Wien

Julia (18) berät Jugendliche mit Problemen auf WhatsApp

Beim Projekt "time4friends" des Roten Kreuzes werden Jugendliche in belastenden Situationen beraten. Julia (18) ist eine der freiwilligen Helferinnen. 
Yvonne Mresch
25.04.2022, 14:59

Zwei Jahre Pandemie haben ihre Spuren hinterlassen. Kinder und Jugendliche leiden nach wie vor stark an den Folgen der monatelangen Schulschließungen und des reduzierten Kontakts zu Gleichaltrigen, berichtet das Rote Kreuz. Das Projekt "time4friends" bietet ihnen einen sicheren Raum, um über ihre Gefühle und Probleme zu sprechen. Die Kommunikation erfolgt vollkommen anonym und unkompliziert über WhatsApp. 

"Viele fühlen sich durch die Pandemie einsam"

"Ich habe immer schon großes Interesse daran gehabt, anderen zu helfen und habe auch für meine Freunde immer ein offenes Ohr", erzählt die 18-jährige Julia. Sie ist eine von 40 ausgebildeten Peers zwischen 15 und 18 Jahren, die bei "time4friends" ehrenamtlich tätig ist. Seit November 2020 berät sie Jugendliche in Krisensituationen. "Viele Jugendliche fühlen sich unwohl dabei, über bestimmte Themen wie Liebeskummer oder Mobbing mit Erwachsenen zu sprechen", erklärt Renate Hauser, Leiterin des Österreichischen Jugendrotkreuzes. Bei time4friends findet die Kommunikation vollkommen anonym und unkompliziert über WhatsApp statt. Das erleichtert vielen den ersten Schritt zur Kontaktaufnahme. Die Peers bei time4friends sind speziell ausgebildet und hören den Jugendlichen zu, wenn diese sonst keine Ansprechpersonen im näheren Umfeld haben."  Und die Nachfrage ist groß: Zwischen Jänner und März 2022 wurden beinahe 9.000 Nachrichten ausgetauscht. Im Vorjahr waren es im selben Zeitraum noch 5.000.

Neue Peers absolvieren zunächst eine kostenlose fünftägige Grundausbildung. Im Rahmen von Workshops und Praxisübungen wird dabei alles über die Beratung von Gleichaltrigen und Themen wie psychische Erste Hilfe, Mobbing und Suchtprävention vermittelt. Nach Abschluss der Ausbildung geht es los, gearbeitet wird immer in 2er- oder 3er Teams. "Von 18 bis 22 Uhr kümmern wir uns um die Anfragen der Jugendlichen. Wir beraten sie, beantworten Fragen zum Thema Schule, Liebeskummer oder Streit mit den Eltern und manchmal brauchen die Jugendlichen einfach nur jemanden, der für sie da ist", erzählt Julia. "Denn gerade durch die Pandemie fühlen sich viele oft sehr einsam."

"Ich freue mich über ein 'Danke, dass es euch gibt'!"

Am Anfang fiel es ihr oft schwer, die richtigen Worte zu finden, aber mit der Zeit und durch den Rückhalt der Kollegen erlebe man auch selbst eine Entwicklung, sagt die junge Frau. Kommen Themen auf, die die Kompetenz der Peers überschreiten, finden sie gemeinsam mit den Jugendlichen die passende Anlaufstelle. Die Ehrenamtlichen geben viel, bekommen aber auch viel zurück: "Für mich ist es immer besonders schön, wenn ich das Gefühl habe, dass ich den Jugendlichen durch meine Beratung helfen konnte. Positives Feedback, wie zum Beispiel 'Danke, dass es euch gibt!', machen mich sehr glücklich und ich freue mich, dass ich jemandem helfen konnte", strahlt die 18-Jährige.

Anmeldung für Ausbildung bis 30. April

Sie nimmt nicht nur die positive Resonanz, sondern auch Freundschaften aus dem Projekt mit: "Bei time4friends sind schon viele gute Freundschaften entstanden und ich freue mich jedes Mal, wenn wir uns bei den regelmäßigen Peer-Treffen wieder sehen und gemeinsam Spaß haben. Durch meine Tätigkeit habe ich die Möglichkeit, vieles zu lernen, was mir nicht nur bei meinen Diensten sehr hilft, sondern auch für meine persönliche Weiterentwicklung von großem Wert ist." Für Julia geht es weiter mit einem Medizinstudium. "Damit will ich weiterhin Menschen helfen, so wie jetzt", sagt sie stolz. 

Wer selbst als Peer tätig werden möchte, sollte gerne im Team arbeiten, Interesse an Menschen und Einfühlungsvermögen haben. Zeitlich sind sie gut mit dem Alltag, Schule oder Studium vereinbar, wie Julia erzählt. Anmeldeschluss für die nächste Ausbildung im Juni ist der 30. April. Mehr Infos dazu finden Sie hier. Wer selbst Hilfe braucht, kann sich anonym und kostenlos täglich unter 0664 1070 144 melden.

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