Österreich
Kasernen-Todesschütze: So belastet ihn Mithäftling
Nach 42 Tagen Freiheit sitzt Ali Ü. wieder unter Mordverdacht in U-Haft. Ein Häftling belastet den Heeres-Todesschützen massiv.
Eine Sporttasche mit persönlichen Gegenständen, zwei Anzüge auf einem Kleiderbügel – so kam Ali Ü. gestern in die Haftanstalt Wien-Josefstadt. Minuten, bevor er von der Polizei abgeholt worden wäre, stellte er sich der Justiz – wohl aus Angst, in Handfesseln von zuhause abgeführt zu werden. Dass er den feinen Zwirn mit in den Häf'n genommen hat, zeigt: Der Todesschütze (22) rechnet nicht mehr mit einer Freilassung vor seinem Prozess.
Neuer Belastungszeuge aufgetaucht
Und das wohl aus gutem Grund: Laut Oberlandesgericht Wien gibt es wenige Wochen nach seiner völlig überraschenden Enthaftung dringende Verdachtsmomente in Richtung einer Vorsatztat. „Heute"-Informationen zufolge hat der penibel nachforschende Staatsanwalt einen neuen Belastungszeugen gefunden – er ermittelt nun wegen Mordverdachts.
"Er hat mich immer gehänselt"
Wie berichtet, tötete Ali Ü. seinen Kameraden Ismail M. (20) im Oktober mit einem Sturmgewehr im Wachecontainer der Albrechtskaserne in Wien-Leopoldstadt. „Es war ein Unfall", beteuerte er danach immer wieder und kam tatsächlich nach einer Tatrekonstruktion Ende Jänner frei. Einem Mithäftling soll er in der Justizanstalt Josefstadt zuvor allerdings gebeichtet haben, absichtlich abgedrückt zu haben – „weil Ismail mich immer gehänselt hat".
Zeuge nach Einvernahme verlegt
Der Iraner, der wegen Kirchen-Einbrüchen sitzt, musste immer wieder an die Familie des Opfers denken – schrieb daher einen Brief mit den brisanten Infos zur Bluttat. Er wurde nun vom Staatsanwalt einvernommen. Damit sich Todesschütze und Belastungszeuge in der Wiener Haftanstalt jetzt nicht neuerlich über den Weg laufen, wurde er sofort nach seiner Aussage in ein Gefängnis in einem anderen Bundesland verlegt. Für Ali Ü. gilt die Unschuldsvermutung.
Familie des Toten: "Glauben wieder an Gerechtigkeit"
Sie haben das Liebste verloren, das sie hatten: Im Oktober des Vorjahres mussten die Eltern des erschossenen Rekruten und seine drei Geschwister dem 20-Jährigen ins Grab nachsehen. Von Anfang Anfang an betonten die gebürtigen Türken: „Wir wollen keine Rache, sondern volle Aufklärung …"
Ein weiterer Schlag für die schicksalsgeplagte Familie war dann die Freilassung des Verdächtigen Ende Jänner: „Wir sind fassungslos darüber – denn seine Unfallvariante können wir nicht nachvollziehen."
Umso erleichterter reagierten Schwester Hanife (23), Schwager Ümit und die restlichen Familienmitglieder, als ihnen ihr Anwalt Philipp Winkler am Montag die neueste Wendung mitteilte. Zu den intensiven Mordermittlungen sagten die Angehörigen: „Wir glauben jetzt wieder an die Gerechtigkeit und sind sehr, sehr glücklich über die Entscheidung des Gerichts, ihn wieder in Untersuchungshaft zu nehmen."
Die Mittags-Show: "Heute"-Reporter erklärt Wende im Fall des toten Rekruten, der in der Kaserne durch Schüsse sterben musste