Zu wenig Tests, zu wenig Schutzkleidung und keinerlei Infos: Im Gespräch mit "Heute" übt ein Arzt aus dem Krankenhaus Nord scharfe Kritik am KAV, dieser kontert.
Nun hat auch die Klinik Floridsdorf, besser bekannt als Krankenhaus Nord (Floridsdorf), einen bestätigten Corona-Fall, wir haben berichtet. Im Gespräch mit "Heute" schlägt ein Arzt aus dem KH Nord nun Alarm und kritisiert die Vorgehensweise des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV).
Ärger über "intransparente Info"
Bekannt wurde die Corona-Erkrankung des KH Nord-Chirurgen spitalsintern bereits am Freitag, eine offensive und transparente Information hätte es aber nicht gegeben. Der Arzt vermutet nun eine bewusste "Unterdrückung" der Fakten. Tatsächlich machte erst die Rückfrage von "Heute" am Sonntag den Fall auch öffentlich bekannt.
Auch der Arzt sei gefragt worden, ob er mit dem Chirurgen in den letzten 14 Tagen Kontakt gehabt hätte, erzählt er gegenüber "Heute".
"Ich habe das verneint und bin weiter arbeiten gegangen. Aber natürlich ist das schon eine inadäquate Vorgangsweise des KAV, denn nach Bekanntwerden des Falles hätten alle getestet werden müssen", so der Arzt.
"Social Distancing nicht möglich, Krankenhaus als Covid-Cluster"
Und mit "alle", meint der Mediziner wirklich "alle" - also nicht nur Ärzte, sondern auch das Pflegepersonal, Bettenschieber oder das Putzpersonal. "Jeder redet von Social Distancing, aber das ist für uns einfach nicht möglich. Damit wird das Krankenhaus zum möglichen Covid-Cluster. Wenn wir dann nach Hause gehen, nehmen wir den Virus - vielleicht ohne es zu wissen - mit und geben ihn weiter". Dennoch vermittle der KAV "aggressiv" den Eindruck, das Krankenhaus Nord sei ein sicherer, Covid-freier Raum. "Aber das stimmt nicht".
Um das zu verhindern, müssten die Tests deutlich erweitert werden. Auch bei den Folgen müsse mehr geschehen: "Entweder in Quarantäne oder indem alle zwei Tage neugetestet wird", so der Arzt zu "Heute".
"Genug Schutzkleidung? Stimmt einfach nicht!"
Für Kopfschütteln bei dem KH Nord-Personal sorgt laut dem Arzt auch die Beteuerungen, es gebe ausreichend Schutzkleidung. "Das stimmt einfach nicht. Wir müssen bei der Ausgabe der Schutzkleidung um jede FFP3-Schutzmaske kämpfen".
Dennoch gehe der Betrieb in den OP-Sälen weiter wie vorher. "Ob eine OP wichtig ist oder nicht, entscheidet der jeweilige Chirurg. Aber wir arbeiten weiter nach Plänen, die zumindest eine Woche alt sind". Eine Neueinteilung der Ressourcen gebe es nicht, so der Mediziner.
"Fast vorsätzliche Körperverletzung"
Der KAV verfolge hier eine Vogel Strauss-Politik, kritisiert der Arzt. Stattdessen müssten bei positiven Corona-Fällen alle Mitarbeiter alle zwei Tage neu getestet oder nach Hause in Quarantäne geschickt werden. Zudem brauche es dringend ausreichend Schutzkleidung, alles andere wäre schon fast "vorsätzliche Körperverletzung".
KAV widerspricht: "Genügend Schutzausrüstungen vorhanden, Externe mit Tests beauftragt"
Konfrontiert mit den Vorwürfen des Arztes, erklärt der KAV auf "Heute"-Rückfrage, es gebe keinen Mangel an Schutzkleidung. "Derzeit sind genügend Schutzausrüstungen vorhanden und wo sie gebraucht werden, kommen sie auch zum Einsatz", so eine Sprecherin. Dennoch müsse der KAV bei diesem Thema flexibel bleiben.
Zum Thema Testungen betont der KAV, man komme dem nach: "Die Testkapazitäten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden ab sofort ausgeweitet, indem zusätzliche Testungen in einem externen Labor zugekauft werden".
Die Kritik, dass nach "alten" OP-Plänen operiert wird, lässt der KAV so nicht gelten: "Es kommt zur Verschiebung von planbaren Eingriffen, die nicht zeitkritisch sind. Sie werden zugunsten der Aufrechterhaltung von Akutleistungen bis auf weiteres verschoben. Die Entscheidung, welche Operationen durchgeführt werden und welche nicht, trifft die Leitung des Spitals in Absprache mit der Generaldirektion. Uns ist klar, dass es auch innerhalb der Teams zu unterschiedlichen Meinungen kommen kann. Tatsächlich gibt es manchmal keine Pauschallösungen. Beispielsweise in der Herzchirurgie, die ja ein spezielles Fach ist, das wienweit nur zwei Spitäler abdecken, muss das von Fall zu Fall genau angeschaut werden – im Sinne der uns anvertrauten Herzpatientinnen und Patienten", so der KAV.