Bundeskanzler Karl Nehammer im ORF-Sommergespräch mit Martin Thür am Traunsee (OÖ)
ORF/Roman Zach-Kiesling
Viel Zeit bis zur Nationalratswahl am 29. September bleibt nicht mehr – Österreich befindet sich im Intensivwahlkampf und die Parteien werben um jede Stimme. Am Montag war Bundeskanzler Karl Nehammer als letzter zu Gast im ORF-Sommergespräch, ehe es am Dienstag mit der ersten Elefantenrunde losgeht und die TV-Duelle folgen.
Das Interview mit Martin Thür war aufgeheizt, angespannt und voller Emotionen. Der Kanzler pochte darauf, dass sich Leistung wieder lohnen müsse, der "Kuchen" vergrößert werden müsse und das Dieselprivileg und die Pendlerpauschale bleiben, koste es was es wolle. Das ganze Interview lang fuhr Nehammer die Linie seines Österreichplans.
Nehammer im ORF-Sommergespräch: Die wichtigsten Ansagen
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Am Ende gab es aber auch noch eine brisante Diskussion über mögliche Wahlausgänge und Koalitionspartner. "Mein Ziel ist es, als Erster ins Ziel zu gehen und den Auftrag der Menschen zu bekommen", betonte der Kanzler. Die Chancen dafür halten sich aber in Grenzen. Denn laut den Umfragen befindet sich der Kanzler derzeit nur auf dem zweiten Platz.
Koalition mit Kickl "ausgeschlossen"
Als erster durchs Ziel gehen würde laut APA-Wahltrend weiterhin FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er befindet sich in Umfragen mit 27 Prozent an der Spitze, die ÖVP folgt mit 23 Prozent. Eine Koalition der beiden würde sich rein rechnerisch gut ausgehen – Nehammer betonte aber schon im Gespräch mit Thür, dass man mit einer FPÖ unter Herbert Kickl sich keine Regierungsbank teilen möchte.
"Das habe ich schon ausgeschlossen. Da geht es nicht um das Thema FPÖ oder SPÖ, sondern da geht es darum, dass Herbert Kickl ein Politiker ist, der sich total abgewandt hat von dem Thema politische Verantwortung. Er ist nicht Willens auch seriös über Zukunftsfragen zu diskutieren, sondern er macht Angst. Angst ist seine Triebfeder. Er lebt eben in diesen Verschwörungstheorien und er macht sie nicht nur mehr parteipolitisch als Kalkül, sondern er glaubt auch wirklich selbst daran. Und mit Verschwörungstheoretikern, die hinter allem das Böse sehen, die immer nur Angst machen, die vom Problem leben, es aber nicht lösen, kannst du die Zukunft nicht gestalten", polterte er gegen den FPÖ-Chef.
"Habe entspannten Umgang mit allen anderen Parteien"
Im Interview mit Thür gibt Bundeskanzler Karl Nehammer der Koalition mit den Freiheitlichen eine klare Absage. Die einzig andere mögliche Option, dass die ÖVP wieder in die Regierung kommt, wäre dann ein Dreierbündnis mit der SPÖ und entweder den NEOS oder den Grünen – sprich eine Österreich Ampel.
Rechnerisch würde sich das gut ausgehen. Gemeinsam mit den NEOS hätte man laut der letzten Umfrage 55 Prozent und mit den Grünen 51 Prozent. Eine Gesprächsbasis mit diesen Parteien ist laut Nehammer zumindest vorhanden.
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"Ich hab generell einen entspannten Umgang mit allen im Parlament vertretenen Parteien, sofern das möglich ist, bei denen das nicht möglich ist, benenne ich das auch. Ich habe viele gute Kontakte in alle Fraktionen hinein. Das ist auch notwendig, in einer Demokratie soll man ja miteinander sprechen können, aber es ist auch redlich zu sagen, wofür man nicht ist und wo man nicht bereit ist, Kompromisse einzugehen", erklärte Nehammer.
Angespannte Situation mit Grüne
Doch auch hier gibt es mögliche Bedenken. Einerseits funktioniert das Ampelmodell, wie in Deutschland zu sehen ist, nicht mir der gewünschten Hoffnung. Im Nachbarland fanden erst am Wochenende Wahlen in Sachsen und Thüringen statt. Das Ergebnis zeigte klar: Die Bevölkerung ist mit den aktuellen Zuständen unzufrieden, die AfD rückte auf Platz eins (in Thüringen) und Platz zwei (in Sachsen) vor, die Parteien der Ampel verloren an Zustimmung.
Sicher ist eine weitere Koalitionsoption mit den Grünen außerdem nicht. Immerhin herrscht derzeit seit dem Alleingang von Umweltministerin Leonore Gewessler bei der Abstimmung des Renaturierungsgesetzes eine Eiszeit zwischen den Parteien. Die Forderungen der Grünen nach einer Abschaffung des Dieselprivilegs und einer Änderung der Pendlerpauschale würden zudem nicht in die Pläne von Nehammer passen.
Welche Koalition tatsächlich zustande kommt, wird sich damit wohl erst nach der Nationalratswahl am 29. September zeigen.