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Jetzt landen die Oscar-Filme im Netz

Jedes Jahr tauchen die heißesten Oscar-Anwärter als Raubkopien im Internet auf. Doch woher stammen die Leaks überhaupt?

Heute Redaktion
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Frances McDormand im Oscar-Anwärter "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri".
Frances McDormand im Oscar-Anwärter "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri".
Bild: Twentieth Century Fox

Filme als Raubkopien im Internet zu schauen, ist heutzutage fast schon normal - und momentan läuft Fans dieser Leaks das Wasser im Mund zusammen: Die Screener Season, also die Wochen vor der Oscarverleihung, in denen massenhaft Filme online auftauchen, ist in vollem Gange.

Doch wie kommen die Raubkopierer überhaupt an die teilweise noch unveröffentlichten Streifen? Wer steckt hinter den Leaks? Und was hält Hollywood davon? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was genau ist die Screener Season?

Die Screener Season beginnt meist zwischen Dezember und Januar und fühlt sich für Fans von Raubkopien an wie die zweite Weihnacht. Kurz vor der Oscarverleihung werden die Filme digital oder per DVD an Mitglieder der Academy geschickt (sogenannte Screener), damit diese sie bewerten können. Der offizielle Kino-Release (im deutschsprachigen Raum) ist zu diesem Zeitpunkt teilweise noch Wochen entfernt. Trotzdem landen die Oscar-Anwärter im Internet und zwar nicht als verwackelte Kamera-im-Kino-Aufnahmen, sondern in hoher Qualität. Verbreitet werden die Streifen dann vor allem via Filesharing-Plattformen wie BitTorrent.

Wer steckt hinter den Leaks?

Natürlich ist niemand so dämlich und prahlt im Internet damit, einen brandneuen Film geleakt zu haben. Meist stecken hinter den Raubkopien anonyme Gruppierungen. In den vergangenen Jahren fiel etwa ein loses Kollektiv namens Hive-CM8 besonders auf, da es für viele grosse Leaks verantwortlich war.

Wer ist Hive-CM8?

Das Kollektiv hinterließ in der Vergangenheit Spuren auf der ganzen Welt - von den Vereinigten Staaten über Russland bis nach Asien. Hive-CM8 ist allerdings sogar in der Piratenszene nicht unumstritten. Die Gruppierung wurde etwa scharf kritisiert, als sie den Tarantino-Streifen "The Hateful Eight" vor dem Kino-Release online stellte - in ziemlich mieser Qualität. Im Anschluss entschuldigten sich die anonymen Köpfe hinter Hive-CM8 bei Quentin Tarantino und den verärgerten Fans.

Wie kommen die Raubkopierer an die Filme?

Schwer zu sagen. Fakt ist: Die Screener werden auch heute noch teilweise als DVDs an die Mitglieder der Academy verschickt. Besonders skrupellose Raubkopierer gehen angeblich sogar so weit, diese physischen Exemplare zu klauen, um sie zu rippen. Manchmal gibt Hive-CM8 in Mitteilungen die Quelle an, dabei handelt es sich aber meist um nichtssagende Hinweise wie "A cool dude on the street". Dass ein Leak auf einem Oscar-Screener basiert, erkennt man daran, dass der Hinweis "For your consideration" als Wasserzeichen darin auftaucht.

Sind die Filme gekennzeichnet?

Ja, laut der Academy lässt sich dank sichtbaren und unsichtbaren Wasserzeichen relativ gut zurückverfolgen, woher ein Leak stammt: In der Vergangenheit bekamen auch schon Mitglieder der Oscar-Jury Ärger, weil ihr Exemplar im Internet auftauchte. Die Raubkopierer wissen aber selbstverständlich von den Watermarks und tun alles, um diese zu entfernen oder unkenntlich zu machen. Laut Hive-CM8 ist das mit stundenlangem Aufwand verbunden - unter anderem müssen einzelne Frames aus Filmen entfernt werden.

Was sagen die Studios dazu?

Die großen Produktionsfirmen haben natürlich keine Freude daran, dass ihre Filme gratis (und manchmal noch vor dem offiziellen Release) im Internet landen. Deshalb gehen sie rechtlich gegen die Verantwortlichen vor. Die Raubkopierer hingegen argumentieren, dass sie mit ihren Leaks Werbung für die Filme machen. In Hinblick auf das im Film Biz allgegenwärtige Product Placement keine völlig von der Hand zu weisende Behauptung.

Wer bekommt Ärger dafür?

Einzelne Personen lassen sich nur selten auffinden, trotzdem kommt es vor: 2016 wurde etwa ein Mann aus Kalifornien zu acht Monaten Hausarrest und einer Strafzahlung von über einer Million Dollar verurteilt, weil er den Screener von "The Revenant" online gestellt hatte.

Welche Filme wurden dieses Jahr bereits geleakt?

Bereits jetzt findet man online Raubkopien von Oscar-Kandidaten wie "Lady Bird", "I Love You Daddy", Golden-Globe-Abräumer "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" und dem Animations-Film "Coco". In den nächsten Wochen dürften noch weitere dazu kommen. (20 Minuten)

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