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ISIS-Kämpfer kürten Chef zu "Anführer aller Muslime"

Heute Redaktion
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Bild: Reuters/Heute.at-Montage

Die im Irak und Syrien kämpfenden ISIS-Extremisten haben am Sonntag die Gründung eines "Kalifats" bekannt gegeben. In einer online veröffentlichten Audiobotschaft verkündete die radikalsunnitische Organisation die Schaffung dieser vor fast hundert Jahren verschwundenen islamischen Regierungsform. Ihren Chef Abu Bakr al-Baghdadi ernannte sie zum "Kalifen", zum "Anführer aller Muslime".

ernannte sie zum "Kalifen", zum "Anführer aller Muslime".

Die Ausrufung des Kalifats dürfte nun für die von der ISIS kontrollierten Gebiete im Irak und in Syrien gelten. Die Errichtung des Kalifats sei bei einer Sitzung der Shura (des Rates) der Gruppe beschlossen worden, sagte der ISIS-Sprecher Abu Mohammed al-Adnani in der Audiobotschaft.

Al-Adnani zufolge nennt sich die Gruppe fortan "Islamischer Staat" - zuvor hatte sie sich "Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien" (ISIS) genannt. Das Kalifat sei "der Traum jedes Muslims" und "der Wunsch jedes Jihadisten", sagte der Sprecher. Die Authentizität der Aufnahme ließ sich jedoch zunächst nicht überprüfen.

Neun Menschen gekreuzigt

In Syrien acht Menschen getötet und gekreuzigt. In Deir Hafer im Osten der Provinz Aleppo habe ISIS am Samstag acht rivalisierende Aufständische hingerichtet, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Sonntag. Die Männer seien anschließend auf dem zentralen Platz des Dorfes ans Kreuz geschlagen worden und sollten dort drei Tage lang hängen bleiben. Ein neunter Mann sei in Al-Bab nahe der türkischen Grenze acht Stunden lang gekreuzigt worden, er habe die grausame Bestrafung aber überlebt.

Irakische Armee setzt Offensive fort

Die irakischen Streitkräfte setzten am Sonntag ihre am Vortag gestartete Großoffensive gegen das zentralirakische Tikrit - die Heimatstadt Saddam Husseins - mit zahlreichen Luftangriffen fort. Nach Angaben von Augenzeugen wurden mehrere Bezirke sowie ein früherer Palast des Ex-Machthabers angegriffen. Laut einem Sprecher rückten Regierungstruppen aus mehreren Richtungen auf Tikrit sowie auf die überwiegend von Schiiten bewohnte Ortschaft Bashir südlich von Kirkuk vor.

Russland liefert Kampfjets in den Irak

Für ihren Kampf gegen die ISIS-Jihadisten hat die irakische Luftwaffe am Wochenende Militärjets aus Russland erhalten. Ein erster Teil von erst vor wenigen Tagen erworbenen Kampfjets des Typs Suchoi sei eingetroffen, verlautete am Sonntag aus Regierungskreisen in Bagdad. Die Offensive zur Rückeroberung der Stadt Tikrit wurde mit heftigen Luftangriffen fortgesetzt.

Ministerpräsident Nuri al-Maliki hatte erst am Donnerstag bekannt gegeben, aus Russland mehr als ein Dutzend Suchoi-Flieger für schätzungsweise bis zu 500 Millionen Dollar (367,11 Millionen Euro) zu kaufen. Die Flugzeuge sind besonders für Angriffe auf Ziele am Boden ausgelegt. Es ist aber unklar, ob die irakische Luftwaffe überhaupt ausgebildete Piloten hat. Ein irakischer Regierungsmitarbeiter sagte am Sonntag, erfahrene Luftwaffenpiloten aus der Zeit Saddam Husseins sollten die russischen Maschinen fliegen.

Auch USA liefern Kriegsgerät

Das irakische Militär wartet noch auf eine zugesagte Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen und Apache-Kampfhubschraubern aus den USA. Bagdad bittet die USA zudem seit Wochen darum, sie im Kampf gegen die Extremisten mit Luftangriffen zu unterstützen. Washington in den Irak.

Am Samstag sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Riabkow bei einem Besuch in Syrien, Russland werde dem Vormarsch der Islamisten im Irak "nicht tatenlos zusehen". Konkrete Schritte kündigte er aber nicht an.

 
Zwischen dem siebenten und dem 16. Jahrhundert erlebte das Kalifat seine Blütezeit. Mit dem Zerfall des Osmanischen Reiches 1924 endete das letzte Kalifat. Die ISIS hatte am 9. Juni eine Offensive gegen die Regierung in Bagdad begonnen. Die radikale Sunnitengruppe brachte seitdem große Teile des Nordirak unter ihre Kontrolle. Die ISIS kämpft auch im benachbarten Syrien gegen die dortige Regierung. Ihr Ziel war stets die Gründung eines grenzübergreifenden islamischen Staates in der Region.