In einem mit Spannung erwarteten Urteil hat die Arbeiterkammer eine Verbandsklage gegen die Bawag vor dem Obersten Gerichtshof gewonnen. Das Urteil besagt: Prozentuelle Kreditbearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten, also von der Kreditsumme abhängige Abgaben, sind gröblich benachteiligend. Denn – wer mehr Geld benötigt, zahlt mehr, ohne dass die Bank mehr Aufwand hätte. Die Gebühren seien damit nicht nachvollziehbar.
Aktuell checkt die Arbeiterkammer das Urteil. Auch die Bawag wurde laut dem AK-Konsumentenschützer Robert Panowitz bereits angeschrieben. Insgesamt versuche man, mit der Bank eine "niederschwellige, konsumentenfreundliche Lösung" zu finden. Heißt: Es wird versucht, Rückzahlungen zu erreichen, ohne dass Kunden klagen müssen. Klappt das nicht, werde man weitere rechtliche Schritte unternehmen.
Zusätzlich können Betroffene, so Panowitz, natürlich bereits selbst gegen die Bawag vor Gericht ziehen. Er rät aber dazu, abzuwarten, ob das Geldinstitut als Reaktion auf die AK-Bemühungen nicht von sich aus eine Lösung anbietet. Eine Verjährung dürfte dabei kein Problem sein. Grundsätzlich beträgt die Frist in Österreich 30 Jahre.
Laut dem Konsumentenschützer liegen Arbeiterkammer-Klagen auch gegen andere Banken schon beim OGH. Zudem wird versucht, weitere Kreditbearbeitungsgebühren für unzulässig erklären zu lassen. Panowitz rechnet in nächster Zeit mit entsprechenden Urteilen.
Einen Schritt weiter geht der Prozessfinanzierer Padronus, der gemeinsam mit dem privaten Verbraucherschutzverein (VSV) Verbandsklagen gegen alle großen Banken ankündigt – namentlich unter anderem gegen Bawag, Erste Bank, Sparkassen, Bank Austria, Raiffeisen. Padronus und VSV wollen dabei die Rückzahlung aller Kreditbearbeitungsgebühren bei privaten Darlehen einklagen und dazu möglichst viele geschädigte Kreditnehmer einsammeln.
Dem Sammelverfahren können sich laut Eibl alle Kreditnehmer anschließen, die in ihrem Vertrag eine Kreditbearbeitungsgebühr vereinbart und diese bereits bezahlt haben. Das Kostenrisiko trägt dabei komplett Padronus, im Gegenzug kassiert der Prozessfinanzierer im Erfolgsfall 35 Prozent des erstrittenen Betrags.
"Die heimische Bankenbranche ist damit einem Prozessrisiko in Milliardenhöhe ausgesetzt, da es jahrzehntelange Usance bei fast allen Banken war, Kreditbearbeitungsgebühren in Höhe von mehreren Tausend Euro zu verrechnen", sagt Richard Eibl. Er schätzt, dass es unterm Strich um fünf Milliarden Euro und mehr geht.
Wie viele der wohl rund eine Million Betroffenen den Gerichtsweg beschreiten werden, wagt Eibl nicht zu beziffern. Er geht davon aus, dass zahlreiche Kunden aus Angst vor ihrer Bank als "übermächtigem Gegner" auf rechtliche Schritte vernichten werden.
Interessenten können sich für die Sammelaktionen auf www.padronus.at oder auf www.verbraucherschutzverein.at risikofrei registrieren.
In einer ersten Reaktion weist die Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich die "heutige Aussage, wonach der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer aktuellen Entscheidung die Verrechnung eines Kreditbearbeitungsentgelts verboten hätte, als irreführend zurück". Kreditbearbeitungsgebühren blieben weiter prinzipiell zulässig.
Rund um das Thema Kreditbearbeitungsgebühren seien angesichts des OGH-Entscheids "verstärkt Marketingaktivitäten von Prozessfinanzierern zu beobachten", kritisiert Branchenvertreter Franz Rudorfer. Die Darstellung "einiger Prozessfinanzierer ist irreführend und nicht korrekt. Wer hier pauschale Aussagen trifft, macht es sich einfach", so Rudorfer. "Da hinter Kreditbearbeitungsgebühren konkrete Leistungen stehen wie etwa Bonitätsprüfung und Vertragserstellung, gibt es auf Basis der OGH-Entscheidung keine automatische Rückzahlung von Gebühren."