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Israels Armee ermittelt wegen Gaza-Angriffen

Heute Redaktion
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Bild: Hatem Ali (AP)

Israels Armee hat strafrechtliche Ermittlungen zu mehreren Vorfällen während des Gaza-Konflikts eingeleitet. Derzeit würden fünf Vorfälle untersucht, zu dutzenden weiteren könnten noch Ermittlungen eingeleitet werden, sagte ein Armeevertreter am Mittwoch in Tel Aviv. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf Israel am Donnerstag mögliche Kriegsverbrechen vor. Indes schließt die Hamas direkte gespräche mit Israel nicht aus.

vor. Indes schließt die Hamas direkte gespräche mit Israel nicht aus.

Laut Armee zählt zu den untersuchten Vorfällen auch ein von HRW genannter Angriff auf am 16. Juli untersucht, bei dem vier Kinder getötet wurden. Beide Attacken waren von der UNO und den USA verurteilt worden. Die Zeitung "Haaretz" hatte bereits am Mittwoch berichtet, der israelische Generalmilitärstaatsanwalt Danny Efroni lasse wegen mehrerer Einsätze der Armee im Gazastreifen ermitteln.

Die Armee wolle "alle glaubwürdigen Vorwürfe zu Fehlverhalten" untersuchen, sagte der ranghohe Militärsprecher im Verteidigungsministerium, der anonym bleiben wollte. Die drei übrigen Untersuchungen behandeln demnach den Tod einer Palästinenserin vor ihrem Haus, während sie mit der israelischen Armee über ihre Evakuierung sprach, Misshandlungen eines Gefangenen und der von einem israelischen Soldaten verübte Diebstahl in einem Palästinenserhaus.

Mehrfache Kriegsverbrechen  

In mehreren anderen Fällen wurden Ermittlungen bereits abgelehnt, darunter zum Tod von acht Mitgliedern einer Familie, die Opfer auf ihr Haus geworden waren. HRW erhob am Donnerstag schwere Vorwürfe gegen die israelische Armee: Während des jüngsten Gaza-Konflikts zwischen dem 8. Juli und 16. August hätten die Streitkräfte möglicherweise mehrfach Kriegsverbrechen begangen.

Die Organisation listete drei Vorfälle während des siebenwöchigen Konflikts auf, die sie selbst untersucht hat: die Bombardierungen von zwei Schulen der Vereinten Nationen im Norden des Palästinensergebiets zwischen dem 24. und 30. Juli, darunter die in Bei Hanun. In den Einrichtungen hatten Flüchtlinge Schutz gesucht. Außerdem der Beschuss einer Schule im südlichen Rafah durch eine ferngelenkte Rakete am 3. August. Insgesamt wurden bei den Angriffen 45 Menschen getötet, darunter 17 Kinder.

"Unverhältnismäßig, wenn nicht illegal"  

"Die ersten beiden Angriffe (...) betrafen keine militärischen Ziele und waren zumindest unverhältnismäßig, wenn nicht illegal", schreibt HRW. Die Attacke in Rafah sei auf jeden Fall "unbedacht", wenn nicht ebenfalls "unverhältnismäßig" gewesen. Gezielt ausgeführte illegale Angriffe seien "Kriegsverbrechen", folgert HRW. Israel habe eine lange "negative" Bilanz bei "glaubwürdigen Untersuchungen" zu Kriegsverbrechen, betonte HRW.

Im Gazastreifen hält seit zwei Wochen eine Waffenruhe zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas. Bei dem 50-tägigen israelischen Militäreinsatz waren laut örtlichen Rettungskräften mehr als 2140 Palästinenser getötet worden, ein Großteil davon Zivilisten. Auf israelischer Seite starben 67 Soldaten und sechs Zivilisten.

Hamas: Direkte Verhandlungen mit Israel kein Tabu

Die radikal-islamische Hamas lehnt nach den Worten eines Führungsmitglieds direkte Verhandlungen mit Israel nicht mehr kategorisch ab. Mussa Abu Marzuk, Mitglied des Hamas-Politbüros, sagte nach palästinensischen Medienberichten vom Donnerstag, Gespräche mit dem Feind seien unter bestimmten Umständen "kein Tabu".

Der Hamas-Funktionär gab den Angaben zufolge zu, dass es Druck aus der Bevölkerung in Gaza gebe, solchen Verhandlungen zuzustimmen. Bisher hatte die Hamas, die zur Zerstörung Israels aufruft, offiziell nur indirekten Gesprächen mit Vertretern Israels zugestimmt. Die von Ägypten ausgehandelte Vereinbarung einer Waffenruhe im Gaza-Krieg sieht eine Fortsetzung der Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern vor. Die indirekten Verhandlungen über eine dauerhafte Regelung des Gaza-Konflikts, an der alle palästinensischen Fraktionen beteiligt sind, sollten bis Ende des Monats beginnen.

Gewaltverzicht gefordert  

Israel ist erst dann zu direkten Verhandlungen mit der Hamas bereit, wenn die Organisation den Forderungen des Nahost-Quartetts (USA, Russland, EU und UN) nach einem Gewaltverzicht und einer Anerkennung Israels sowie der bestehenden Friedensverträge nachkommt. Die Palästinenserbehörde ist allerdings gegen getrennte Gespräche einzelner Fraktionen mit Israel.

Gegen einen israelischen Polizisten ist Anklage erhoben worden, weil er bei einer Kundgebung in Ostjerusalem auf einen 15-jährigen Palästinenser mit US-Pass eingeprügelt haben soll. Dem Beamten wird vorgeworfen, Tarek Abu Khdeir am 3. Juli bei einer Demonstration im Viertel Shuafat verletzt zu haben, wie aus Unterlagen des Justizministeriums hervorgeht, die der Agentur AFP am Donnerstag vorlagen.

Bei der Tat gefilmt  

Demnach gehört der Polizist dem Grenzschutz an und wurde bei der Tat gefilmt. Auf einem im Internet zirkulierenden Video ist zu sehen, wie mehrere vermummte Männer, bei denen es sich um Polizisten handeln soll, auf einen jungen Mann in Handschellen einschlagen. Dieser wirkt nahezu bewusstlos. Das US-Außenministerium hatte Israel in dem Fall zu einer "schnellen, transparenten und glaubwürdigen Untersuchung" gedrängt. Die israelische Außenministerin Zipi Livni nannte den Vorfall "schlimm".

Die Kundgebung im Juli fand nach dem Tod des 16-jährigen Palästinensers Mohammed Abu Chdeir statt, dessen verbrannte Leiche einen Tag zuvor im Westteil Jerusalems entdeckt worden war. Sein Tod gilt als Racheakt für die vorangegangene Entführung und Ermordung von drei jüdischen Religionsschülern. Wegen der Ermordung des 16-Jährigen, eines Cousins von Tarek Abu Khdeir, wurden drei Israelis festgenommen und angeklagt.