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Keine Puste? Weltklasse? Das ist Thiems Sieg echt wert

Tennis-Ass Dominic Thiem gewann in Salzburg das erste Tennismatch nach 419 Tagen. Was ist dieser Sieg wert? Wie gut ist er wirklich?

Martin Huber
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Thiem siegte nach 419 Tagen wieder: erste Fortschritte, viel Aufholbedarf. 
Thiem siegte nach 419 Tagen wieder: erste Fortschritte, viel Aufholbedarf. 
GEPA

Am Ende der Partie blitzte seine Klasse auf. Und nach dem Matchball auch sein Siegerlächeln, was viele Tennisfans im Land viel zu lange vermisst haben. 419 Tage war Dominic Thiem am Tennisplatz ohne Erfolgserlebnis geblieben. 14 elendslange Monate. Am Dienstagabend beendete er im Salzburger Volksgarten beim ATP-Challenger-Turnier die schwarze Serie, ballte vor 1.000 Zusehern die Siegerfaust. 

Die Erleichterung war groß. Im Tennisland generell, bei Platzsprecher Andreas Du-Rieux sowieso und auch beim zuletzt schwächelnden US-Open-Sieger. "Das Lächeln auf meinem Gesicht sagt alles. Ich bin so glücklich mit meinem heutigen Spiel. Wichtig war, dass ich das über die Ziellinie bringe", strahlte Thiem. 

6:4, 7:5 schlug die ehemalige Nummer drei der Welt im achten Comeback-Anlauf nach der Handgelenkverletzung den 20-jährigen Steirer Filip Misolic, der in der Weltrangliste 136 Plätze besser klassiert ist als er selbst.

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Was ist Thiems erster Sieg wert?

Kommentator Franz Hofbauer, seit vielen Jahren Tennischef im ORF, tat sich schwer bei der Einordnung. Er schwankte bei der Live-Übertragung je nach Spielstand mit seinem Urteil. Nach 40 Minuten Spielzeit erkannte er "keine Puste" mehr bei Misolic. Fast eine Stunde später attestierte er ihm dann eine "Weltklasseleistung" und überschüttete ihn mit Lob. 

Richtig ist: Misolic spielte brav, half Thiem mit Fehlern ab Mitte des zweiten Satzes aber gehörig beim ersten Sieg. Und: Seine Matchvorbereitung war alles andere als optimal. Am Sonntag spielte der Neo-Schützling von ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer noch im Finale der Staatsmeisterschaften im Burgenland. Nach der Siegerehrung setzte er sich ins Auto, fuhr nach Salzburg und gewann dort sofort die erste Quali-Runde.

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    Tennis-Held Dominic Thiem! Wir zeigen in einer großen Diashow das Leben des rot-weiß-roten Sportstars.
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    gepa-pictures.com

    Thiem bereitete sich zwei Wochen in Spanien mit Andrey Rublew gezielt auf sein erstes Match seit den French Open vor. Er sagte zuvor seinen Start in Wimbledon ab, obwohl dieser im Team bereits abgesegnet war. Nach dem Trainingsblock in Spanien reiste er vier Tage vor dem ersten Aufschlag nach Salzburg, um dort mit "den Schlägen wieder Schaden anzurichten". Thiem tat das gegen Misolic viel zu selten. Er tat sich das ganze Match über schwer, glänzte nur am Ende. Sein Auftritt ließ dennoch erste Fortschritte erkennen, der Aufholbedarf bleibt aber groß

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    Schläge

    Die Vorhand, seine größte Baustelle beim Comeback, war etwas kraftvoller, Winner blieben trotzdem die Ausnahme – es gab keine Leistungsexplosion. Sechs Wochen sind seit der trostlosen Abfuhr gegen Hugo Dellien in der ersten Paris-Runde verstrichen. Positiv: Thiem zeigte sich bei der Shot Selection, der Auswahl seiner Schläge, verbessert. Wirklich Schaden richtete er aber zu selten an. Die Vorhand bleibt fehleranfällig. Aber: 24 unerzwungene Fehler in zwei Sätzen mit seinem Paradeschlag wie beim Match gegen Andy Murray in Madrid scheinen Vergangenheit zu sein.     

    2
    Körper

    Thiem bezeichnet sich selbst als "topfit". Im Volksgarten kam er in den Abendstunden zwar gehörig ins Schwitzen, die Physis war in diesem Match aber kein entscheidender Faktor. Auffällig und positiv: Thiem bewegte sich besser und natürlicher als bei seinen letzten Auftritten. Er stand besser zu den Schlägen, tat sich deshalb mit dem Timing leichter und reduzierte die Fehlerquote.

    3
    Spiel

    Dominieren konnte Thiem das Spiel nie. Das ist nicht neu, war auch vor der Handgelenkverletzung in den ersten Monaten der Saison 2021 schon offensichtlich. Misolic bereitete ihm in beiden Sätzen mit solidem Grundlinienspiel Probleme. Thiem lag im ersten Satz 3:4 hinten, dann brachte eine Verletzungspause Misolic aus dem Rhythmus. Im zweiten Satz gab Thiem ein frühes Breaks aus der Hand, er verlor die Spielkontrolle, kämpfte sich dann zurück und drehte ein 2:5. Die fehlende Dominanz liegt auch an der passiven Platzierung Thiems am Platz. Er baut sein Spiel weit hinter der Grundlinie auf, geht nur selten in den Platz.  

    4
    Kopf

    Das liegt natürlich auch am Kopf und dem fehlenden Selbstvertrauen. Thiem war mental immer ein extrem starker Spieler. "Diese Gabe hatte er am Tennisplatz schon bei Jugendturnieren", sagte sein Opa Josef Müllner einmal zu "Heute". Wer je Tennis gespielt hat, kann erahnen, was es bedeutet, 400 Tage kein Match zu gewinnen. Die breite Brust macht im Tennis vieles einfacher. Thiem ging mit diesem langen Negativlauf ruhig um, obwohl in seinem Team viele Alarmglocken schrillten. Die Negativserie hat aber Spuren hinterlassen. Das war Thiem auch in Salzburg anzumerken: Thiem ließ 13 Breakbälle ungenützt. Die Verunsicherung war spürbar, seine Körpersprache ist ausbaufähig. Im letzten Game wirkte er dann fast befreit.

    Die Hoffnung ist groß, dass der erste Sieg eine Blockade löst und Problemzonen in Thiems Spiel positiv beeinflusst. Ob das so ist, das zeigen die nächsten Spiele und ist zukunftsweisend. Am Donnerstag (18 Uhr) trifft Thiem auf Facundo Bagnis (Arg). 

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      Lili Paul-Roncalli hat eine Dirndl-Kollektion für Stockerpoint entworfen und wirbt dafür.
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      Stockerpoint/Instagram
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