Schmerzen sind ein weit verbreitetes medizinisches Problem und die Linderung von Schmerzen ist ein wichtiges therapeutisches Ziel. Akute Schmerzen sind kurzfristige Schmerzen, die typischerweise als Reaktion auf eine Form von Gewebeverletzung wie ein Trauma oder eine Operation auftreten. Akute Schmerzen werden häufig mit Schmerzmitteln behandelt, die Opioide enthalten können, aber nicht müssen.
Nach 25 Jahren hat die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA nun ein neuartiges Schmerzmittel zugelassen: Der Wirkstoff Suzetrigin wird unter dem Markennamen "Journavx" verkauft werden. Suzetrigin wird als Pille in zwei Dosierungen verabreicht. In Studien erhielten die Teilnehmer eine Anfangsdosis von 100 Milligramm, gefolgt von 50 Milligramm alle 12 Stunden. Das neue Präparat ist ein nicht-opioides Analgetikum der ersten Klasse zur Behandlung mittelschwerer bis schwerer akuter Schmerzen bei Erwachsenen.
Bislang waren opioidhältige Mittel die erste Wahl, denn es um Schmerzlinderung ging. Diese können jedoch zur Sucht führen – nicht so der neue Wirkstoff Suzetrigin.
Die Wirksamkeit von Journavx wurde in zwei randomisierten, doppelblinden, placebo- und aktiv kontrollierten Studien mit 874 Teilnehmern zu akuten chirurgischen Schmerzen untersucht, eine nach einer Bauchdeckenstraffung und die andere nach einer Bunionektomie (Ballenzehkorrektur). Zusätzlich zur randomisierten Behandlung durften alle Teilnehmer der Studien mit unzureichender Schmerzkontrolle bei Bedarf Ibuprofen als "Rettungs"-Schmerzmittel einnehmen. Beide Studien zeigten eine statistisch signifikant bessere Schmerzlinderung mit Journavx im Vergleich zu Placebo.
Die häufigsten Nebenwirkungen bei Studienteilnehmern, die Journavx erhielten, waren Juckreiz, Muskelkrämpfe, erhöhte Kreatinphosphokinasewerte im Blut und Hautausschlag.
An der Schmerzwahrnehmung sind mehrere Teile des Körpers beteiligt. Nervenzellen leiten ein elektrisches Signal von der Stelle der Gewebeschädigung zum Gehirn, das das Signal als Schmerz wahrnimmt. Anders als Opioid-Medikamente, die das Schmerzempfinden im Gehirn dämpfen, wirkt Suzetrigin, indem es die schmerzsignalisierenden Nerven im ganzen Körper daran hindert, überhaupt zu feuern. "Dieses Medikament unterbricht diesen Weg, sodass das Gehirn von der Gewebeschädigung nichts weiß", sagte Bergese. Und was entscheidend ist: Suzetrigin erzeugt weder Euphorie noch ein High, wie es bei Opioiden manchmal der Fall sein kann. Ärzte sind daher der Ansicht, dass bei den Anwendern kein Sucht- oder Abhängigkeitspotenzial besteht.
Das Medikament wurde entdeckt, nachdem Forscher von einer Familie von Feuerläufern in Pakistan erfuhren und entdeckten, dass ihnen ein Gen fehlte, das Schmerzsignale in ihrer Haut auslöste. Mitglieder dieser Familie konnten über heiße Kohlen laufen, ohne mit der Wimper zu zucken. "Sie wussten, dass sie auf etwas Heißem standen; sie wussten, dass sie die Kohlen spüren konnten. Es hat also keine Auswirkungen auf die Nerven, die Hitze und Berührungen und solche Sachen wahrnehmen. Es sind nur diese schmerzleitenden Nerven", sagte Stuart Arbuckle, Chief Operating Officer von Vertex Pharmaceuticals, dem entwickelnden Unternehmen.
Dennoch dauerte es 25 Jahre, bis die Wissenschaftler herausfanden, wie sich dieser Schmerzweiterleitungsmechanismus für die Entwicklung eines Medikaments nutzen ließ. "Neuronen kommunizieren miteinander, indem sie eine Reihe von Nervenimpulsen erzeugen, ähnlich einem Morsecode", so Dr. Stephen Waxman, der das Zentrum für Neurowissenschaft und Regenerationsforschung an der Yale School of Medicine leitet. "Und Nervenimpulse werden von winzigen molekularen Batterien in den Membranen der Neuronen erzeugt. Die molekularen Batterien heißen Natriumkanäle." Suzetrigin wirkt, indem es einen Natriumkanal schließt, der nur Schmerzsignale weiterleitet.