Österreich

Justizwache musste Angeklagten überwältigen

Heute Redaktion
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Bild: www.picturedesk.com

Zu dramatischen Szenen ist es am Montag im Wiener Landesgericht am Ende einer Verhandlung um eine Messerattacke auf einen Party-Gast gekommen. Der psychisch Kranke Ebrahim Sayed R., der einem 29-Jährigen mit einem Taschenmesser einen Baustich versetzt hatte, sollte in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden. Als ein Schöffensenat dem Unterbringungsantrag Folge gab, rastete der Mann noch im Gericht aus.

Als Richterin Claudia Geiler die Entscheidung verkündete, fiel ihr der 34-Jährige Ebrahim Sayed R., der seit geraumer Zeit an paranoider Schizophrenie leidet, zunächst lautstark ins Wort. Er verlangte, man müsse "vertagen, da ich sonst mit keinem fairen Verfahren rechnen kann."

Situation eskalierte

Weil die Richterin mit ihrer Begründung fortsetzte, wurde der Mann immer lauter und bedrohlicher. Die Situation eskalierte, als der 34-Jährige aus Sicherheitsgründen von den beiden Justizwachebeamten, die ihn in die Verhandlung begleitet hatten, aus dem Saal gebracht werden sollte. Er widersetzte sich den Beamten, begann lauthals wüst zu schimpfen und wurde schließlich gewalttätig.

Da er von den Beamten nicht zu bändigen und nicht zu beruhigen war, brachten ihn diese im Eingangsbereich zum Verhandlungssaal zu Boden. Der Versuch, den Tobenden außerhalb des Saals am Boden zu fixieren, gelang erst, als zwei weitere Beamte zur Verstärkung anrückten. Zu viert schaffte es die Justizwache schließlich, den Mann unter Kontrolle zu bringen und abzuführen, wobei er wilde Beschimpfungen ausstieß.

"Er hat wahrscheinlich einen Schub bekommen"

"Er hat sich bei der Verhandlung aufgeregt und wahrscheinlich einen Schub bekommen", vermutete Alexandra Cervinka, die Rechtsvertreterin des 34-Jährigen, nachdem dieser zurück in die Justizanstalt gebracht worden war. Für die Anwältin steht fest, "dass er nicht ins Gefängnis, sondern in eine richtige Anstalt gehört, wo er entsprechend behandelt werden kann", wie sie gegenüber der APA erklärte.

Der Mann zeigte sich in seiner Verhandlung krankheitsuneinsichtig: "Meine Sinneseinflüsse waren nicht falsch. Die sind real. Das ist ja das Schlimme. Ich bin nicht paranoid, das möchte ich Ihnen auch noch sagen. Dass ich Stimmen höre, stimmt auf jeden Fall nicht."

"Ich wäre gern frei"

Bei den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Karl Dantendorfer wurde er erstmals ungehalten. Als ihm der Experte wahnhafte halluzinatorische Züge bescheinigte, meinte R. zum Gericht, er sei "königlichen Blutes". Auf die abschließende Frage der Richterin, wie es mit ihm weitergehen soll, erwiderte der 34-Jährige: "Ich wäre gern frei. Ich hätte gern meine Frau zurück. Wenn's geht beide." Die eine sei in Katar, die andere in Ägypten: "Sie können ruhig in Katar anrufen."

Ebrahim Sayed R. hatte am Abend des 27. September 2014 in Wien-Neubau an einer ihm völlig fremden Wohnung geklopft, weil er sich einbildete, auf der Straße im Vorbeigehen die Stimme seiner angeblich verschwundenen Frau aus der im dritten Stock gelegenen Wohnung gehört zu haben.

Als der Wohnungsbesitzer, der eine Geburtstags-Party veranstaltete und mehrere Freunde eingeladen hatte, die Tür öffnete, schlug ihm der völlig unbekannte Mann ansatz- und wortlos die Faust ins Gesicht. Dann lief der 34-Jährige davon. Ein 29 Jahre alter Party-Gast, der den Faustschlag mitbekommen hatte, wollte ihn nicht entkommen lassen. Er schnappte sein Skateboard, nahm die Verfolgung auf und holte den Mann auf der Westbahnstraße ein.