Österreich

Jeder 3. Wiener greift beim Fahren zum Handy

Heute Redaktion
Teilen
Rund einer Drittel der Wiener Autofahrer greift während der Fahrt zum Handy. (Symbolbild).
Rund einer Drittel der Wiener Autofahrer greift während der Fahrt zum Handy. (Symbolbild).
Bild: picturedesk.com

Telefonieren am Steuer, Navi bedienen oder SMSen. Laut einer aktuellen Studie greift etwa ein Drittel der Lenker während der Fahrt zum Handy. Und das trotz der hohen Unfallgefahr.

Im Auftrag der Asfinag führte das Markt- und Meinungsforschungsinstitut IFES eine Umfrage zum Thema Handygebrauch im Straßenverkehr durch. Dabei sagen 60 Prozent der Befragten, dass das Schreiben oder Lesen von Nachrichten stark ablenkt. Gleichzeitig gibt aber etwa ein Drittel zu, das sie dennoch während der Fahrt zum Handy greifen. Bei Stop-and-Go-Verkehr macht es jede und jeder Vierte oft.

Fotos und Videos auf dem Vormarsch

Deutlich gestiegen ist der Anteil jener, die während der Fahrt auch Fotos oder Videos mit dem eigenen Smartphone machen. 24 Prozent sagen, dass sie schon Motive während der Fahrt aufgenommen haben. Die beliebtesten Motive sind "besondere Wetterverhältnisse" und "Naturereignisse".

50 Prozent der Befragten in Wien mussten daher in den vergangenen zwölf Monaten plötzlich in einer gefährlichen Situation voll abbremsen, weil sie oder er abgelenkt war. 20 Prozent mussten das Lenkrad verreißen oder rasch die Spur wechseln. 26 Prozent gaben an, jemandem durch Ablenkung zu dicht aufgefahren zu sein.

Ablenkung Nummer 1 der Unfallsursachen

Ablenkung ist noch vor Übermüdung, zu hohem Tempo und zu wenig Abstand unangefochtener Risikofaktor und Unfallursache Nummer Eins auf Autobahnen. Nach der vorläufigen Unfallbilanz für 2017 kamen im Vorjahr 56 Personen auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen ums Leben – durch Unachtsamkeit oder Ablenkung passierten 17 tödliche Unfälle, bei denen insgesamt 19 Menschen ums Leben kamen, also ein Drittel aller Todesopfer. Alleine in Wien sind 50 Prozent aller Unfälle auf Unachtsamkeit und Ablenkung zurückzuführen.

Verkehrspsychologin: "Gefährlicher Mix"

Verkehrspsychologin Dr. Bettina Schützhofer sieht hier einen gefährlichen Mix aus "positiver Einstellung zum Handy am Steuer, subjektiver Wahrnehmung der Anderen und falscher Selbsteinschätzung".

Obwohl den Autofahrern die Gefahr durch die Ablenkung bewusst ist, werde dies durch die gedankliche Kombination aus "Multitasking ist gut und spart Zeit", "fast alle nutzen das Smartphone am Steuer" und "außerdem fahre ich besser als die meisten anderen", abgeschwächt. "Erschwerend kommt hinzu, dass Handygebrauch – obwohl seit fast 20 Jahren verboten – sowie andere Nebentätigkeiten am Steuer für viele bereits zur alltäglichen Gewohnheit geworden sind", so die Expertin.

Die Zahlen aus Wien im Detail

Wie die Studie zeigt, telefonieren 27 Prozent gelegentlichwährend der Fahrt ohne Freisprecheinrichtung, acht Prozent machen das oft. Und das, obwohl es von den Fahrern selbst als stark ablenkend empfunden wird.

Zehn Prozent lesen "gelegentlich bis oft" während der Fahrt ihre SMS, E-Mail oder andere Messages lesen während der Fahrt. Acht Prozent gaben an, auch selbst Nachrichten hinter dem Steuer zu schreiben. Ein Viertel der Wiener Autofahrer bedient das Navi während der Autofahrt. Fünf Prozent schminken, rasieren oder frisieren sich.

Handy-Gebrauch steigt in Stop-and-Go

Alarmierend ist für die Asfinag, dass gerade im Stop-and-Go-Verkehr, der besondere Konzentration erfordert, immerhin 23 Prozent der Befragten angab, "oft" zum Handy zu greifen; vier Prozent sagten, das "eigentlich immer" zu tun.

Interessant dabei die Tätigkeit mit dem Handy im Stop-and-Go-Verkehr: Rund die Hälfte sagte, dann "jemandem eine Nachricht zu schreiben, dass es später wird".

Deutlich längere Reaktionszeit

Im Durchschnitt hätten aufmerksame Lenker eine Reaktionszeit von einer Sekunde oder weniger. Durch das Hantieren mit dem Smartphone steige die Reaktionszeit oft auf mehrere Sekunden – im Notfall könnte das zu spät sein, um auf eine Gefahr reagieren zu können.

Bei 130 km/h auf der Autobahn fährt ein Auto pro Sekunde etwa 36 Meter – nur drei Sekunden unaufmerksames Fahren genügen, um mehr als die Länge eines Fußballfeldes "blind" zu fahren.

Bremst ein Auto auf der Autobahn plötzlich ab, so können schon zwei Sekunden Unachtsamkeit genügen, um in den Vordermann ungebremst hinein zu krachen. Wer abgelenkt ist, hält zudem die Spur sehr schlecht, verwendet keinen Blinker und ist oft langsam oder zu schnell unterwegs.

Tipps gegen Ablenkung:

Die Asfinag-Vorstände Karin Zipperer und Klaus Schierhackl appellieren an die Autofahrer um mehr Vorsicht: "Wenn sich Lenkerinnen und Lenker an die wichtigsten Regeln halten, schaffen wir bei der Verkehrssicherheit einen großen Sprung nach vorne. Es geht ganz einfach: Handy weglegen und die Augen auf die Straße."

- Erledigen Sie alles, was nicht zum "reinen Fahren" gehört, vorher oder nachher. Egal ob Trinken, Essen, Rauchen, Einstellen des Navis, ein Telefonat oder der letzte Check der Mails. Oder machen Sie eine Pause.

- Elektronische Geräte nach Möglichkeit nicht bedienen: Egal ob Nutzung des Handys oder Einlegen einer CD – die Beschäftigung mit elektronischen Geräten dauert zu lange.

- Gegenstände griffbereit hinlegen: Etwa die Sonnenbrille auf einen bestimmten Platz legen, um "blind" darauf zugreifen zu können. Alles andere wie Zeitschriften, Unterlagen oder Trinkflaschen gehören sicher verstaut (etwa im Kofferraum oder dem Handschuhfach), damit es bei einem Bremsmanöver nicht rutschen kann. (lok)