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Italien gibt Deutschland die Schuld an Flüchtlingskrise

In Lampedusa überquellen die Flüchtlingslager. Obwohl dies eine direkte Folge der Meloni-Politik ist, macht Italien Deutschland verantwortlich.

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Aufgrund der steigenden Zahl an ankommenden Migranten hat die italienische Insel Lampedusa den Notstand ausgerufen.
Aufgrund der steigenden Zahl an ankommenden Migranten hat die italienische Insel Lampedusa den Notstand ausgerufen.
IMAGO/Avalon.red

Sie kommen in kleinen, kaum seetüchtigen Holzbooten, oft aus der nur 100 Seemeilen entfernten tunesischen  Hafenstadt Sfax: Innert nur drei Tagen am zweiten Septemberwochenende gelangten so 10.000 Flüchtlinge auf die kleine Insel Lampedusa, deren Auffanglager aus allen Nähten platzen. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2014 waren es gerade mal 4000 Migranten, die auf der kleinen Insel ankamen – landesweit waren es 170.000.

Dieser Ansturm hat seine Gründe: Weil die Flotte der italienischen Rettungsschiffe auf Geheiß der Regierung meist im Hafen bleiben muss, werden die Boote der Migranten nicht mehr auf dem Meer abgefangen, sondern gelangen nach Lampedusa. Und die drei von NGOs mit Geldern aus Deutschland entsandten Schiffe können auch kaum eingreifen, weil die rechtsgerichtete Regierung von Giorgia Meloni den Kapitänen genau vorschreibt, in welche Häfen sie aufgenommene Flüchtlinge bringen sollen: Da diese stets Hunderte Kilometer entfernt im Norden Italiens liegen, sind die Schiffe so lange hin und her unterwegs, dass sie jeweils für etliche Tage von Missionen abgeschnitten sind.

Kein Flüchtling kam per Rettungsschiff

Dennoch suchen italienische Politiker die Schuld für die Misere woanders – nämlich in Berlin, berichtet die Newsplattform N-Tv.de. So bezeichnet Transportminister Matteo Salvini Deutschland als verantwortlich dafür, dass nun wieder massenhaft Migranten in Lampedusa anlanden – schließlich bezahle das Land die Rettungsschiffe, welche die "Illegalen" an Land bringe. Tatsächlich ist aber keiner der genannten 10.000 Migranten mit einem der "deutschen" Rettungsschiffe angekommen.

Da die aktuelle chaotische Lage der Regierung Meloni schadet, wird munter weiter Richtung Norden gegiftelt. Auch die Aussage der deutschen Bundesinnenministerin Nancy Faeser, vorerst keine Migranten aus Italien mehr aufzunehmen – was sie inzwischen relativierte –, heizte die Stimmung an. Die deutsche Bundesregierung hatte das freiwillige Aufnahmeprogramm im August ausgesetzt – allerdings auch aus Protest dagegen, dass Italien sich derzeit gegen die Rücknahme von Geflohenen nach den sogenannten Dublin-Regeln sperre. Diese besagen, dass Italien Personen, die in Italien schon einen Erstantrag gestellt haben und in Deutschland aufgegriffen werden, wieder zurücknimmt. Das Land hätte demnach rund 4000 Asylbewerber zurücknehmen müssen, weigert sich aber.

Viermal so viele Asylanträge in Deutschland

Wie N-tv.de weiter berichtet, haben zudem bisher 240.000 Geflüchtete Asylantrag in Deutschland gestellt, während es in Italien "nur" 60.000 waren. Mittlerweile würden auch neu angekommene Migranten nicht mehr mit Fotos und Fingerabdrücken registriert, sondern erhielten bloß bunte Armbändchen. Damit sind sie im europäischen Asylwesen nicht erfasst und können also in jedem EU-Land den Erstantrag stellen. Ein Zurückschicken nach Italien ist damit vom Tisch. Zudem will Meloni morgen Montag eine Änderung einführen, gemäß der ankommende Illegale neu 18 statt zwölf Monate in Lager gesteckt werden, bevor man sie zurückschickt. Doch wie das gehen soll, ist unklar, da nicht einmal befreundete Länder wie Tunesien ihre eigenen Bürger zurücknehmen will.

Sicher ist: Solange Europa in der Flüchtlingsfrage nicht zusammensteht, ist keine Lösung in Sicht. "Die irreguläre Immigration ist eine Herausforderung, die eine europäische Antwort benötigt", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Meloni am Sonntag. Da scheinen gegenseitige Vorwürfe eben nicht hilfreich.

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    APA/Picturedesk