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Isländer stimmten gegen die EU

Heute Redaktion
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Bild: AP

Island steht nach der Parlamentswahl vor einem Machtwechsel. Nach Auszählung aller Stimmen lag das rechte Lager deutlich vor den linken Regierungsparteien. Stärkste Kraft wurde mit leichten Zugewinnen von drei Prozent die Unabhängigkeitspartei mit 26,7 Prozent. Damit hat ihr Chef Bjarni Benediktsson die besten Aussichten, Ministerpräsident zu werden. Dieser will einen Anti-EU-Kurs einlegen.

Amtsinhaberin Johanna Sigurdardottir, die das Land nach der Finanzkrise und dem Bankenkollaps vor rund fünf Jahren wieder stabilisierte, erlitt dagegen eine herbe Niederlage. Vor allem Einsparungen im Gesundheitswesen und dem Streben nach einem EU-Beitritt erteilten die Wähler eine Absage. Die Sozialdemokraten verloren mehr als die Hälfte ihrer Wähler kamen auf lediglich 12,9 Prozent und neun Sitze im Parlament. Ihr Koalitionspartner, die Linksgrüne Bewegung, halbierte ebenfalls ihren Stimmanteil und kommt nur noch auf 10,9 Prozent.

Von den Verlusten der etablierten Parteien konnten auch zwei neue Gruppierungen profitieren. Die sozialliberale Bewegung Leuchtende Zukunft, die nach dem Vorbild der Besten Partei des Komikers und Reykjaviker Bürgermeisters Jon Gnarr gegründet wurde, erreichte auf Anhieb 8,2 Prozent und sechs Mandate. Die Piratenpartei schaffte mit 5,1 Prozent und drei Mandaten knapp den Parlamentseinzug.

Mögliche Koalition: Unabhängigkeit trifft Fortschritt

Die Unabhängigkeitspartei von Benediktsson dürfte wohl mit der Fortschrittspartei eine Koalition bilden. Den vorläufigen Zahlen zufolge kommen beide zusammen auf 51 Prozent und damit auf 38 der 63 Abgeordnetensitze. Beide waren bis zur isländischen Finanzkrise 2008 nahezu 30 Jahre lang in der Regierung gewesen, häufig in gemeinsamen Koalitionen. Die Fortschrittspartei kommt auf 24,4 Prozent, mit einem plus von neun Prozent kann sie als die größte Gewinnerin der Wahl gelten. Sie erhielt mit 19 Mandaten gleich viele wie die Unabhängigkeitspartei.

Wahlsieger Benediktsson verspricht nun einen Kurswechsel. "Wir bieten einen anderen Weg, einen Weg der zu Wachstum, zu sozialer Sicherheit, mehr Sozialleistungen und mehr Arbeitsplätzen führt" sagte der 43-jährige Ex-Fußballprofi der Nachrichtenagentur Reuters. Seine Partei wolle die Steuern senken und den Lebensstandard erhöhen. Zudem kündigte er harte Verhandlungen mit den ausländischen Gläubigern der zusammengebrochenen Banken an. Diese müssten sich auf erhebliche Abschreibungen einstellen.

Anti-EU-Kurs

Erwartet wird auch eine Abkehr der Isländer von der EU-Integration. Die Unabhängigkeitspartei tritt für einen Abbruch der laufenden Beitrittsverhandlungen mit Brüssel ein; die Fortschrittspartei zieht ein Referendum über die Frage in Betracht, wie Parteichef Sigmundur David Gunnlaugsson vor der Wahl sagte. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Island in nächster Zeit beitritt", erklärte er Mitte April.