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Kassierte "Landwirt" Mensdorff 12,6 Millionen ?

Heute Redaktion
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Unter regem Medieninteresse ist am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly und den Mitangeklagten Kurt D. eröffnet worden. Um Punkt 9.30 Uhr betrat der 59-jährige Graf den Großen Schwurgerichtssaal, wo er sogleich auf der Anklagebank Platz nahm und in betont lässiger Pose ein minutenlanges Blitzlichtgewitter über sich ergehen ließ.

Unter regem Medieninteresse wurde am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly und den Mitangeklagten Kurt D. eröffnet. Um Punkt 9.30 Uhr betrat der 59-jährige Graf den Großen Schwurgerichtssaal, wo er auf der Anklagebank Platz nahm und in betont lässiger Pose ein minutenlanges Blitzlichtgewitter über sich ergehen ließ. In seinem Plädoyer klagte der Staatsanwaltschaft, wieso er nicht wegen Bestechung anklagen konnte. Die Verteidigung sieht "Notlösung".

Nachdem Richter Stefan Apostol das recht zahlreich erschienene Publikum ersucht hatte, im Hinblick auf die schlechte Akustik im Gerichtssaal nicht miteinander zu sprechen und zu flüstern, wurde Mensdorff zu seinen Generalien befragt. Als Beruf gab er "Landwirt und Konsulent" an. Sein aktuelles Jahreseinkommen bezifferte er mit 35.000 bis 40.000 Euro. Die Frage nach allfälligen Verbindlichkeiten beantwortete Mensdorff zunächst mit "100.000 Schilling", ehe er seinen Irrtum erkannte und sich auf Euro korrigierte.

Der zentrale Vorwurf der Anklage: vom britischen Rüstungskonzern BAE Systems sollen 12,6 Mio. Euro zu Bestechungszwecken zugeflossen sein. Der "kleine Bauer aus dem Südburgenland" (Selbstbezeichnung), der 1992 mit dem Unternehmen einen Berater-Vertrag abgeschlossen hatte, soll über den mitangeklagten Kurt D. die auf den Jungfern-Inseln geparkten Gelder verwendet haben, um damit Beschaffungsvorgänge in Zentral-und Osteuropa zugunsten von BAE Systems zu beeinflussen.

Mensdorff drohen 5 Jahre Haft

Daneben wird dem Ehemann der früheren ÖVP- Umwelt- und Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat noch falsche Zeugenaussage in zwei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen und Vorlage eines angeblich gefälschten Beweismittels angekreidet. Richter Stefan Apostol hat vorerst zehn Verhandlungstage geplant, das Urteil soll am 17. Jänner fallen. Für Mensdorff geht es um bis zu fünf Jahre Haft. Als "Blödeln" bezeichnet Günther Kräuter, einst SPÖ-Fraktionsführer im Eurofighter-U-Ausschuss, Mensdorffs Verhalten vor dem Ausschuss gegenüber "derstandard.at". Vor Gericht sei jetzt aber "Schluss mit lustig".

Staatsanwalt: Illegale Geschäftspraktiken

Staatsanwalt Michael Radasztics machte in seinem Eröffnungsplädoyer klar, dass es im gegenständlichen Verfahren primär um illegale Geschäftspraktiken des britischen Rüstungskonzerns BAE Systems geht. Der Konzern habe "in Umgehung gesetzlicher Regeln Geld aus dem Unternehmen gebracht, ohne dass es jemand merkt". Man habe sich dazu des "guten alten Berater-Vertrags bedient", der "intransparente Zahlungen" ermöglicht hätte.

12,6 Millionen zwischen 2000 und 2008

Einer dieser Berater war Alfons Mensdorff-Pouilly. BAE Systems habe grundsätzlich das Berater-System "ausgenutzt, um Zahlungen zu Korruptionszwecken in Europa und anderen Teilen der Welt zu ermöglichen". Im Zeitraum 2000 bis 2008 soll BAE Systems 12,6 Mio. Euro überwiesen haben. Insgesamt landeten laut Staatsanwalt auf den vier Konten der ihm zugerechneten Gesellschaft Brodmann Business SA 15,1 Mio. Euro, da Mensdorff auch für andere Unternehmen - laut Anklage etwa die Erste Bank - Berater-Tätigkeiten ausübte und auch mit diesen Honoraren die Konten der Brodmann gespeist haben soll.

Wo die angeblich zum Zwecke der Korruption investierten Gelder gelandet sind und wer damit konkret geschmiert wurde, vermag die Staatsanwaltschaft allerdings nicht zu sagen. Ihr Verbleib "konnte nicht aufgeklärt werden", heißt es dazu im Strafantrag. Eine wesentliche Rolle bei den inkriminierten Vorgängen spielte laut Anklage die von BAE Systems 1998 auf den British Virgin Islands gegründete Red Diamond Trading Limited, über die der Rüstungskonzern Schmiergeldzahlungen abgewickelt haben soll, die nach außen hin als Honorare für Berater-Leistungen ausgewiesen wurden.

Geheim-Gesellschaft

Die brisanten Unterlagen dieser geheimen Gesellschaft, von deren Existenz bei BAE Systems angeblich nur ein ebenso verschworener wie erlesen kleiner Kreis von Entscheidungsträgern wusste, wurden in einer eigens dafür ins Leben gerufenen Tochterfirma aufbewahrt, die im Wesentlichen aus einem Büro in Genf bestand. Mittels mehrerer Briefkastenfirmen - die Valurex International SA, die Foxbury International SA und die Prefinor International Inc. ließ BAE dann Millionen verteilen.

Verteidigung: "Notlösung"

Die Verteidigung von Alfons Mensdorff-Pouilly hat die Anklage gegen den Waffenlobbyisten als „Notlösung“ bezeichnet. Weil der Staatsanwalt keine Bestechung habe nachweisen können, wie er selbst gestand, habe er Geldwäsche und die Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Letzteres sei wie beim Tierschützer-Prozess. Die Bildung einer kriminellen Vereinigung – „das schaut ganz nett aus“, sagte Anwalt Harald Schuster. In Wahrheit habe die Staatsanwaltschaft gar nichts gegen Mensdorff in der Hand.

Auch den Vorwurf der falschen Zeugenaussage und Fälschung eines Beweismittels wies Schuster zurück: “Glauben Sie, wenn der Mensdorff was fälschen würde, wäre das nicht tipptopp?“ Der Graf, der am Beginn der Ausführungen seines Anwalts etwas unrund wirkte, lächelte an dieser Stelle versonnen. Er bekannte sich in allen Anklagepunkten nicht schuldig. Schuster ging zudem ausführlich auf das Verfahren in Großbritannien ein, das gegen die Übernahme von Bußzahlungen durch den Rüstungskonzern BAE eingestellt wurde.

Seite 2: Das Plädoyer der Staatsanwaltschaft: "Konnte Bestechung nicht anklagen!"

Staatsanwalt Michael Radasztics zeigte sich überzeugt, dass mit den von BAE Systems in Richtung Alfons Mensdorff-Pouilly geflossenen Geldern "Bestechung stattgefunden hat". Er könne dies aber nicht mit der für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit nachweisen: "Das gibt das Ermittlungsverfahren nicht her." Es gebe keine schriftlichen Belege für Schmiergeld-Zahlungen, keine sonstigen Beweise und auch keine Kronzeugen: "Das führt im Ergebnis dazu, dass ich Bestechung nicht anklagen konnte."

Tatbestand der Geldwäsche

Dafür liege der Tatbestand der Geldwäsche zweifelsfrei vor. Die entsprechenden Zahlungsflüsse untermalte der Ankläger mit einer meterlangen Papierschlange, die er im Vorfeld im Schwurgerichtssaal aufhängen hatte lassen. Auf dieser waren die für die Anklagebehörde relevanten Überweisungen und Transaktionen penibel aufgezeichnet.

Darüber hinaus habe Mensdorff im Ermittlungsverfahren ein gefälschtes Beweismittel vorgelegt, mit dem er nachweisen wollte, dass er auf Anweisung seines Mentors Timothy Landon ein Investment in Dubai getätigt hatte, setzte der Staatsanwalt fort. Diese Zahlungsbestätigung sei "eindeutig eine Fälschung".

Unwahrheit um U-Ausschuss?

Zusätzlich habe der Graf insgesamt drei Mal bei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen die Unwahrheit gesagt, indem er am 21. Mai 2007 erklärte, BAE Systems keine Informationen über Beschaffungsvorgänge für das österreichische Bundesheer weitergeleitet zu haben. Am 21. März 2012 und am 26. Juni 2012 habe Mensdorff gelogen, indem er abstritt die Brodmann Business SA sei seine Firma bzw. stünde er mit der Gesellschaft in einer Geschäftsbeziehung.

Zu wenig Personal

Grundsätzlich bedauerte der Staatsanwalt die lange Verfahrensdauer. Während die britische Anti-Korruptionsbehörde Serious Fraud Office (SFO) in diesem Fall 19 Ermittler eingesetzt habe, könne seine Behörde in personeller Hinsicht damit nicht einmal annähernd mithalten. "Die spielen leider in einer völlig anderen Liga", hielt Radasztics fest. Darüber hinaus wären Rechtshilfeersuchen an ausländische Behörden geraume Zeit unbeantwortet geblieben. England habe sich bis zur Übermittlung begehrter Unterlagen ein Jahr, Liechtenstein zwei Jahre und drei Monate Zeit gelassen.

Der Umstand, dass die britischen Behörden die Ermittlungen gegen BAE Systems und damit auch gegen Mensdorff-Pouilly fallen gelassen hatten, nachdem der Konzern Bußgeld-Zahlungen von umgerechnet 326 Mio. Euro akzeptiert hatte, sei kein Grund, den Grafen in Österreich nicht zur Anklage zu bringen. "Das war eine vorläufige, administrative Einstellung und hindert die weitere Strafverfolgung nicht."