Am Salzburger Landesgericht wurde am Dienstag ein 26-Jähriger wegen fahrlässiger Tötung und Imstichlassens einer verletzten Person zu einem Jahr teilbedingter Haft, davon vier Monate unbedingt verurteilt.
Der Beschuldigte soll im Juni 2023 in Mattsee (Flachgau) eine Kellnerin, die zu Fuß unterwegs war, mit seinem Wagen touchiert haben und davongefahren sein. Die 19-Jährige blieb dem Strafantrag zufolge auf der Fahrbahn liegen und wurde von einem nachkommenden unbekannten Pkw-Lenker tödlich überrollt.
Das im Sinne des Strafantrages ausgesprochene Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Carl Handlechner meldete volle Berufung an, Staatsanwalt Florian Weinkamer hingegen kündigte eine Strafberufung an.
Dem Staatsanwalt zufolge habe der damals 24-Jährige aus dem Bezirk Braunau (Oberösterreich) den nächtlichen Unfall auf der L101 aufgrund von fehlender Aufmerksamkeit verursacht. Noch verhängnisvoller sei sein Verhalten nach dem Zusammenstoß gewesen. "Der Lenker hat sich nicht vergewissert, ob jemand zu Schaden gekommen ist", betonte Weinkamer.
Laut dem Staatsanwalt sei bei einem Aufprall mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 km/h zumindest von einer einfachen Körperverletzung auszugehen. Der Angeklagte habe es unterlassen, die Unfallstelle abzusichern und Erste Hilfe zu leisten. Ein zweites Fahrzeug habe die Frau dann überrollt. Die junge Kellnerin sei noch an der Unfallstelle gestorben.
Am Tag nach dem Unfall stellte sich der bisher unbescholtene Mann der Polizei. Damals gab er an, einen Knall wahrgenommen zu haben und habe vermutet, dass ein Vogel gegen den Wagen geflogen sein könnte. Zu Einzelrichterin Anna-Sophia Hofer sagte er am Dienstag, dass er einen Klacks gehört und sich zu diesem Zeitpunkt nichts dabei gedacht habe. Erst am nächsten Tag, als er den beschädigten Außenspiegel gesehen und die Schlagzeile im Internet gelesen hatte, habe er den Unfall mit seiner Person assoziiert.
"Wenn ich gemerkt hätte, dass ich einen Menschen touchiert habe, wäre ich sofort stehen geblieben", beteuerte der Oberösterreicher. Im Laufe der Verhandlung zeigte er sich schließlich zum Vorwurf der fahrlässigen Tötung geständig. Die Richterin konfrontierte den Mann damit, dass auch Beschädigungen am Seitenfenster des BMWs und im Bereich der hinteren, rechten Türe festgestellt wurden. Diese Beschädigungen seien mit der Darstellung eines Klacks nicht in Einklang zu bringen. "Das muss ein lauter Knall gewesen sein", meinte die Richterin.
Der Verteidiger meinte, dass man nicht wisse, welche Verletzungen die junge Frau durch die Kollision erlitten habe. Ein nachkommendes Auto habe die Frau rund eine Minute später überrollt. Eine Zeitspanne von einer Minute würde nicht ausreichen, um Erste Hilfe zu leisten und dies noch unter der Gefahr, von nachkommenden Fahrzeugen selbst verletzt oder gar getötet zu werden.
Dem Verteidiger zufolge habe die dunkel gekleidete Fußgängerin den Unfall durch mehrere Verfehlungen zum großen Teil selbst zu verantworten. Sie sei bei völliger Dunkelheit auf der rechten und damit falschen Straßenseite gegangen, sie sei alkoholisiert gewesen und habe sich zu einem Drittel auf der Fahrbahn befunden. Und man wisse nicht, ob sie auf der Straße zielgerichtet gegangen oder gestolpert sei, argumentierte der Anwalt.
Der Angeklagte befinde sich in psychologischer Behandlung. Er müsse jetzt die posttraumatischen Erlebnisse verarbeiten, "er ist ja selbst Opfer", so der Verteidiger. Der Privatbeteiligtenvertreter forderte für neun Angehörige der Verunglückten jeweils 40.000 Euro Schmerzensgeld aufgrund eines "Schockzustandes", das der Verteidiger jedoch nicht anerkannte.
Die Richterin hat mehrere Zeugen einvernommen. Eine Zeugin erzählte, dass sie während ihrer Autofahrt eine Person neben der rechten Fahrbahn sitzend wahrgenommen habe. Nachdem sie vorbeigefahren war, sei sie umgekehrt und bei einer Abzweigung stehengeblieben, um die Polizei zu rufen. Dabei habe sie beobachtet, wie eine Person von einem Auto, das in deren Richtung unterwegs war, in die Luft geschleudert und kurz darauf von einem weiteren Wagen überrollt worden sei.
Laut den Ermittlungen habe es sich bei dem zweiten Fahrzeug um einen Pkw Nissan Pulsar handeln können. Die Suche nach dem Lenker ist bisher erfolglos geblieben. Selbst ein kurzer Beitrag in der deutschen TV-Sendung "Aktenzeichen XY.....Ungelöst" am 6. November 2024 brachte keine Hinweise.
Die Richterin führte in ihrer Urteilsbegründung aus, dass der Angeklagte den Unfall aufgrund eines Aufmerksamkeitsfehlers verursacht habe. Zeugen hätten ungewöhnlich laute Geräusche gehört. Die Kollision mit dem Wagen habe nach objektiver Spurenlage nicht nur einen "Klacks" verursacht. Der Beschuldigte wäre zur Nachschau verpflichtet gewesen, meinte die Richterin.
"Das Ganze kann nicht an ihnen vorbeigegangen sein", sagte sie zu dem 26-Jährigen. Das Delikt "Imstichlassen eines Verletzten" wiege schwerer, der Strafrahmen reiche hier bis zu drei Jahren Haft. Die Privatbeteiligtenansprüche hat die Richterin auf den Zivilweg verwiesen.