48 Stunden isolieren sollen. Danach muss die Arbeit wieder aufgenommen werden, "wenn möglich mit Tragen einer chirurgischen Maske für zehn Tage seit Beginn der Symptome".

Damit hält sich das Krankenhaus an die Empfehlung von Swissnoso, dem nationalen Zentrum für Infektionsprävention. Dieses empfiehlt, erkranktes Gesundheitspersonal mit Maske weiterarbeiten zu lassen. Damit soll die Versorgung und Sicherheit der Patienten im Fall eines akuten Personalmangels gewährleistet werden.

Empfehlung ist nur Notlösung

Laut BAG sollen kranke Personen nicht arbeiten. Bei der Empfehlung von Swissnoso handle es sich um eine Notlösung für die außerordentliche Lage aufgrund des Coronavirus. Diese soll "nicht angewendet werden, solange die Versorgung und Sicherheit der Patienten anders gewährleistet werden kann".

Im Krankenhaus St. Gallen herrscht aber noch kein Personalmangel: "Weil medizinische Eingriffe ausfallen, sind derzeit über 300 Betten frei. Deshalb halten wir das Personal dazu an, wenn möglich Überzeit abzubauen", heißt es auf Anfrage.

"Ist jemand leicht erkältet, kann er arbeiten"

Philipp Lutz, Mediensprecher des Kantonspitals verteidigt das Vorgehen des Krankenhauses: "Ist jemand nur leicht erkältet, kann weiter gearbeitet werden. Es macht keinen Sinn, Personal einzusetzen, das die Abläufe nicht kennt."

Die Standardmaßnahmen würden dafür sorgen, dass die Patienten geschützt seien. "Es besteht daher kein erhöhtes Übertragungsrisiko", so der Sprecher. "Zudem müssen wir davon ausgehen, dass wir – wie alle Krankenhäuser – auch medizinisches Personal mit nicht erkannter Covid-Infektion im Einsatz haben", sagt Lutz.

Doch die BAG-Richtlinien sagen klar, dass erkrankte Personen nur im äußersten Notfall arbeiten sollen. Und auch Andreas Widmer, Präsident von Swissnoso, sagt: "Die Richtlinien von St. Gallen entsprechen offensichtlich nicht unseren Empfehlungen."

*Name geändert

;