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Israel: "Keine Waffenruhe ohne Tunnelzerstörung"

Heute Redaktion
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Bild: Khalil Hamra (AP)

Ungeachtet der immer schärferen Kritik der Vereinten Nationen an seinem Vorgehen will Israel im Gazastreifen "die Arbeit zu Ende bringen". Regierungschef Benjamin Netanyahu kündigte am Donnerstag an, die Armee werde "mit oder ohne Waffenruhe" die Tunnel der palästinensischen Hamas-Bewegung vollständig zerstören.

" die Tunnel der palästinensischen Hamas-Bewegung vollständig zerstören.

UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay warf Israel angesichts der unzähligen zivilen Opfer unter den Palästinensern die "vorsätzliche Missachtung" völkerrechtlicher Verpflichtungen vor. UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos hat eine tägliche Feuerpause gefordert. "Wir brauchen jeden Tag eine Waffenruhe, die verlässlich ist. Dann können unsere Helfer die Menschen versorgen, Verwundeten kann geholfen und Tote können beerdigt werden."

Die israelischen Streitkräfte verkündeten, sie würden weitere 16.000 Reservisten mobilisieren. Damit stieg die Zahl der Reservisten, die seit Beginn der Gaza-Offensive am 8. Juli eingezogen wurden auf 86.000. Laut einer Armeesprecherin sollen mit den neuen Kräften die bisher eingesetzten Bodentruppen entlastet werden. Zugleich sicherten die USA ihrem engen Verbündeten zu, seine Munitionsvorräte trotz der Kritik an den zivilen Opfern aufzustocken.

"Arbeit zu Ende bringen"  

Netanyahu sagte, die Regierung wolle den Einsatz zur Zerstörung der Hamas-Tunnel abschließen. "Wir werden daher keinen Vorschlag (für eine Waffenruhe) akzeptieren, der der israelischen Armee nicht erlaubt, diese Arbeit zu Ende zu bringen". Der für den Gazastreifen zuständige General Sami Turgeman sagte, dies sei noch "eine Frage von Tagen".

Israels Verteidigungsminister Moshe Yaalon warf der Hamas vor, die große Zahl ihrer getöteten Kämpfer zu verbergen. "Die Hamas zahlt einen sehr hohen Preis", sagte Yaalon. Militante Palästinenser feuerten auch am Donnerstag wieder Raketen auf israelische Städte. Israel begründet die längste Offensive seit dem Libanon-Krieg 2006 mit dem anhaltenden Raketenbeschuss. Nach Angaben der Armee sind seit Beginn der Offensive rund 2700 Raketen auf Israel abgeschossen worden.

Angriffe fordern immer mehr Tote  

Der Mittwoch war mit fast 120 Toten auf palästinensischer Seite einer der opferreichsten Tage seit Beginn der israelischen Offensive. Allein 16 Menschen wurden nach UN-Angaben am Morgen beim Beschuss einer UN-Schule in Jabalya getötet. 17 weitere starben am Nachmittag laut palästinensischen Rettungskräften bei einem Angriff auf einen belebten Markt in Shajaia inmitten einer von Israel ausgerufenen "humanitären Feuerpause".

Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay warf Israel die "vorsätzliche Missachtung" des internationalen Rechts vor. Es gebe ein "Muster", nach dem "Wohnhäuser, Schulen, Kliniken und UN-Einrichtungen" im Gazastreifen angegriffen würden, kritisierte Pillay. "Nichts von alledem scheint mir zufällig." Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, "Straflosigkeit" könne nicht akzeptiert werden.

Krankheiten werden befürchtet

Am Mittwoch hatte bereits UN-Generalsekretär Ban Ki-moon den Angriff auf die UN-Schule in Jabalya als "unverzeihlich" bezeichnet und gefordert, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Während Israel einen Beschuss durch die Hamas für möglich hielt, machte das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) eindeutig Israel verantwortlich. Am Donnerstag wurden in Jabalya erneut 15 Menschen in einer UN-Schule verletzt, als eine benachbarte Moschee beschossen wurde.

UNRWA-Chef Pierre Krähenbühl warnte derweil angesichts der Vielzahl an Flüchtlingen vor dem Auftreten von Krankheiten. Seinen Angaben zufolge haben 220.000 Menschen in 85 UN-Einrichtungen Schutz gesucht. Nach dem Beschuss des einzigen Kraftwerks ist der Gazastreifens ohne Strom. Auch das Trink- und Abwassersystem ist beschädigt. Viele Familien schaffen es angesichts der unablässigen Kämpfe zudem kaum, sich mit Lebensmitteln zu versorgen.

Hunderte Tote seit Beginn der Angriffe  

Nach Angaben des Sprechers des palästinensischen Gesundheitsministeriums, Ashraf al-Kidra, wurden in Gaza seit dem 8. Juli mehr als 1360 Menschen getötet, darunter 315 Kinder, 166 Frauen und 58 ältere Menschen. Auf der israelischen Seite sind bisher 56 Soldaten und drei Zivilisten ums Leben gekommen. Mehr als 100 Soldaten werden noch in Krankenhäusern behandelt.

Angesichts der steigenden Totenzahlen und der verheerenden Zerstörungen im Gazastreifen hatte Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) das Gebiet am Mittwoch zum "humanitären Katastrophengebiet" erklärt. Er forderte die Vereinten Nationen auf, alles zu unternehmen, um den Menschen in der Küsten-Enklave am Mittelmeer zu helfen.