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Jack Garratt musste das Tanzen neu lernen

Bei seinem Debut vor 4 Jahren räumte der Brite alle wichtigen Newcomer-Awards ab. "Love, Death & Dancing" reagiert auf den Zusammenbruch danach.

20 Minuten
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Jack Garratt  am Montreux Jazz Festival 2015
Jack Garratt am Montreux Jazz Festival 2015
Reuters / Pierre Albouy

Es sei ein Album für Leute, die gern tanzen, aber nicht gern ausgehen. Er selbst habe nach dem Release seines Debüts "Phase" vor vier Jahren beides verlernt, so der Brite im Pressetext. Gegenüber BBC erklärte der 28-Jährige: "Ich fühlte mich nicht mehr wohl in meinem Körper."

Garratt hat 2016 im selben Jahr den "BBC Sound of" und einen Brit Award abgeräumt – vor ihm haben das erst Adele, Ellie Goulding und Sam Smith geschafft. Der Hype machte den Newcomer allerdings nicht selbstbewusster, ganz im Gegenteil: Die Aufmerksamkeit schürte Erwartungen, die den Musiker heillos überforderten. Auf seinem zweiten Album, das am Freitag erschienen ist, legt er Zeugnis ab.

"I’m terrified of being myself", singt Garratt auf dem Track "Anyone". "How can I accept your love / When I don’t even trust myself / To love myself enough". Auf Textebene dreht sich alles um die Konfrontation mit den eigenen Dämonen, fragilem Selbstwert und Depression samt Suizidgedanken, soundtechnisch franst er analog zum Debüt in alle denk- bis undenkbaren Genreecken aus – aber mutiger.

Der Eröffnungssong "Return Them to the One" beginnt mit einem Klackern und endet mit vertrackt blubbernden Dance-Waben, "Mend a Heart" zieht uns in dunklere Clubecken. "Anyone" zwitschert und groovt, während "Mara" mit Motorik und Psychedelik spielt. Der Musiker mesht Prog-Rock-Gitarren mit Stadionrock und 80s-Beats ("Time"), liefert eine nackte Piano-Ballade ("She Will Lay My Body on the Stone") und immer wieder Bon-Iver-Momente. Doch egal, wohin er wandert, Garratt stülpt jedem noch so exaltierten Experiment ein Popkleid über.

Man will sagen: All das Zweifeln, so anstrengend es für ihn selbst gewesen sein muss, es hat sich gelohnt. "Love, Death & Dancing" ist ein Pop-Album, das den Pop herausfordert; Jack Garratt klingt wieder, als könnte er sich selbst gefallen.

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