Inflation, Lohnverlust – Österreich galoppiert in Krise

"Wenn Deutschland einen Schnupfen hat, kriegt Österreich die Grippe." Stimmt dieser alte Spruch auch heute noch? Nicht ganz, dennoch hat die aktuelle Krise der deutschen Industrie auch Folgen für Österreich. In der ZIB2 war dazu der Wirtschaftsforscher Holger Bonin, Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS), bei Martin Thür zu Gast.

Der Experte ortet in Deutschland strukturelle Probleme. Besonders die Autoindustrie, der Motor der deutschen Wirtschaft, hatte zuletzt Schwäche gezeigt: "Heute bauen auch die Chinesen gute Autos, besonders E-Autos", sagt der IHS-Chef. Die deutschen Autobauer hätten sich zu lange auf ihrem früherem Erfolg ausgeruht und die Zeichen der Energiewende verschlafen.

"Wandel ist etwas ganz normales, auch ein Zeichen von Fortschritt", so Bonin weiter. Die Schwäche sei, dass die deutsche Politik keine langfristige Vision für eine ökologische Transformation der deutschen Wirtschaft und auch eine Aufwertung der Dienstleistungen erkennen lasse. Das von Kanzler Olaf Scholz angekündigte Paket sei hier viel zu klein geschnürt.

Auswirkungen auf Österreich

Zieht uns Deutschland dadurch mit runter? Schon, allerdings habe Österreich weniger zu leiden, weil hierzulande eine stärkere Zulieferer-Industrie bestehe. "Insofern kann man sich in gewisser Weise abkoppeln, aber nicht total", sagt der Ökonom.

Doch auch hierzulande brauche es durch den Staat klare Rahmenbedingungen und Investitionsanreize für die Wirtschaft in 2030. "Die Inflation ebbt sehr langsam ab. Es wird auch stark davon abhängen, wie sich die Kosten entwickeln." Ein kritischer Aspekt seien auch die Lohnkosten.

Reallohnverlust schadet auch Wirtschaft

Die Metaller fordern bei ihrer anstehend Lohnverhandlungen einen vollen Inflationsausgleich. Einen Abschluss darunter werde man nicht akzeptieren, so die Chefverhandler Reinhold Binder (Gewerkschaft PRO-GE) und Karl Dürtscher (Gewerkschaft GPA) am Donnerstag. Die Arbeitgeberseite hatte ihnen schon im Vorfeld öffentlich ausgerichtet, dass der Spielraum eng begrenzt sei.

Bonin appelliert hier auf ein sorgsames Austarieren. Denn: Die heimische Wirtschaft stottere auch durch den inflationsbedingt hohen Reallohnverlusten in der Bevölkerung und dem resultierenden Konsumeinbruch. Solange auch dieser in der Krise stecke, müsse die Industriellenseite durchaus mit bedenken, ob und wie weit man nicht doch Lohnerhöhungen über der Inflationsrate gewähre.