Österreich

Kapitän wirft Ehepaar in Wien von Donau-Dampfer

Für ein älteres Ehepaar endete eine Kreuzfahrtreise auf der Donau in einem Drama. Nun wollen die Eheleute das Geld zurück und notfalls klagen.
Heute Redaktion
14.09.2021, 00:07

Paul Schmitt, 82, der ehemalige Vizegefängnisdirektor von Landsberg am Lech, sortiert auf seinem Terrassentisch die Papiere nach einer für ihn katastrophalen Kreuzfahrtreise. Eine Rechnung über 1.958 Euro, die Bordpläne des Schiffes "A-Rosa Riva", eine Steckkarte für Kabine Nr. 109, ein Beschwerdeschreiben.

"Ich will mein Geld zurück, werde notfalls klagen", sagt der 82-jährige Mann. Seine gehbehinderte Ehefrau Ursula, 77, sitzt stumm daneben. Das Rentnerehepaar hat erleben müssen, was es bisher wahrscheinlich noch nie gegeben hat: Sie wurden bei einer Donaukreuzfahrt vom Kapitän des Schiffes verwiesen, mussten am zweiten Tag vorzeitig die Heimreise mit der Bahn antreten. „Ich hatte den Kapitän angebrüllt", gesteht Schmitt ein. Es ging um schlecht ausgeschilderte Wege zu den Toiletten, um mangelnde Barrierefreiheit und "Abzocke".

Der Kreuzfahrttourismus lebt vor allem von Urlaubern, die ihren Lebensabend bei einer beschaulichen Flussreise mit Rundumversorgung genießen wollen. Die Veranstalter und die Hafenstädte rühmen sich jedes Jahr mit neuen Rekordzahlen. Doch bei dieser Massenabfertigung bleibt offenbar manchmal der Mensch auf der Strecke. 250.000 Passagiere jährlich zählt Passau; wegen fehlender Anlegeplätze (und um Kosten zu sparen) ist die Reederei der "A-Rosa-Schiff" in einen 30 Kilometer flussabwärts von Passau gelegen oberösterreichischen Dorfhafen ausgewichen, Engelhartszell. Hier sind auch die Schmitts nach einer Fahrt mit dem Zubringerbus an Bord gegangen.

Verweis wegen Beschwerde



Das betagte Passauer Ehepaar, beide durch Altersleiden (sie gehbehindert, er Prostata-OP) eingeschränkt, hatten mit Zustimmung des Arztes eine einwöchige Donaukreuzfahrt gebucht. Sie endete am zweiten Tag mit einem Drama. "Sie haben uns in Wien des Schiffes verwiesen, weil ich mich lauthals beschwert habe", sagt der 82-jährige Paul Schmitt. Er fordert sein Geld zurück und findet, dass dieser Fall an die große Glocke gehängt gehört.



Die Werbeanzeige in einer Programmzeitschrift glänzte mit "Kaiserin Sissi" und dem berühmten Wiener "Kaffee Sacher". Er wählte die Hotline. "Die Buchung ging schnell", sagt er. Eine Beratung habe nicht stattgefunden. Er freute sich auf Komfort und Vollpension. Von "A-Rosa" kam die Rechnung über 2.000 Euro für sieben Tage, aber es kam anders als erwartet. "Selbst für das Begrüßungsgetränk wurden zwei Euro kassiert", ärgert sich der Passauer. Die Kabine, das war die nächste Enttäuschung, hatte nur ein Fenster zum Fluss, dass sich nicht öffnen ließ. "Außenkabine hatte ich anders verstanden", sagt er. Balkonkabinen gibt es für 100 Euro Aufpreis am Tag.

"Schloss war kaputt"



Am die Probleme ging bereits beim Check-In los. Die Tür der Kabine ließ sich nicht öffnen. Die Steckkarte funktionierte nicht. "Meine Frau ist viermal die Treppen hochgelaufen, um Hilfe zu holen", erzählt er. Jedes Mal sei sie unverrichteter Dinge zurückgekommen, erst beim fünften Mal kam jemand von der Schiffsrezeption mit. Es habe sich herausgestellt: kein Bedienungsfehler. "Das Schloss war kaputt", sagt Schmitt. Die Anbieter der Flusskreuzfahrten setzen auf Urlauber im Ruhestand, aber barrierefrei ist offenbar kein Thema, ärgert er sich über das mühsame Treppensteigen. . "Es gibt am Schiff keine Aufzüge", erklärt dazu eine Pressesprecherin. Bei neueren Schiffen sei das aber vorgesehen.



Die Schmitts hatten sich beide gewünscht, die Reise möglichst bequem für sie von ihrem Zimmerbalkon aus erleben zu können. Schmitt ist an der Prostata operiert worden. Seitdem ist der auf kurze Wege zur Toilette angewiesen. "Wenn ich nicht auf der Kabine war, sondern auf dem Freideck, war das ein Problem", sagt er. Die Wege zu den Toiletten seien lang und schlecht ausgeschildert. Für einen Mann mit Prostataleiden ein Problem, wenn es pressiert.

Krach mit Kapitän



Das führte zum Krach mit dem Kapitän. Er traf ihn beim Anlegemanöver in Wien an der Reling stehend, wollte sich nach der nächsten Toilette erkundigen. Der habe ihn ignorierte und kurz angebunden gesagt "Ich arbeite?", erzählt Schmitt. Es würde genügen, wenn er den Weg andeute, er müsse nichts sagen, wurde Schmitt ungeduldig und immer lauter.

Heute weiß er: Die Toilette wäre ein Deck tiefer, die Treppe hinunter, 40 Meter weit entfernt gewesen. Schmitt begann, den Kapitän anzubrüllen, machte sich die Hose nass.

Für den Kapitän und seine Besatzung war daraufhin die Sache erledigt: Das Ehepaar muss vom Bord. "Es war meine zweite Beschwerde gewesen", sagt Schmitt. Die erste wegen des kaputten Schlosses und des unnötigen Treppensteigens seiner Frau.



Wie Schmitt dem Kapitän eine Szene machte, hatten zwei Gäste auf dem Sonnendeck mitbekommen. Der Ausflug ins Weinviertel Grinzing wäre bevorgestanden. Auch Schmitt und seine Frau hatten diesen Ausflug gebucht. "Aber wir hatten zum Glück noch nicht bezahlt". Es hätte 40 Euro gekostet.

Jetzt will er sein Reisegeld zurück, notfalls klagen. "Ich bin Jurist, mich würde interessieren, wie der Rauswurf gerechtfertigt wird und wer ihn bestimmen darf", sagt er.

(red)

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