Österreich
Kein Urteil im Bauchschuss-Prozess
Wegen versuchter Mordes und zweifacher Körperverletzung hat sich ein 54-Jähriger am Montag am Landesgericht Wiener Neustadt verantworten müssen. Der gelernte Tischler soll am 24. November 2011 den Besitzer eines Nachtlokals in Theresienfeld durch Schüsse in den Bauch schwer verletzt haben. Ein Urteil gab es nicht: Die Verhandlung wurde zur Einholung weiterer Gutachten auf den 8. November vertagt.
Der Angeklagte, der laut psychiatrischem Gutachten durch jahrelangen Alkohol- und Medikamentenmissbrauch an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung leidet, wartete mit einer abenteuerlichen Version auf: Nach einem Streit mit seiner Frau habe er Selbstmord begehen wollen, wozu ihm aber letztlich der Mut gefehlt hätte. Deshalb habe er am Tag der Tat - nach dem Konsum von drei Litern Glühwein und etlichen schweren Schmerzmitteln - seinen großkalibrigen Revolver eingesteckt.
"Mir kam die Idee, mich erschießen zu lassen"
Auf einer Parkbank habe er russisches Roulette gespielt. "Zweimal habe ich abgedrückt, aber es hat nur 'Klack' gemacht", erzählte er den Geschworenen. Noch ein weiteres Mal abzudrücken, dazu habe er nicht mehr die Kraft gehabt. "Da ist mir die Idee gekommen, mich erschießen zu lassen". Deshalb sei er in ein Bordell gefahren, um den Barbesitzer so zu provozieren, dass dieser ihn erschieße.
Prostituierte geschlagen
Der Etablissement-Chef hatte allerdings gar keine Waffe. Er wollte den 54-Jährigen lediglich zur Rede stellen, weil dieser nach einer "Liebesstunde" eine Prostituierte geschlagen hatte. Da drückte der Angeklagte insgesamt dreimal ab. Ein Schuss traf den 37-Jährigen in den Bauch und durchbohrte den Dünndarm. "Er ist mir in die Schusslinie gewackelt", meinte der Beschuldigte dazu.
An Näheres wollte er sich nicht mehr erinnern. "Es war eine Kurzschlusshandlung. Es gab eine Rangelei, die zwei Männer haben gekämpft, da haben sich die Schüsse gelöst", erklärte Verteidiger Roland Friis. Dass er an jenem Tag auch seine (mittlerweile geschiedene) Ehefrau geschlagen und ebenso wie die Prostituierte verletzt hatte, gab der Angeklagte zu.
Zwei zusätzliche Gutachten angefordert
Obwohl der Angeklagte bei der Tat 2,1 Promille Alkohol im Blut hatte, hielt ihn der Gerichtspsychiater für zurechnungsfähig. Trotz des enormen Alkoholisierungsgrades sei bei dem Angeklagten die "Einsichtsfähigkeit aufgrund der Gewöhnung durch jahrelangen Alkohol-und Opioiden-Missbrauch nicht aufgehoben gewesen", argumentierte der Psychiater. Friis wollte das nicht so hinnehmen, er forderte zwei zusätzliche Gutachten.