Wien

Kardinal Schönborn über die Macht der Lüge

Kardinal Schönborn bedauert den Sturm auf das Kapitol in Washington und erinnert daran, dass die Täter vom Präsidenten angestiftete Belogene waren.

Heute Redaktion
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Der Kardinal, wie man ihn kennt: gütig lächelnd.
Der Kardinal, wie man ihn kennt: gütig lächelnd.
(Bild: Helmut Graf)

Die Bilder vom Sturm auf das Kapitol in Washington gehen mir nicht aus dem Kopf. Wie konnte das geschehen? Fünf Menschen sind tot, zahlreiche verletzt, Büros verwüstet, die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen getreten. Jetzt wird gesagt: Das war ein übler "Mob", der Abschaum der zivilisierten Menschheit. Nein, das waren sie nicht!

Sie waren Verführte, Belogene. Man hat ihnen eingehämmert: Die da oben, Regierung und Parlament, haben euch die Wahl gestohlen. Die Wahlen waren manipuliert. Ihr müsst euch wehren! Wer hat ihnen das pausenlos über Twitter und alle möglichen Kanäle gesagt? Der (noch) amtierende Präsident des mächtigsten Landes der Welt! Schon vor den Wahlen hat er verkündet: Wenn ich nicht wiedergewählt werde, kann das nur Wahlbetrug sein.

Lügen haben zur Gewalt geführt

Er hat zum Protest aufgefordert. Am Schluss: "Geht zum Kapitol!" Die Menge, die das Kapitol stürmte, war überzeugt, gegen den größten Wahlbetrug in Amerikas Geschichte zu kämpften.

Nichts rechtfertigt deren Gewalt. Noch weniger die Lügen, die zur Gewalt geführt haben. So weit kommt es, wenn Wahrheit nicht mehr von Lüge unterschieden wird. Welche Warnung vor der Macht der Lüge!

    Im Capitol in Washington spielten sich am Mittwoch verstörende Szene ab, die man bisher höchstens aus Hollywood-Filmen kannte.
    Im Capitol in Washington spielten sich am Mittwoch verstörende Szene ab, die man bisher höchstens aus Hollywood-Filmen kannte.
    Reuters/AFP
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