Politik

Jetzt amtlich: So korrupt ist Österreich

Die scharfe Kritik des Europarats könnte wieder Schwung in die festgefahrene Reform des Korruptions- und Parteienrechts bringen.

Heute Redaktion
Teilen

Die scharfe Kritik des Europarats könnte wieder Schwung in die festgefahrene Reform des Korruptions- und Parteienrechts bringen.

Die Kritik der Expertengruppe ist erwartungsgemäß deutlich ausgefallen - und zwar sowohl in Sachen Parteienfinanzierung als auch Korruptionsbekämpfung. Die Experten fordern in ihrem am Freitag veröffentlichten Bericht härtere Strafbestimmungen, insbesondere für Abgeordnete und Regierungsmitglieder. Außerdem verlangen sie eine Verschärfung des Parteiengesetzes. In beiden Bereichen hinkt Österreich den internationalen Vorgaben weit hinterher. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hofft auf Ergebnisse noch im ersten Halbjahr. Die Opposition wirft SPÖ und ÖVP vor, Neuregelungen zu blockieren.

Die Kernpunkte:


Transparenz. Während sich Österreich eine staatliche Parteienfinanzierung auf Rekordniveau leistet, hinken Transparenz und Kontrolle internationalen Standards weit hinterher. Konkret fordern die Experten die Veröffentlichung von Parteispenden unter Angabe der Spender sowie schärfere Berichtspflichten. So sollen die Bilanzen der Parteien nicht nur genauere Auskunft über die Finanzen der Bundesparteien geben, sondern auch Landesparteien und Vorfeldorganisationen umfassen. Zudem fehlen in Österreich eine unabhängige Kontrollinstanz für Parteien (Rechnungshof-Prüfungen gibt es nicht) und Strafen bei Verstößen.


Strafrecht. Beim Korruptionsstrafrecht kritisieren die Experten weitgehende Ausnahmen für Politiker. So ist bei Abgeordneten in Nationalrat und Landtagen de facto nur der Stimmenkauf strafbar (nicht aber etwa das Einbringen eines Gesetzesentwurfes gegen Bezahlung). Außerdem ist die Vorteilsannahme durch Mitglieder der Bundes- und Landesregierungen sowie durch Bürgermeister de facto straffrei. Grund: Strafbar wäre die Vorteilsannahme nur, wenn sie (wie etwa bei Beamten üblich) dem Dienstrecht widerspricht - für Politiker existiert jedoch kein Dienstrecht. Lücken sehen die Experten außerdem bei der Verfolgung von Korruption in der Privatwirtschaft sowie im Ausland (siehe Hintergrund APA168 und APA185).

"Ohrfeige für den Gesetzgeber"

Der auf Parteienfinanzierung und Korruption spezialisierte Politikwissenschafter Hubert Sickinger sieht den GRECO-Bericht als "Ohrfeige für den Gesetzgeber", zumal der die "Straflücke" bei der Vorteilsannahme durch Regierungsmitglieder erst 2009 eingeführt habe. Das Korruptionsstrafrecht gehöre nun verschärft, die Parteienfinanzierung "völlig neu geregelt". Angesichts der im Parlament festgefahrenen Gespräche fordert Sickinger die Regierung auf, nun selbst das Heft in die Hand zu nehmen: "Es ist illusorisch zu glauben, dass die Abgeordneten in der Lage sind, ein zufriedenstellendes Parteiengesetz zu schreiben."

Nach einer Initiative der Regierung sieht es derzeit allerdings nicht aus. Der für Parteienfinanzierung zuständige Kanzleramts-Staatssekretär Josef Ostermayer (S) verwies am Freitag auf die diesbezüglichen "Fünf-Parteien-Gespräche" im Parlament. Und Justizministerin Beatrix Karl (V) plädierte zwar dafür, die Strafbestimmungen für die Bestechung von Abgeordneten sowie von Mitarbeitern öffentlicher Unternehmen zu verschärfen - zuständig dafür sieht sie allerdings ebenfalls das Parlament. Entsprechende Vorschläge habe sie vor Monaten übermittelt.

Im Parlament liegt das Thema freilich seit Monaten auf Eis. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) hofft allerdings, dass nach Vorliegen des GRECO-Berichts wieder "Dynamik" in die Gespräche kommt. Auch VP-Klubchef Karlheinz Kopf räumte am Freitag ein, "dass wir Korrektur- und Verbesserungsbedarf haben". Details über mögliche Nachbesserungen nannten allerdings beide nicht.

Scharfe Kritik

Die Opposition übte jedenfalls scharfe Kritik an der bisherigen Haltung der Regierungsparteien. FP-Generalsekretär Herbert Kickl warf SPÖ und ÖVP vor, die Umsetzung einer vorliegenden Grundsatzeinigung seit Monaten konsequent zu blockieren und Ausnahmen für ihre Landesparteien und Vorfeldorganisationen erreichen zu wollen. BZÖ-Verhandler Stefan Petzner warf der Koalition vor, "so lange wie möglich Parteiengelder aus dunklen Kanälen zu lukrieren, um die leeren Wahlkampfkassen der hochverschuldeten Regierungsparteien schnell noch zu füllen".

Der Grüne Vizeklubchef Werner Kogler will die Plenarsitzungen der kommenden Woche nutzen, um die Verhandlungsgruppen wieder "zusammenzutrommeln".