Wien

Corona-Pandemie drängt junge Frauen zurück an den Herd

Die Coronakrise stärkt traditionelle Rollenbilder, warnt der Verein Sprungbrett. Ein neues Projekt will Mädchen und Frauen für den Job empowern.

Louis Kraft
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    Durch die Coronakrise sind die Bildungsabbrüche gestiegen. Immer mehr junge Frauen wenden sich vermehr traditionellen Rollen wie Ehe und Kindern zu als sich auf ihre Ausbildung zu konzentrieren, warnt der Verein Sprungbrett.
    Durch die Coronakrise sind die Bildungsabbrüche gestiegen. Immer mehr junge Frauen wenden sich vermehr traditionellen Rollen wie Ehe und Kindern zu als sich auf ihre Ausbildung zu konzentrieren, warnt der Verein Sprungbrett.
    Sabine Hertel

    Seit 20 Jahren bietet der Verein Sprungbrett Mädchen und jungen Frauen Beratung und Unterstützung bei allen Fragen des Erwachsenwerdens an. Nun startet das neue Projekt "basis", das gezielt 16- bis 25-Jährige unterstützt.

    Sechs multidisziplinäre Beraterinnen helfen überall, wo der Schuh drückt: Die Beratung reicht von Lebens- und Sozialberatung bis zu Orientierung und Stabilisierung in besonderen Lebenslagen. Das erklärte Ziel ist es, Mädchen dabei zu unterstützen, etwas aus ihrem Leben zu machen. Wie wichtig hier das Mutmachen ist, hat Mehriban C. (28) am eigenen Leib erfahren.

    Klischées und Vorurteile statt Unterstützung in der Schule

    "Meine Eltern kamen als Gastarbeiter aus der Türkei nach Österreich. Ich bin in Wien geboren, habe aber zunächst den 'klassischen Ausbildungsweg' genommen", erzählt die junge Wienerin gegenüber "Heute". In der Hauptschule habe sie von ihren Lehrern nicht viel Unterstützung, dafür umso mehr Vorurteile und Klischées erfahren.

    "Ich war immer eine fleißige Schülerin, aber die Lehrerschaft hat nur eine junge Muslima mit Kopftuch gesehen. Die haben sich offensichtlich gedacht, die wird eh bald heiraten und fünf, sechs Kinder bekommen", so Mehriban. Doch sie ließ sich nicht entmutigen. Bei einer Schulexkursion lernte die damals 14-Jährige den Verein Sprungbrett kennen, besuchte hier auf eigenes Betreiben zwei persönliche Beratungen. Mit Hilfe der Beraterinnen entschied sie sich, in die AHS zu wechseln, nach ihrer Matura absolvierte sie das Studium der Soziologie. Derzeit arbeitet sie an ihrem Master – und ist seit Jänner nun auch selbst Beraterin im Verein Sprungbrett. 

    Sie will vor allem Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund stärken. "Gerade für sie ist es wichtig, Vertrauenspersonen zu haben, die ihnen einfach zu hören und sie auf ihrem Weg unterstützen", so Mehriban. 

    Mehr Bildungsabbrüche durch Corona, Ehe und Kinder wichtiger als Job

    Das sieht auch die Projektleiterin von "basis", Nicole Szolga (43) so: "Durch die Coronakrise verschwinden immer mehr Mädchen und junge Frauen aus dem öffentlichen Leben. Statt Ausbildung oder Job dreht es sich immer mehr um traditionelle Aufgaben wie Ehe oder Kinder bekommen", erzählt sie. Nicole schätzt, dass es hier kaum Unterschied zwischen Mädchen mit und jenen ohne Migrationshintergrund gibt.

    Durch die Pandemie sei es zu einem Anstieg an Bildungsabbrüchen gekommen, für viele - vor allem junge Frauen aus einkommensschwachen Familien - seien Online-Kurse oder Home Schooling abschreckend oder technisch einfach nicht machbar. Genau hier setze das Projekt "basis" an. Durch den niederschwelligen Zugang (für den Besuch ist kein Termin nötig), stehen den Kundinnen während der Öffnungszeiten jederzeit professionelle Beraterinnen zur Seite. Sie informieren über Ausbildungsangebote, helfen bei der Jobsuche oder beim Ausfüllen von Anträgen, etwa für die Grundsicherung. Auch in die anstehenden Nachzahlungen wegen der gestiegenen Energiekosten werden ebenso noch Thema sein wie Long Covid, ist sich Nicole sicher.

    "Versuchen gemeinsam, nacheinander Probleme zu lösen"

    "Probleme sind immer vielschichtig. Wir setzen in der Mitte an und arbeiten uns dann vor. So versuchen wir den Teilnehmerinnen die Werkzeuge in die Hand zu geben, damit sie selbst ihre Probleme nachhaltig lösen können", erklärt die Projektleiterin. Seit November ist "basis" im Aufbau, offiziell gestartet wurde im Dezember. Mit Kampagnen, etwa auf Instagram oder TikTok, will man gezielt jene Gruppe erreichen, für die "basis" geschaffen wurde. Das Projekt ist auf eine Laufzeit von drei Jahren konzipiert, gefördert wird es vom Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds waff

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