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Kandidat und Mutter weinten vor der Kamera

Heute Redaktion
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Bild: Screenshot ORF

In der neuen ORF-eins-Doku "Blockstars" will Rapper Sido junge Menschen aus ihrem tristen Alltag holen und ihnen neue Perspektiven geben. Die erste Folge der achtteiligen Sendung präsentierte sich dem Zuschauer am Donnerstag als eine Mischung zwischen Talentesuche a la "Popstars" und der Sozialporno-Inszenierung von "Wir leben im Gemeindebau".

Die neue ORF-eins-Doku "Blockstars", bei der Rapper Sido junge Menschen aus ihrem tristen Alltag holen und ihnen neue Perspektiven geben will, lockte am Donnerstag durchschnittlich nur 256.000 Zuseher vor die Bildschirme. Die erste Folge der achtteiligen Sendung präsentierte sich dem Zuschauer als eine Mischung zwischen Talentesuche à la "Popstars" und der Sozialporno-Inszenierung von "Wir leben im Gemeindebau".

"Sido sucht junge Erwachsene in ausweglosen Situationen", erklärt der Sprecher am Anfang der Sendung und leitet auf einen Lobgesang auf die Karriere des Rappers über. Dann geht es los: Sido begibt sich auf der Suche nach seinen Talenten "heraus aus dem 1. Bezirk und hinein in die Problemviertel Österreichs".

Sidos Tür-Effekt

Was man aus dem Leben der Kandidaten zu sehen bekommt, erschüttert einerseits, andererseits wird man das Gefühl nicht los, dass die Schicksale kameragerecht aufbereitet und so dramatisch wie möglich in Szene gesetzt werden. Der Ablauf ist bei allen Kandidaten-Besuchen gleich: Sido kommt zur Tür herein, Licht- und Musikeffekte suggerieren: "Eure schwere Zeit ist vorbei, denn ich bin da und hol' euch hier raus." Und dabei ist noch gar nichts passiert, außer dass Sido durch die Tür gekommen ist.

Quote durch Voyeurismus?

Dramatische Musik, ausgegraute Aufnahmen und theatralische Moderationen untermalen die "Geständnisse" der Kandidaten. Den Anfang macht Dragan aus Favoriten, der erzählt, wie er jahrelang von seinem Vater misshandelt wurde und Drogen nahm. Der Zuschauer erfährt auch, dass seine Mutter unter Depressionen leidet - passend dazu bricht die Dame in Tränen aus. Als Sido erklärt, dass Dragan beim Projekt mitmachen kann, fallen sich Mutter und Sohn in die Arme. Ein Bild, das sich im Lauf der Sendung wiederholt.

"Deinen Arbeitsplatz brauch ich jetzt nicht"

Daniel in Linz spricht darüber, dass es keine Droge gibt, die er nicht probiert hätte, seine Frau gesteht Sido, dass sie Daniel verlassen wird, wenn es so weitergeht. Marko in Simmering erzählt, dass er wegen Körperverletzung und Raub in Haft war. Doch als der Jugendliche meint, dass er jetzt wieder einen Arbeitsplatz hat, erklärt Sido: "Den brauch ich nicht."

Visum erschlichen

Hellhörig wird der Rapper dann wieder, als ein anderer Jugendlicher erklärt, dass er 15 Jahre illegal in Österreich war, für sein Visum geheiratet hat und sich nun wieder scheiden lässt - schon darf er bei "Blockstars" mitmachen.

Stiefvater stockbesoffen

Zum Abschluss zwängt sich das Kamerateam noch in die Wohnung von Michael aus Favoriten. Der Stiefvater auf der Couch erzählt stockbesoffen, dass er sich wegen dem Alkohol an nichts erinnern kann. Über seine Kindheit meint Michael: "Ich wünsche mir, dass meine Mutter gestorben wäre und nicht der Vater." Mit dem Rappen klappt es bei Michael nicht, bei "Blockstars" ist er trotzdem dabei. "Wenn ich es nicht bin, wer wird dir helfen?", fragt Sido vor der Kamera.

"Keine Drogen, keine Waffen, kein Streit"

Am Ende der Sendung ziehen die Kandidaten in ihre WG. "Keine Drogen, keine Waffen, kein Streit", heißt es beim Einzug. Jede Regel wird mit einem Soundeffekt und dem Schnitt auf die ungläubigen Gesichter der Kandidaten emotional untermalt - und man ahnt, dass das Voyeursherz auch in den kommenden Sendungen befriedigt werden wird.

Zumindest einige Zuschauer dürften sich jedoch nach der ersten Folge gefragt haben: Sollte es in der Sendung nicht zumindest zum Teil um Musik gehen?

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