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Karin Bergmann bleibt Burgtheater-Chefin

Heute Redaktion
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Bild: Lisi Niesner

Das Rätsel um die Nachfolge von Matthias Hartmann an der Spitze des Burgtheaters ist gelöst. Die derzeitige interimistische Chefin Karin Bergmann bleibt weiterhin im Chefsessel des hoch verschuldeten und Skandal-gebeutelten Hauses.

Das Rätsel um die Nachfolge von Matthias Hartmann an der Spitze des Burgtheaters ist gelöst. Die derzeitige interimistische Chefin bleibt weiterhin im Chefsessel des hoch verschuldeten und Skandal-gebeutelten Hauses.

der Kärntner Regisseur und Intendant des Münchner Residenztheaters, Martin Kusej und der deutsche Regisseur Michael Thalheimer im Gespräch.

Karin Bergmann bleibt auch über 30. August 2016 an der Spitze des Hauses. Die langjährige Mitarbeiterin des Burgtheaters war nach Entlassung von Direktor Matthias Hartmann am 19. März als erste Frau in der Geschichte des Hauses an die Spitze berufen worden. Ihr Vertrag läuft nun bis 31. August 2019.

Bei der folgenden Ausschreibung für die Übernahme der künstlerischen Leitung ab 1. September 2016 waren 21 Bewerbungen eingegangen. Eine Findungskommission erstellte schließlich einen Zweier-Vorschlag, aus dem Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) seine Entscheidung traf.

Die Burgtheater-Direktoren seit 1945:

Karin Bergmann  2014 (vorerst interimist.) bis voraussichtlich 2019

Matthias Hartmann 2009-2014

Klaus Bachler 1999-2009

Claus Peymann 1986-1999

Achim Benning 1976-1986

Gerhard Klingenberg 1971-1976

Paul Hoffmann 1968-1971

Ernst Haeusserman 1959-1968

Adolf Rott 1954-1959

Josef Gielen 1948-1954

Erhard Buschbeck (prov. Leiter) 1948-1948

Raoul Aslan 1945-1948

Umblättern: Die Chronologie des Burgtheater-Skandals: Von der rosaroten Brille bis zum Anwalts-Gemetzel

Burgtheater: Die Chronologie des Skandals

Skandal an der Burg: Ein Finanzloch so groß wie der Atlantik, Vorwürfe gegen die Geschäftsführung. Erst warf man die hemalige kaufmännische Leiterin Silvia Stantejsky raus, dann folgte wenige Monate später Direktor Matthias Hartmann. Seitdem prozessieren alle Pareiten gegeneinander. Hier die Geschichte des "skurrilen Theaters":

Rosarote Brille: Alle sind voneinander begeistert, Geld ist keines da

18. April 2008: Silvia Stantejsky wird kaufmännische Geschäftsführerin. Seit 1980 war sie davor schon Leiterin des Betriebsbüros des Burgtheaters. Stantejsky meint, sie bräuchte 3 bis 3,5 Millionen Euro mehr für die Burg.

22. April 2009: Bei seiner ersten Pressekonferenz meint der neue Direktor Matthias Hartmann, in Zürich habe man ihn zuletzt vorwiegend nach Auslastungs- und Budgetzahlen gefragt, was ihm "zum Hals raushängt". Das Finanzielle überlässt er gern Silvia Stantejsky.

16. Februar 2010: Holding-Chef Georg Springer vertraut dem internen Controlling der Bundestheater voll und ganz. "Wenn es jemand aber darauf anlegt, können sie in Wahrheit nur durch Zufall oder in Form von Stichproben draufkommen", sagt Springer.

Jänner 2011: Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann zieht den Theaterfinanz-Experten Peter Raddatz hinzu, um ein genaueres Bild der finanziellen Lage sowie der Buchungs- und Abschreibungspraxis zu bekommen.

20. Juni 2011: An der Burg könnte man bis zu 14 Mio. Euro "optimieren".  Holding-Chef Georg Springer sieht die Möglichkeit, über einen Zeitraum von fünf Jahren "etwa sieben bis zehn Prozent der uns von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellten Basisabgeltung" effizienter einzusetzen.

15. Februar 2013: Die kaufmännische Geschäftsführerin des Burgtheaters, Silvia Stantejsky, verzichtet auf neuerliche Bewerbung bei der Ausschreibung ihres Postens. Stattdessen wird Stantejsky ab 1. September Stellvertreterin des künstlerischen Direktors.

Das Geld wird knapp.

16. Mai 2013: Bei der Spielplan-Präsentation für die Saison 2013/14 sagt Hartmann: "Der Tag, an dem es nicht mehr geht, ist bereits verstrichen."

21. Mai 2013: Thomas Königstorfer, bisher kaufmännischer Geschäftsführer der Musiktheater Linz GmbH, wird neuer kaufmännischer Direktor am Burgtheater (ab 1. September).

Die Zeit der Entlassungen, Dementis und Prozesse: Der Skandal kommt ans Licht
11. November 2013: Im Zuge einer Gebarungsprüfung der von Stantejsky als kaufmännische Geschäftsführerin verantworteten Geschäftsjahre treten Ungereimtheiten auf, die nicht geklärt werden können. Silvia Stantejsky wird suspendiert und am 18. November fristlos entlassen.

2. Dezember 2013: Silvia Stantejsky klagt

17. Dezember 2013: Thomas Königstorfer, der kaufmännische Geschäftsführer des Burgtheaters, informiert die Bundestheater-Holding darüber, dass der Jahresverlust bei 8,5 Mio. Euro liegen könnte - dazu könnten noch Steuernachzahlungen in Millionenhöhe kommen.

7. Jänner 2014: Die Schauspielerinnen und Schauspieler des Burgtheaters stellen sich bei einer Ensembleversammlung auf die Seite Stantejskys.

14. Jänner 2014: Hartmann sagt im Interview: "Ich habe nicht weggeschaut, weil ich solche Dinge nicht sehen kann, die sehen nur die Wirtschaftsprüfer. Weiters spricht er davon, von seinem Vorgänger Klaus Bachler "eine Verbindlichkeit von 15,3 Millionen geerbt" sowie "in Bochum und Zürich zwei Sanierungsfälle als Theater geerbt und beide saniert zurückgelassen" zu haben. Wütende Dementis der Betroffenen sind die Folge.

22. Jänner 2014: Im Studio-Interview in der "ZiB2" spricht Springer davon, Stantejsky habe als kaufmännische Geschäftsführerin "eine sehr intelligente Schattenorganisation aufgebaut" und "dolose Handlungen" gesetzt.

28. Jänner 2014: Im bis dahin einzigen Interview bestreitet Stantejsky im Radiosender Ö1 alle Vorwürfe energisch: "Sowohl Dr. Springer als auch der Aufsichtsrat wird von sämtlichen buchhalterischen Entscheidungen informiert. (...) "Ich möchte vehement festhalten, dass ich mich in keiner Weise bereichert habe."

10. Februar 2014: Der forensische Zwischenbericht von KPMG sieht "deutliche Indizien für gefälschte Belege und die Vorspiegelung falscher Tatsachen" durch Silvia Stantejsky.

14. Februar 2014: Die Ensembleversammlung des Burgtheaters beschließt ein Misstrauensvotum gegen Direktor Matthias Hartmann und Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer.

27. Februar 2014: Der Endbericht von KPMG wird von Holding-Chef Springer in einer Pressekonferenz zusammengefasst vorgelegt, dieser belastet Silvia Stantejsky schwer. Der Verdacht auf Urkunden-, Beweismittel- und Bilanzfälschung, Geldwäsche und Untreue hat sich demnach erhärtet, die Staatsanwaltschaft wird eingeschaltet. Springer räumt eine Mitverantwortung für die Krise ein, Hartmann weist weiter jede Verantwortung von sich. Stantejsky wehrt sich gegen die Vorwürfe und sieht sich als "Sündenbock".

7. März 2014: Laut Aufsichtsratsprotokoll sind auch überhöhte Führungsgagen ein Grund für die Budgetüberschreitungen am Burgtheater. Besonders hoch sind demnach die Kosten für Regie, Bühne, Kostüm, Licht und Co bei Produktionen gewesen, die Burgtheater-Chef Matthias Hartmann als Regisseur betreute. Das Burgtheater weist diese Vorwürfe zurück.

10. März 2014: Direktor Hartmann legt sein Amt "tief getroffen von den öffentlichen Anfeindungen und Kampagnen" vorübergehend nieder. Sowohl Kulturminister Ostermayer als auch die Bundestheater-Holding sind von diesem Schritt vorab nicht informiert gewesen. Ostermayer will am Folgetag das Rechtsgutachten zur möglichen Mitverantwortung von Hartmann präsentieren.

11. März 2014: Der Kulturminister zieht die Konsequenzen aus der Finanzaffäre des Burgtheaters und entlässt Direktor Matthias Hartmann. Georg Springer legt indes alle Aufsichtsratsfunktionen zurück, bleibt aber Geschäftsführer der Bundestheater-Holding. Holding-Prokurist Othmar Stoss soll Springer in den Aufsichtsräten nachfolgen.

Burgtheater: Jeder gegen jeden - Gemetzel mit Anwälten
19. März 2014: Karin Bergmann wird zur Interimschefin des Wiener Burgtheaters bestellt. Sie steht als erste Frau in der Geschichte des Hauses an der Spitze des Theaters. Die 60-Jährige übernimmt bis 31. August 2016.

26. März 2014: Hartmanns Anwälte geben bekannt, dass sie in einer Klage die Entlassung als "unberechtigt" und "unwirksam" bekämpfen. Hartmanns will knapp unter zwei Mio. Euro.

7. April 2014: Im Wiener Arbeits- und Sozialgericht (ASG) beginnt der Prozess um die Entlassung der Burgtheater-Vizedirektorin Silvia Stantejsky.

9. April 2014: Die künstlerische Geschäftsführung des Burgtheaters wird neu ausgeschrieben. "Spätestens zum 1. September 2016" soll der Posten neu besetzt werden.

18. April 2014: Schauspieler Gert Voss, Dramaturg Hermann Beil, Regisseur Götz Spielmann, Operndirektorin Elisabeth Sobotka sowie die Burgtheater-Aufsichtsräte Christian Strasser und Susanne Moser sind Mitglieder jener Findungskommission, die dem Kulturminister Vorschläge für die künftige Burgtheater-Direktion unterbreiten soll.

25. April 2014: Auf einer Pressekonferenz geben Karin Bergmann und der kaufmännische Geschäftsführer Thomas Königstorfer bekannt, dass eine Patronatserklärung der Holding und der Verkauf der Probebühne an die Holding-Tochter Art for Art das Burgtheater vor der Insolvenz bewahrt hätten. Das Burgtheater hat 2012/13 einen Bilanzverlust von 19,64 Mio. Euro geschrieben. Neben 8,6 Mio. Euro, mit denen hauptsächlich das geforderte neue Abschreibungssystem als Minus zu Buche schlägt, gibt es noch 11 Mio. an Risikorückstellungen.

17. Juni 2014: Das Budget des Burgtheaters für 2014/15 wird vom Aufsichtsrat genehmigt. Dank Einsparungen in der Höhe von 4,2 Mio. Euro konnte ein ausgeglichenes Budget vorgelegt werden, das Kasino wird in reduzierter Form weitergeführt.

23. Juni 2014: Georg Springer, Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, kündigt seinen Rücktritt mit Ende Juni an. Springers Stellvertreter Othmar Stoss übernimmt vorübergehend die Geschäfte.

24. Juni 2014: Vor dem Wiener Arbeits- und Sozialgericht startet der Arbeitsgerichtsprozess, den Matthias Hartmann gegen sein ehemaliges Haus angestrengt hat. Hartmann bestreitet die Rechtmäßigkeit seiner Kündigung und klagt auf Entschädigung.

27. Juni 2014: Das Verfahren, das die Burgtheater GmbH am Arbeits- und Sozialgericht gegen Matthias Hartmann begonnen hat, wird nach der ersten Tagsatzung vorläufig geschlossen. In ihrer Klage fechtet das Burgtheater die Anfang 2012 durch Ex-Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) durchgeführte Verlängerung des ursprünglich bis Ende August 2014 laufenden Vertrages "wegen Irrtum und Arglist" an. Hätte man damals schon von den Vorfällen an der Burg gewusst, so die Begründung, wäre diese Verlängerung nicht entstanden.

9. Juli 2014: Die Bundestheater-Holding und das Burgtheater klagen laut einem Bericht in der "Presse" die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). PwC habe ab 2005/06 fünf Jahre lang die Bilanzen des Burgtheaters geprüft und den Jahresabschluss stets mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen. Am selben Tag gibt Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) Günter Rhomberg als interimistischen Geschäftsführer der Bundestheater-Holding ab 1. September bekannt.

13. Juli 2014: Der Schauspieler Gert Voss, der auch als Mitglied der Findungskommission fungiert, stirbt überraschend im Alter von 72 Jahren.

23. Juli 2014: Die Prüfung des Rechnungshofs der Bundestheater-Holding fällt vernichtend aus: So habe die Holding im überprüften Zeitraum von 2009/10 bis 2011/12 ihre "strategische Führungsrolle" als Kontrollinstanz ihrer Tochtergesellschaften Burgtheater, Volksoper und Staatsoper nicht wahrgenommen.

26. Juli 2014: Grünen-Parteichefin Eva Glawischnig will laut "Kleiner Zeitung" die Verantwortung Claudia Schmieds klären. Sie soll im Herbst zu einer öffentlichen Aussprache in den Rechnungshofausschuss im Parlament geladen werden.

7. August 2014: Das Rechtsgutachten Thomas Angermairs zu etwaigen strafrechtlichen Konsequenzen infolge des Rechnungshofberichts zu den Bundestheatern empfiehlt Schadenersatzforderungen gegen den ehemaligen Holding-Chef Georg Springer.

8. September 2014: Matthias Hartmann und der Theater-Finanzexperte Peter F. Raddatz erheben in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" heftige Vorwürfe. Ein System zur Verschleierung von Schulden sei am Haus schon lange praktiziert worden.

9. September 2014: Die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann sowie Ex-Burgtheater-Geschäftsführerin Silvia Stantejsky wegen Verdachts der Untreue, grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen, Bilanzfälschung und Abgabenhinterziehung. Auch gegen die Burgtheater GmbH und Ex-Holding-Chef Georg Springer wird ermittelt.

11. September: In den Medien kursieren Namen über mögliche Burgtheaterdirektoren. So vermeldet das Magazin "News", dass die Findungskommission mit dem Kärntner Regisseur und Intendant des Münchner Residenztheaters, Martin Kusej, dem deutschen Regisseur Michael Thalheimer sowie Interims-Direktorin Karin Bergmann Gespräche geführt habe. Als weitere Kandidaten werden Ulrich Khuon (Intendant des Deutschen Theaters Berlin), Frank Baumbauer (ehemaliger Intendant der Münchner Kammerspiele und Ex-Schauspielchef der Salzburger Festspiele) und Wilfried Schulz (Intendant des Dresdner Schauspielhauses) genannt. Postwendend kommen Dementis, darunter von Kusej, der betont, für eine Direktion "nicht zur Verfügung" zu stehen.

24. und 25. September 2014: In der zweiten und dritten Tagsatzung in Matthias Hartmanns Prozess am Arbeits- und Sozialgericht wird insgesamt 25 Stunden verhandelt. Richterin Kristina Heissenberger befragt neben Hartmann Zeugen wie Ex-Holding-Chef Georg Springer, Anwalt Thomas Angermair oder Kulturminister Ostermayer zu den Ereignissen vor Hartmanns Entlassung. Weitere Tagsatzungen werden für Ende November sowie Dezember anberaumt.

6. und 8. Oktober 2014: Auch im Arbeitsgerichtsprozess der ehemaligen kaufmännischen Direktorin Silvia Stantejsky kommt es zu umfangreichen Einvernahmen der Klägerin, die sich zu Unrecht entlassen sieht. Die ersten Befragungen drehen sich hauptsächlich um jene 9.000 Euro, die sich Stantejsky auf ihr Privatkonto überwies und die den Stein des Anstoßes bildeten. Dabei handle es sich um Geld, das sie dem Haus vorgestreckt habe, sagt sie.

14. Oktober: Kulturminister Josef Ostermayer gibt Karin Bergmann als neue Burgtheater-Chefin bekannt.