Österreich

Killer von Gloggnitz glaubte an Todesstrafe in Öster...

Heute Redaktion
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Ioan P. (38) schnitt in Gloggnitz einer Frau von hinten die Kehle durch. Er findet laut Gutachten die Tat als nachvollziehbar, weil er so viel erleiden musste. Und: Ein Geständnis gab es erst, als er sicher war, dass es bei uns keine Todesstrafe gibt.

Das Gutachten über den zweifachen Killer Ioan P. lässt tief in die verwirrte und dunkle Seele des 38-jährigen Rumänen einsehen. Der Rumäne, der bereits in seiner Heimat gemordet hatte (Anm.: er schnitt seinem Vermieter die Kehle durch - "Heute" berichtete), kam über eine Art Arbeitsvermittlung von einem Obdachlosenheim nach Österreich, arbeitete wenige Tage auf einem Pferdehof. Grotesk: Beim Anruf des Vermittlers aus Rumänien, wusste in Österreich niemand etwas über das getrübte Vorleben des Killers. Er wurde von einem unbekannten Vermittler einfach als Hilfskraft vorgestellt - ohne genaues Alter, Fähigkeiten.

Doch am Pferdehof im Bezirk Neunkirchen war Ioan P. von Anfang an auffällig und aggressiv, sprach ständig davon, eine Katze oder ein Pferd töten zu wollen. Einmal musste sogar die Polizei einschreiten - Nachbarn hatten einen lautstarken Streit am Hof mitbekommen.

Eigene Welt

Sein Vorarbeiter maßregelte, so gut es ging, den Rumänen, doch Ioan P. war völlig losgelöst von der Realität, reimte sich seine eigene Welt zusammen. Laut Gutachten arbeitete der 38-Jährige nur zwei Tage am Hof, die Belegschaft hatte Angst vor ihm, der Chef kündigte schließlich, auf Anraten des Vorarbeiters, den Rumänen. Geld bekam Ioan P. für seine Arbeit nicht - im Prinzip hatte er einen halben Tag "geholfen". Laut Ioan P. hätte ihm der Besitzer den Lohn (100 Euro) nicht geben wollen, der Patrone (Anm.: so nannte Ioan P. den Hofeigentümer) soll das Geld - nach der Vorstellungskraft des Rumänen - lieber der Polizei gesteckt haben.

Ioan P. wurde nach der Kündigung vom Chef in ein Gasthaus gebracht, dort zahlte der Pferdehofbesitzer auch die Übernachtung des Rumänen im Voraus. Nach besagter Nacht sollte Ioan P. mit dem Bus nach Rumänien, doch der Bus kam, aufgrund einer Panne, nicht. Ioan P. wählte den Euro-Notruf, in mühsamer Kleinarbeit der Exekutive konnte der neue Abfahrtstermin des Buses (nämlich einen Tag später) eruiert werden. Den restlichen Tag verbrachte Ioan P. mit Betteln, bekam aber laut eigenen Angaben nichts, musste die Nacht im Wald verbringen. Weiters ließ der Täter ein Küchenmesser in einem Gloggnitzer Geschäft mitgehen (26 cm lang). Damit wollte er, laut eigener Aussage, eigentlich den Vorarbeiter töten, doch der Rumäne fand den Hof nicht mehr.

Gegen Mittag irrte der Rumäne durch Gloggnitz, sah plötzlich die 83-Jährige, hielt sie für die rund 20 Jahre jüngere Gattin des Hofbesitzers, verfolgte die Pensionistin rund fünf Minuten lang, attackierte sie in einem von ihm als günstig angenommenen Moment von hinten, zog ihr den Kopf nach hinten, schnitt ihr die Kehle durch, stach dann noch einige Mal aufs Opfer ein. Die Klinge war nach der Tat komplett deformiert - das dürfte über die Brutalität alles aussagen.

"Leute ließen mich im Stich"

Nach der Festnahme gab der Verdächtige laut Gutachter an: "Es ist richtig, dass ich eigentlich den Vorarbeiter töten wollte. Doch ich fand den Hof nicht. Als ich dann die ältere Frau sah, dachte ich, es sei die Frau vom Patron. Und da ich so schlecht behandelt wurde, sollte sie sterben. Denn ich bekam viel zu wenig zu essen - nur Brot, Wurst und Margarine - und hatte keine wirkliche Unterkunft. Die Leute haben mich im Stich, mich auf der Straße stehen gelassen. Daher ist der Mord nachvollziehbar."

Todesstrafe in Österreich?

Vor dem Geständnis des Rumänen erkundigte er sich ausdrücklich, ob es in Österreich die Todesstrafe gebe. Vom Gutachter gefragt, ob er bei den Morden Stimmen gehört hätte, meinte er nur: "Nur Schatten und Lichtblitze. Übrigens schlafe ich derzeit sehr gut, träume nicht vom Mord." Laut Gutachter lebe der Rumäne, der vier Geschwister hat und ab dem 7. Lebensjahr in einem Heim aufgewachsen ist, nach eigenen Regeln und Normen.

Morde würden vom Verdächtigen völlig emotionslos geschildert, die Ursachen dafür vielmehr im Fehlverhalten der Opfer gesucht werden. Der Rumäne versuche sogar, die Bluttaten zu relativieren: Die 83-Jährige hätte ohnedies nur noch wenige Jahre zu leben gehabt, gut möglich dass er sie vor Krankheit und Leid bewahrt habe. Laut Expertise soll Ioan P. ein Psychopath sein, sprachlich soll er im Vergleich zum Intellekt relativ gut ausgestattet sein. Auch vom äußerlichen Erscheinungsbild würde der Killer recht sympathisch wirken, man würde ihm so schwere Gewaltdelikte kaum zutrauen.

Lebenslang und Einweisung drohen

Risikoprognostisch liegt laut Gutachter das Basisrückfallsrisiko für Mord bei 0 bis 3 Prozent. Aber aufgrund der Umstände im Fall von Ioan P. (Persönlichkeitsstörung, verminderte Intelligenz, Haftübel nach erstem Mord machte ihm gar nichts aus) ist laut Expertise anzunehmen, dass Ioan P. wieder Tathandlungen mit schweren Folgen setzen wird.

Kurzum wurde der ganze Vorfall von Ioan P. so geschildert, als würde ein Reporter über eine Bluttat berichten, in die er überhaupt nicht involviert wäre - ohne jegliche Reue.

Beim Prozess im März in Wr. Neustadt hat Anwalt Wolfgang Blaschitz die überaus schwierige Aufgabe, den Rumänen zu verteidigen. Dem Angeklagten drohen eine lebenslange Freiheitsstrafe sowie eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher - es gilt dennoch die Unschuldsvermutung.