Welt

Geschworenen-Problem bei "El Chapo"-Prozess

Am Montag begann der Prozess gegen Joaquin Guzman. Zuerst müssen aber 12 Geschworene gefunden werden – was gleichzeitig schwierig und heiter ist.

Heute Redaktion
Teilen

Mit einem Konvoi gepanzerter Polizeifahrzeuge wurde "El Chapo" ("Der Kurze") am Montag aus dem Gefängnis "Metropolitan Correctional Center" im New Yorker Stadtteil Manhatten, wo er seit Januar 2017 in Einzelhaft sitzt, zum Bezirksgericht Brooklyn gebracht. Die nächsten vier Monate wird er dort wegen Drogenhandels, Mord, Geldwäsche und 14 anderen Vorwürfen auf der Anklagebank sitzen. 200 Tonnen Kokain soll der Mexikaner in die USA gebracht und so umgerechnet mehr als 12 Milliarden Euro verdient haben.

Er traf im blauen Sakko ein, darunter ein weißes Hemd mit den obersten zwei Knöpfen offen. Begleitet wurde er von 10 US Marshals, Gesetzeshüter des Justizministeriums.

Doch bevor die Eröffnungsplädoyers von Staatsanwalt und Guzmans Anwälten am 13. November gehalten werden, steht bis Freitag noch eine Formalität bevor – allerdings eine in diesem Fall äußerst komplizierte: Die Auswahl der 12 Geschworenen.

Wer kennt ihn nicht?

Denn neben rechtlichen Voraussetzungen wie Volljährigkeit oder Staatsbürgerschaft müssen Geschworene vor allem eines sein: Unbefangen. Idealerweise haben sie vor dem Prozess noch nie etwas über den Fall gehört und kennen die Beteiligten nicht. Doch wer hat in den USA noch nie von "El Chapo" gehört?

Picture

920 Personen beantworteten in den vom Gericht ausgeschickten Fragebögen, dass sie "El Chapo" nicht kennen. 100 von ihnen werden diese Woche von Staatsanwaltschaft und Verteidigung befragt – in Anwesenheit Guzmans aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nur fünf Medienvertreter dürfen dabei sein.

Sie bleiben dabei zu ihrer Sicherheit anonym und müssen etwa Fragen zur ihrer Ansicht über Drogenpolitik oder möglichen Drogenkonsum beantworten. Teilweise wurde es laut "New York Post" heiter im Gerichtssaal: Ein potentieller Geschworener gab als Beruf an, Michael-Jackson-Imitator zu sein. "Zeigen sie uns den Moonwalk", scherzte einer von Guzmans Anwälten, Eduardo Balarezo.

Gelächter im Gerichtssaal

Die Staatsanwaltschaft lehnt ihn aber als Geschworenen ab – es gäbe nicht viele Imitatoren des "King of Pop" in der Gegend, daher wäre der Mann leicht zu identifizieren. Und somit leicht für Kartellmitglieder von "El Chapo" zu beeinflussen (oder gar zu töten).

Picture

Ein anderer Mann hatte in dem Fragebogen angegeben, dass ein Imbiss in seiner Nähe ein Sandwich mit dem Namen "El Chapo" verkaufe. Es sei "köstlich". William Purpura, ein weiterer Anwalt von Guzman, wollte daraufhin wissen, ob auf dem Sandwich Lyoner-Wurst ("Bologna" oder "Baloney" in den USA) sei. "El Chapo" bekommt nämlich jeden Tag im Gefängnis ein Sandwich mit dieser Wurst.

"Es ist mit Creme Fraiche", antwortete der Mann. "Es ist ein Bagel mit Räucherlachs – ich weiß nicht ob Sie je Räucherlachs hatten – und mit Kapern. Es ist ein bisschen pikant. Ich weiß nicht, warum sie es 'El Chapo' nennen aber es ist köstlich."

"El Chapo" fand das ganze weniger amüsant während sich sein Anwalt Balarezo kaputt lachte. Insgesamt wurden 45 Personen befragt, 17 von ihnen bereits abgelehnt. Darunter ein Mann mittleren Alters, der zugab über Guzman auf Wikipedia gelesen zu haben und eine junge Frau, die erklärte sie könne nicht fair urteilen, weil sie die Netflix-Serie "Narcos" über den kolumbianischen Drogenboss Pablo Escobar gesehen habe.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen

Am Freitag sollen die 12 Geschworenen feststehen; sie bleiben nicht nur anonym sondern werden teilweise auch von der Außenwelt abgeschottet und versteckt, ordnete Richter Brian Cogan an. Sie werden jeden Tag von US Marshals zum Gerichtsgebäude gebracht.

"El Chapo" wird jeden Montag aus dem Gefängnis zum Gericht gebracht. Unter der Woche bleibt er dort in Einzelhaft und kommt am Freitag zurück ins Metropolitan Correctional Center.