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Kann Boris mit seinem Charme bei von der Leyen punkten?

Boris Johnson trifft Ursula von der Leyen am Abend zum Dreigangmenü, um eine Einigung im Brexit-Handelspakt in letzter Minute zu erzielen.

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Boris Johnson
Boris Johnson
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Über einem Dreigangmenü könnte heute Abend die Zukunft der Beziehung Großbritanniens und der EU entschieden werden. Der britische Premierminister Boris Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen treffen sich zu einem "Dinner for two" im Brüsseler Berlaymont-Gebäude, um einen Durchbruch in den seit Monaten festgefahrenen Brexit-Verhandlungen zu erzielen.

Die drei verbliebenen Felder, auf denen von der Leyen und Johnson noch "bedeutende Differenzen" festgestellt hatten – Fischerei, fairer Wettbewerb und die Frage nach der Durchsetzbarkeit der Vereinbarungen –, sind schon seit Monaten dieselben. Am Donnerstag und Freitag gibt es nach etlichen verstrichenen Deadlines nun für Johnson den perfekten Rahmen für den langersehnten Durchbruch: Dann treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs zu ihrem letzten Gipfel in diesem Jahr.

"Johnson ist locker und zappelig, von der Leyen das Gegenteil"

Johnson gilt als Charismatiker, der im persönlichen Gespräch erreichen könnte, woran Bürokraten scheitern. Doch es wird mehr als eine freundliche Atmosphäre brauchen, um einen Handelspakt zu besiegeln. Auf beiden Seiten dürften noch schmerzhafte Zugeständnisse nötig sein.

Mit von der Leyen trifft Johnson beim Abendessen auf eine harte Verhandlerin. "Einige unterschätzen sie, weil sie von kleiner Statur ist, aber die machen einen großen Fehler", zitiert der "Guardian" eine Quelle aus dem Umfeld der Kommissionspräsidentin. Von der Leyen sei ganz auf das Geschäftliche fokussiert, wenig gesellig und extrem ehrgeizig. "Er ist locker und zappelig, sie ist das Gegenteil. Ungeduldig. Zieht Handlungen Reflexion vor."

"...dann irrt sich Boris gewaltig"

Bereits vor ihrem Tête-à-Tête vom Mittwochabend telefonierten von der Leyen und Johnson in den letzten Tagen miteinander – ganze zwei Stunden lang. Sie nannten sich dabei vertraulich "Boris" und "Ursula", und kamen doch nicht weiter. "Sie will auf jeden Fall einen Deal erreichen", sagte ein Diplomat dem "Guardian".

Das heiße aber nicht, dass von der Leyen es zulassen werde, dass Johnson die Vorgaben diktieren könne. "Wenn Boris denkt, dass er sie mit seinem Charme einwickeln kann, irrt er sich gewaltig", so ein EU-Abgeordneter zu der britischen Zeitung. "Sie wird sich an den Details festbeißen – und er auf Stahl beißen."

Zum 31. Dezember endet die Brexit-Übergangsphase, in der trotz des Austritts aus der EU für Großbritannien bislang alles beim Alten blieb. Sollten sich beide Seiten bis dahin nicht auf einen Deal geeinigt haben, droht auf beiden Seiten Chaos: Kilometerlange Staus an den Grenzen und leere Supermarktregale in Großbritannien sind nur einige der befürchteten Folgen. Zölle würden den Handel zwischen dem Kontinent und dem Inselstaat belasten.

Harter Bruch wahrscheinlicher?

Immerhin: Die britische Regierung willigte ein, umstrittene Passagen in einem Gesetzentwurf zu streichen oder zu ändern, die in Brüssel für viel Unmut gesorgt hatten. Das Binnenmarktgesetz sollte nach dem Willen Londons die Bestimmungen des ausgehandelten EU-Austrittsabkommens aushebeln und damit internationales Recht brechen – eine Drohgebärde, die für viel Empörung sorgte.

EU-Verhandlungsführer Michel Barnier zeigte sich zuletzt pessimistisch. Ein harter Bruch Ende 2020 sei mittlerweile wahrscheinlicher als eine Verständigung. Die EU sollte ihre Notfallpläne aktualisieren. Ökonomen zufolge würde der harte Brexit beide Seiten treffen, Großbritannien aber stärker.

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