Politik

Interview-Blamage: Rote verteidigen neuen Freund

Heute Redaktion
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Eigentlich wollte die SPÖ bei ihrer Klubklausur in Frauenkirchen der eigenen Fraktion ihren neuen Hoffnungsträger für die EU-Wahl Eugen Freund schmackhaft machen. Überschattet wurde der Premieren-Auftritt des Ex-ORF-Journalisten aber durch seine Aussagen im "profil"-Interview, als er schätzte, ein Arbeiter verdiene durchschnittlich 3.000 Euro. Jetzt versucht die Partei zu beschwichtigen.

. Jetzt versucht die Partei zu beschwichtigen.

Tatsächlich erhält ein Arbeiter im Schnitt nämlich einen Lohn von deutlich unter 2.000 Euro brutto pro Monat. Als Freund das von "profil" erfuhr, meinte er erstaunt: "Das ist sehr wenig." Er könne aber nichts dafür.

"Kreisky hat Millionen und Milliarden verwechselt"

Die SPÖ, immerhin ihrer Tradition nach Arbeiterpartei, vergibt ihrem Spitzenkandidaten dessen Fehl-Schätzung: "Weil er sich einmal bei einer Zahl verschätzt, ist er noch immer ein guter Spitzenkandidat", so Kanzler Werner Faymann am Rande der Klubklausur. Auch Kreisky habe Millionen und Milliarden verwechselt und sei der beste Bundeskanzler und ein Arbeiterführer gewesen.

"Nicht so falsch"

Auch Klubobmann Andreas Schieder wollte die Sache nicht dramatisieren. Ein Facharbeiter im 40. Lebensjahr verdiene ja tatsächlich in dieser Dimension, und Freund solle ja nicht Chef von Statistik Austria werden sondern Österreich in Brüssel vertreten.

"Kann uns zur Nr. 1 machen"

Dass er das gut kann, ist auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl überzeugt. Offenbar verdiene man in Freunds Umfeld so viel und er habe gedacht, das sei überall so. Nichtsdestotrotz sei Freund in Innen- und Außenpolitik beschlagen und biete der SPÖ die Chance, diesmal Nummer eins bei der EU-Wahl zu werden.

"Zweite Chance"

Am schwersten taten sich die Gewerkschafter, die Sache herunterzuspielen. ÖGB-Vizechefin Sabine Oberhauser meinte, Freund müsse als Neuling in der Politik noch lernen. Er habe eine zweite Chance verdient. "Nicht froh" äußerte sich FSG-Chef Wolfgang Katzian über die "unglückliche Aussage" des Spitzenkandidaten. Freund sei aber neu im Geschäft: "Am Anfang darf ein Fehler passieren." Kurz und bündig die Aussage von Rainer Wimmer, als pro-ge-Vorsitzender Chef der größten Arbeitergewerkschaft, zu Freunds Unkenntnis über das durchschnittliche Gehalt eines Arbeiters: "Jetzt weiß er es."

"Fehlleistung"

Wenig Freude mit dem Sager hatte auch der ehemalige ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer. Der nunmehrige Sozialminister sieht das Unwissen von EU-Spitzenkandidat Eugen Freund über das durchschnittliche Einkommen eines Arbeiters als "Fehlleistung". Würde ähnliches zwei oder drei Mal passieren, hätte die SPÖ wohl ein Problem. Er sei aber überzeugt, dass gerade Freund lernfähig sei, so der Minister.

"Es kann auch einmal nicht funktionieren"

Freund bemühte sich in Selbstverteidigung: "Man kann nicht alle Zahlen im Kopf haben." Später räumte er ein: "Ich bin sehr zufrieden mit vielen Interviews, aber nicht mit allen. Es kann auch einmal nicht funktionieren."

FPÖ hält Freund für weltfremd

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl zeigt sich dagegen sehr verwundert, "dass ein altgedienter Innenpolitikjournalist des ORF derartig weltfremd sein kann". Freund sei "genauso abgehoben, selbstgefällig und präpotent wie die gesamte SPÖ-Führungsriege", so Kickl.