Österreich

Jede dritte Wiener AHS verzichtet auf Schulglocke

Heute Redaktion
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Das schrille Läuten der Schulglocke ist für viele eng mit den Erinnerungen an die Schulzeit verbunden. Viele Wiener Schüler kennen das Pausenklingeln aber nicht mehr aus eigener Erfahrung. In der Bundeshauptstadt verzichtet laut Stadtschulrat schon ein Drittel der AHS und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) auf die Schulglocke.

An der AHS in der Maroltingergasse in Wien-Ottaktring wurde die Glocke im Dezember defekt, seither wird darauf verzichtet. Die Folge laut Direktor Meinhard Trummer: Es gehe in den Pausen insgesamt "einfach weniger aufgeregt zu", sagte er Radio Wien. Im Gymnasium in der Gottschalkgasse wurde die Glocke hingegen laut Bericht nach einer Testphase wieder in Betrieb genommen.

Der pädagogische Nutzen der Maßnahme, über die Schulen autonom entscheiden, ist jedoch umstritten. Die Wiener Schulpsychologin Mathilde Zeman sieht einerseits die Chance, dass soziale Regeln stärker zum Zug kommen könnten, indem der Lehrer und nicht das Glockenschrillen die Stunde beendet. Bei fehlender Disziplin könnten jedoch Schulstunden leicht überzogen werden und sich dann Pausen und Stunden zusammenstauen.
Burgenland: "Militär-Rhythmus abschaffen"

Kein Thema ist eine mögliche Abschaffung der Glocke im Burgenland, wo Landesschulratspräsident Gerhard Resch (SPÖ) ebenfalls den pädagogischen Nutzen infrage stellt. "Das Thema ist nicht, ob die Glocke läutet oder nicht", betont er. Er wünscht sich stattdessen eine Diskussion über die Abschaffung der aus seiner Sicht nicht mehr zeitgemäßen 50-Minuten-Einheiten, die, wie Resch betont, immerhin aus der Zeit Maria Theresias stammen und sich am Rhythmus des Militärs (eine Stunde abzüglich je fünf Minuten Rauch-und "Pinkelpause") orientieren.

Niederösterreich stellt Nutzen in Frage

Für Niederösterreich gibt es mangels Meldepflicht keine Schätzungen, ob und wie viele Schulen auf die Glocke verzichten. In der schulpsychologischen Abteilung wird allerdings der pädagogische Nutzen dieser Maßnahme ebenfalls infrage gestellt. In Vorarlberg gibt es laut Landesschulrat einige Volksschulen, an denen "nicht mehr strikt in 50-Minuten-Einheiten gedacht wird" und wo die Glocke nicht nach jeder Stunde, sondern etwa nur zu Beginn und am Ende des Schultags läutet. Dazu kämen einige wenige höhere Schulen, die auf das Läuten verzichten.

Viele steirische Volksschulen ohne Glocke

In den übrigen Bundesländern ist die Situation - auch je nach Schultyp - unterschiedlich. Vor allem aus dem Volksschulbereich wird über den Verzicht auf die Glocke berichtet: So ist es in der Steiermark schon jetzt an vielen, meist reformpädagogischen Schulen üblich, Stunden zu blocken oder die Pausen individuell zu gestalten. Auch immer mehr Neuen Mittelschulen (NMS) kommen ohne Schulglocke aus, an weiterführenden Schulen ist das wiederum kaum Thema.

Nur eine Kärntner Schule ohne Klingeln

In Kärnten gibt es mit der Waldorfschule in Klagenfurt zwar nur einen Standort, an dem es nicht zur Pause und zur Stunde läutet. Landesschulratspräsident Rudolf Altersberger (SPÖ) berichtet allerdings, dass einige weitere Schulen die Glocke verstummen lassen wollten. Sie seien allerdings daran gescheitert, dass sie sich mit anderen Schulen ein Gebäude teilen, diese aber nicht mitziehen wollten. Er selbst würde das Abschaffen des Läutens unterstützen. "Es entspricht nicht mehr offenen Lernformen und dem Appell an mehr Eigenverantwortung, da wird es als Einengung gesehen."

Oberösterreich: Läuten als Orientierung

In Oberösterreich gibt es zwar ebenfalls Schulen ohne Glocke, berichtet Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer (ÖVP). Die Begründungen seien allerdings unterschiedlich. So mache das Läuten etwa an einer dreiklassigen Volksschule einfach nicht viel Sinn. Organisatorisch werde der Verzicht auf die Glocke umso komplizierter, je größer der Standort ist. Für ihn ist das Läuten ein Zeichen zur Orientierung, das es auch im Theater gebe. Mit einer Flexibilisierung der Stundentafel habe es per se hingegen nichts zu tun.