Jihadisten richten im Irak Massaker unter Yeziden an

Kämpfer der radikalislamischen Organisation Islamischer Staat (IS) haben bei ihrem Vormarsch im Norden des Landes nach Regierungsangaben mindestens 500 Yeziden (Jesiden) getötet. Einige Angehörige der religiösen Minderheit seien in Massengräben in und um die Stadt Sinjar lebendig begraben worden, sagte Menschenrechtsminister Mohammed Shia al-Sudani der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag.
haben bei ihrem Vormarsch im Norden des Landes nach Regierungsangaben mindestens 500 Yeziden (Jesiden) getötet. Einige Angehörige der religiösen Minderheit seien in Massengräben in und um die Stadt Sinjar lebendig begraben worden, sagte Menschenrechtsminister Mohammed Shia al-Sudani der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag.
Mit der Eroberung neuer Landstriche im Nordirak durch die jihadistische Gruppe "Islamischer Staat" beginnt für religiöse Minderheiten ein Alptraum. Die Jihadisten gehen besonders brutal gegen Yeziden vor, sie jagen sie regelrecht. Darunter seien auch Frauen und Kinder gewesen.
"Männer werden geköpft, Frauen vergewaltigt, zwangsverheiratet, als Sexsklavinnen verkauft und gnadenlos getötet", sagt Telim Tolan vom Zentralrat der Yeziden in Deutschland, der im ständigen Kontakt zu seinen Glaubensgenossen vor Ort steht. "IS hat das Ziel, alle religiösen Minderheiten in dieser Region auszulöschen." Der Massenmord an den Yeziden sei erst der Anfang.
"Konvertieren oder Tod"
Die Yeziden glauben nicht nur an Gott, sondern auch an Engel wie den "Engel Pfau". Damit sind sie nach Ansicht der islamischen Extremisten - die das Gebirge umstellt haben - "Teufelsanbeter", die sterben müssen. "Wir sind auf deren Skala ganz unten", sagte Tolan. Während die Extremisten Christen immerhin noch die Möglichkeit gäben, zu gehen, heiße es bei Yeziden nur: Konvertieren oder Tod.
Das Christentum ist im Koran immerhin als schützenswerte Religionsgemeinschaft anerkannt, für Yeziden gilt dieser Status nicht. Letztlich bietet auch ein Glaubensbekenntnis zum Islam bedrängten Yeziden keinen Ausweg: Denn die IS-Miliz schickt Neu-Konvertiten nach Angaben von Zeugen meist sofort an die Front.
Deutschland überlegt Waffenlieferungen
In der Irak-Krise wird der Ruf in Deutschland nach Waffenlieferungen an die Kurden laut. IS verfüge über "moderne Waffen aus den eroberten irakischen Militärlagern, die Kurden sind dagegen hoffnungslos unterlegen", sagte August Hanning, Ex-Präsident des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND), der "Bild am Sonntag".
Die deutsche Bundesregierung sollte den Kurden daher sofort moderne Waffen zur Selbstverteidigung zur Verfügung stellen, forderte Hanning. Grünen-Chef Cem Özdemir zeigte Verständnis für US-Waffenlieferungen an die kurdischen Peshmerga. Wenn "Berlin und Brüssel" um Unterstützung gebeten würden, müsse auch dort geprüft werden, "wie ein Beitrag über die bestehende humanitäre Hilfe hinaus aussehen kann", sagte er der "Welt am Sonntag".
Yeziden auch in Deutschland bedroht
Die Weltgemeinschaft dürfe nicht zulassen, dass die Jahrtausende alte Existenz von Yeziden (Jesiden) und Christen in der Region ende, erklärte Özdemir. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass radikale Extremisten nicht Yeziden in Deutschland bedrohen könnten. Am Rande einer Demonstration in Herford waren zwei Yeziden durch Messerstiche verletzt worden. Bei den mutmaßlichen Tätern soll es sich um IS-Sympathisanten handeln. Am Samstag verlief eine Demonstration von 6.000 Yeziden in Bielefeld friedlich.
Die jüngste irakische Tragödie begann vor einer Woche am Sonntag, als die jihadistische Miliz Islamischer Staat große Gebiete nördlich und westlich der Stadt Mossul einnahm. Sie eroberte die Stadt Sinjar (kurdisch: Shingal) und damit jenes Gebiet, in dem die meisten der weltweit etwa 800.000 Yeziden leben - schätzungsweise mehr als 500.000.
Etwas weiter südlich in der Region Shihan haben die Yeziden ein weiteres großes Siedlungsgebiet, etwa 150.000 leben dort. Noch haben IS-Kämpfer diese Region nicht erobert, doch die Gefahr ist auch längst nicht gebannt. "Die Bombardements zeigen Wirkung. Aber wir haben definitiv noch keine Wende erreicht", sagt Tolan. Immerhin schafften es Peshmerga-Soldaten inzwischen, etwa 10.000 Yeziden aus dem Sinjar-Gebirge in Sicherheit zu bringen.