Österreich

Kieferbruch auf Kommissariat nach Bordellbesuch

Heute Redaktion
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Weil einem Bautechniker in einem Bordell in Wien-Fünfhaus seine Brieftasche mit 2.500 Euro abhandengekommen war, wurde am 29. März 2014 die Polizei gerufen. Diese nahm den 34-Jährigen mit auf ein Kommissariat, wo er als Diebstahlsopfer zeugenschaftlich befragt werden sollte. Stattdessen landete er mit einem gebrochenen Kiefer im Spital. Sein Anwalt erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Polizei.

Ein 34-jähriger Bautechniker, dem in einem Bordell in Wien-Fünfhaus seine Brieftasche mit 2.500 Euro gestohlen wurde, war im März von der Polizei mitgenommen worden, wo er als Diebstahlsopfer befragt werden sollte. Stattdessen landete er mit einem gebrochenen Kiefer im Spital. Sein Anwalt erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Polizei.

Fotos, die nach dem Aufenthalt im Wachzimmer am 29. März aufgenommen wurden, zeigen den 34-jährigen in einem jämmerlichen Zustand (siehe Foto).

Rechtsanwalt Karl Bernhauser behauptet, sein Mandant sei auf dem Wachzimmer grundlos zusammengeschlagen worden: "Er musste im Krankenhaus behandelt werden und war vier Wochen im Krankenstand." Bernhauser kündigte eine Amtshaftungs-Klage an: "Wir werden selbstverständlich schadenersatzrechtliche Ansprüche geltend machen." Er will die in die Amtshandlung involvierten Beamten auch strafrechtlich belangen: "Ich werde eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung, Verleumdung und falscher Zeugenaussage einbringen."

Bautechniker musste vor Gericht

Die Polizei hatte den Bautechniker ihrerseits wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung angezeigt: Er habe sich bereits im Bordell ungebührlich verhalten und eine 26-jährige Beamtin beschimpft - was der 34-Jährige bestreitet. Darum wurde er vor Gericht zitiert.

"Hoit die Gosch'n"

Zur Vorgeschichte: Im Bordell soll dem 34-Jährigen ein Freund seine Brieftasche gestohlen haben, während er sich mit einer Prostituierten vergnügte. Von der herbeigerufenen Polizei verlangte der Mann, den Freund zu durchsuchen. Die Beamtin habe ihm "Hoit die Gosch'n" geantwortet und ihn geduzt, so die Version des 34-Jährigen. Mit seinem iPhone hätte er ihre Schimpfworte aufzuzeichnen begonnen. Darauf habe die Polizistin Verstärkung geholt.

Aussage gegen Aussage

Drei Funkstreifen-Besatzungen brachten den 34-Jährigen, seinen Bekannten und die Prostituierte schließlich zur Klärung der Sachlage aufs Kommissariat. Der Bautechniker behauptet, die Beamtin habe ihn dort weiter beschimpft und beleidigt. Ihre Version: Der Mann sei nicht zu beruhigen gewesen und habe verlangt, sie möge sofort ein Protokoll anfertigen. Weil sie dem nicht sogleich nachkam, habe er ihr eine "gelangt" und gegen sie "aufgerieben". Da seien ihre Kollegen eingeschritten, um den Mann an weiteren Gewalttätigkeiten zu hindern.

Der 34-Jährige selbst erzählt die Geschichte demgegenüber folgendermaßen: Als er die Vorgänge im Vernehmungszimmer neuerlich mit seinem iPhone dokumentieren wollte, seien die Polizisten zu sechst gegen ihn vorgegangen. Man habe ihm einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, ihn zu Boden befördert, in Rückenlage fixiert und ihm Fuß- und Handfesseln verpasst. Er habe "nur Blut gespuckt." Dass er einem hünenhaft gewachsenen, durchtrainierten 31-jährigen Polizisten einen Faustschlag verpassen wollte, wie ihm dieser unterstellt, sei nicht wahr. Der Polizist behauptet, er habe den gegen ihn gerichteten Schlag geblockt und dem 34-Jährigen in einem "Reflex" eine aufs Jochbein gegeben.

Freispruch für Bautechniker

Für Richterin Elisabeth Reich, die über ein schuldhaftes Verhalten des 34-Jährigen zu entscheiden hatte, reichte die Beweislage nicht aus, um den Bautechniker zu verurteilen. Ihr waren die Aussagen der Polizisten zu widersprüchlich, um den Mann im Sinn der Anklage schuldig erkennen zu können. Der Bautechniker wurde daher in der Vorwoche im Grauen Haus vom Widerstand der Staatsgewalt und dem Vorwurf, den 31 Jahre alten Polizisten verletzt zu haben, freigesprochen. "Und zwar nicht im Zweifel", wie sein Rechtsvertreter Bernhauser in diesem Zusammenhang betont.

Die Staatsanwaltschaft war mit dieser Entscheidung einverstanden. Der Freispruch ist mittlerweile rechtskräftig. Grundsätzlich kann ein behördlich bereits überprüfter Sachverhalt jederzeit neuerlich zur Anzeige gebracht werden. Das erscheint dann sinnvoll, wenn im konkreten Fall zwischenzeitlich neue Umstände bekannt geworden sind.

iPhone-Aufzeichnungen

Bernhauser möchte nun klären lassen, was aus den mit dem iPhone angefertigten Mitschnitten seines Mandanten geworden ist. Als der 34-Jährige nach seiner Spitalsbehandlung wieder Zugriff auf das Gerät hatte, waren die Tonaufzeichnungen gelöscht. Der Anwalt will folglich von der Staatsanwaltschaft auch prüfen lassen, ob seitens der Polizei ein Beweismittel im Sinne des Paragraf 295 Strafgesetzbuch (StGB) unterdrückt wurde.

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