Österreich

Jobs abseits der Geschlechter-Klischees

Heute Redaktion
Teilen

Im Rahmen des Wiener Töchtertages hatten Mädchen wieder Gelegenheit, in Unternehmen "reinzuschnuppern". Mit 168 Unternehmen und rund 2.700 Mädchen waren diesmal so viele dabei wie nie.

Der Töchtertag stammt ursprünglich aus den USA und wurde schon als bald zu einem jährlichen Aktionstag. Die Idee war von Beginn an, Mädchen Einblicke in Arbeitsbereiche zu ermöglichen, in denen bisher nur wenige Frauen arbeiten. In Wien findet der Töchtertag seit 2002 statt. Damals waren 200 Mädchen dabei, seither ist die Zahl der teilnehmenden Betriebe und Mädchen kontinuierlich gestiegen.

Der Wiener Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) ist der Töchtertag ein besonderes Anliegen: "Es ist mir sehr wichtig, Mädchen für Berufe zu begeistern, die keine typischen Frauenberufe sind. Der Wiener Töchtertag bietet Mädchen die Chance, eine Vielfalt an spannenden Karrieremöglichkeiten in Berufen zu entdecken, an die sie bislang noch nicht gedacht haben."

Technik und Naturwissenschaft weiter mit geringem Frauenanteil

Technik, Handwerk und Naturwissenschaften sind nach wie vor Männerdomänen. Wie Frauenberger mitteilt, stünden jedem weiblichen Lehrling des Berufes Metalltechniker zehn männliche gegenüber, von den 8.810 Schülern der Höheren technischen Lehranstalten (HTL) in Wien seien nur rund 17 Prozent Mädchen, und auch technische Studienrichtungen seien nach wie vor Männerdomänen, nur ein Viertel der Studierenden sei weiblich. Dabei seien die Einstiegsgehälter in technischen, handwerklichen und naturwissenschaftlichen Berufen deutlich höher als in Berufen und Ausbildungen mit traditionell hohen Frauenanteilen. Das zeige sich an einer weiteren Statistik: Frauen verdienen in Wien im Schnitt um fast 24 Prozent weniger als Männer – das liege auch an der Berufswahl.

168 Unternehmen dabei – soviel wie noch nie

Damit das nicht so bleibt, öffneten beim heurigen Töchtertag 168 Unternehmen am Wiener Töchtertag ihre Türen. "Heuer gab es so viel Auswahl wie noch nie: 168 Wiener Betriebe nahmen am Töchtertag 2018 teil, wobei 34 davon zum ersten Mal dabei waren. In Summe haben sich rund 2.700 Schülerinnen für den Töchtertag in Wien angemeldet", freut sich Frauenberger über den neuen Rekord.

Virtual Reality im Samsung-Werk

"Rollenklischees schränken unsere Handlungs- und Entfaltungsspielräume schon im Kindesalter ein, dagegen möchte ich ankämpfen. Mädchen sollen alle Möglichkeiten haben, dafür müssen sie diese aber auch kennen", unterstreicht Frauenberger.

Am Töchtertag ließ es sich die Stadträtin nicht nehmen, selbst eines der teilnehmenden Unternehmen zu besuchen. Bei Samsung Electronics lernten die Mädchen das Innenleben eines Fernsehers kennen und hatten Gelegenheit, ein 360°-Rundum-Video zu drehen. Außerdem begaben sie sich mit einer VR-Brille auf eine virtuelle Achterbahnfahrt – ein spezieller VR-4D-Sessel machte das Erlebnis besonders realistisch.

Jugendwerkstatt: Über 10 Stationen zum Ausprobieren

Erste praktische Schritte in verschiedene technische Berufe konnten die Mädchen auch bei der Jugendwerkstatt in der Puchgasse 1 (Donaustadt) machen. An über zehn Stationen konnten sich die Teilnehmerinnen am Töchtertag in Berufszweigen wie Feinmechanik, Maurer, Metalltechnik oder KFZ-Technik ausprobieren. Rund 100 Mädchen hatten sich vorab dazu angemeldet.

Die Jugendwerkstatt ist ein Gemeinschaftsprojekt von AMS, Wiener Arbeitnehmerförderungsfonds (Waff) und bfi Wien. Seit der Gründung 2009 hat sich die die Jugendwerkstatt als Zentrum für Berufsorientierung etabliert. Rund 2.000 Jugendliche nutzen jährlich das Angebot der 29 unterschiedlichen Werkstätten für die berufliche Orientierung. Zudem können Jugendliche, die über das AMS vermittelt werden zehn Wochen lang in bis zu drei verschiedene Lehrberufe schnuppern.

Schnuppern in der Britischen Botschaft

Erstmals beim Töchtertag dabei war auch die Britische Botschaft. Via "Heute" hatte Botschafter Leigh Turner interessierte Mädchen aufgerufen, sich zu bewerben. Aus den Einsendungen wurden vier Mädchen ausgesucht, die den Top-Diplomaten einen Tag lang begleiten durften.

Die vier Wienerinnen Joyce, Paula (beide 16) sowie Eva und Nicole (beide 17) hatten sich nach dem "Heute"-Aufruf per Video bei der Botschaft beworben – alle vier haben Interesse, später selbst einmal Diplomatinnen zu werden.

Am Programm stand die Teilnahme an einer Konferenz zum Westbalkan, eine Tour durch die OSZE sowie ein Treffen mit Nationalratsabgeordeten Martin Engelberg, Leiter der österreichisch-britischen Freundschaftsgruppe im Parlament. Dazwischen nahmen die Tennagerinnen auch an regulären Meetings der britischen Vertretung teil und bekamen eine 'Behind the scenes tour' durch die Botschaftsresidenz.



"Das britische Aussenministerium ist sehr bemüht, auf allen Ebenen Frauen in der Diplomatie zu fördern. Umso mehr freut es mich, dass so interessierte und engagierte junge Frauen wie Joyce, Paula, Eva und Nicole heute mit mir den Tag verbracht haben. Sie haben viele gute Ideen und haben mir sogar einige Social Media Tipps gegeben", schmunzelt Botschafter Turner.



"Der heutige Tag hat mich auf jeden Fall in meinem Wunsch bestätigt, selbst Diplomatin zu werden", betonte Eva, die kurz vor ihrer Matura steht und danach plant, Internationale Beziehungen zu studieren. "Wir haben heute gesehen wie vielfältig der Alltag eines Diplomaten ist. Man muss auf jede Situation gut vorbereitet sein", lachte Nicole, die eine Karriere bei der UNO anstrebt.

(lok)