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Das ist der mächtigste Mann hinter Kim Jong-un

Heute Redaktion
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Der Funktionär, der Nordkorea an den Olympischen Winterspielen vertritt, gilt als hochintelligent. Kim Yong-nam (90) ist der Einzige, der nicht von Sanktionen betroffen ist.

Dass Nordkorea eine Delegation an die Olympischen Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang schickt, werten viele Beobachter als Anzeichen für das Tauwetter zwischen den verfeindeten Ländern. Machthaber Kim Jong-un wird selbst nicht zu den Spielen reisen. Dafür schickt er Kim Yong-nam, der die Delegation anführen wird.

Wer ist der 90-Jährige, der zum ersten Mal in seinem Leben nach Südkorea reist? Kim Yong-nam gilt als der zweitmächtigste Mann in Nordkorea. Als Vorsitzender des Präsidiums der Obersten Volksversammlung ist Kim protokollarisches Staatsoberhaupt Nordkoreas und seit Jahren der ranghöchste Vertreter seines Landes, der nach Südkorea reist.

"Kim macht keine Fehler"

Kim Yong-nam gehört laut "The Korea Herald" zum oberen Führungskreis um Kim Jong-un. Er begrüßt ausländische Staatsgäste in Nordkorea und vertritt sein Land auch häufiger bei Anlässen im Ausland. Ihn als repräsentativen "Grüßonkel" abzustempeln, sei aber voreilig, schreibt "Die Welt". Schließlich halte sich der Funktionär schon so lange an der Spitze wie sonst kaum jemand.

"Kim Yong-nam macht keine Fehler", sagt ein nordkoreanischer Überläufer, der anonym bleiben will, der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap. "Deshalb konnte er seinen hochrangigen Posten in einem Land behalten, in dem politische Säuberungen üblich sind."

Kim Yong-nam, der nicht mit Kim Jong-uns ermordetem Halbbruder Kim Jong-nam verwechselt werden sollte, ist ein entfernter Verwandter innerhalb der Kim-Herrscherfamilie. Er wurde am 4. Februar 1928 in Pjöngjang geboren, das damals wie ganz Korea noch zum Japanischen Kaiserreich gehörte.

Intelligent und freundlich

Schon zu Zeiten von Kim Jong-uns Vater, Kim Jong-il, galt Kim Yong-nam als Nummer zwei im Staat. Seit 1980 ist er Mitglied im Politbüro, seit 1998 protokollarisches Staatsoberhaupt. Der US-Autor und Journalist Don Oberdorfer beschrieb Kim in seinem Buch "The Two Koreas: A Contemporary History" einst als hochintelligent und schillernd. In seiner offiziellen Rolle verhalte er sich oft steif, sei ansonsten aber eine freundliche, angenehme Person.

Als Parlamentspräsident hat Kim Yong-nam auf die Innenpolitik seines Landes zwar kaum Einfluss, doch "Nordkoreas Gipfeldiplomatie mit Dritte-Welt-Ländern wurde von Kim betrieben", zitiert der "Herald" Cheong Seong-chang vom südkoreanischen Sejong-Institut. Der Entscheid für Kim Yong-nam dürfte aber auch praktische Gründe haben: Er ist der Einzige aus dem inneren Kreis um Kim Jong-un, gegen den der UNO-Sicherheitsrat noch keine Sanktionen verhängt hat.

Kim reist nicht allein

Den Funktionär, der auch schon die Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking und 2014 die Olympischen Winterspiele in Sotschi besuchte, sollen noch zwei weitere Spitzenfunktionäre sowie 18 weitere Delegationsmitglieder begleiten. Spekuliert wird, dass Choe Ryong-hae, Kim Jong-uns Vize in der kommunistischen Partei, mitfährt. Er gilt laut "Welt" als Mann für heikle außenpolitische Missionen, ist aber von UNO-Sanktionen betroffen. Zudem käme dem "Herald" zufolge der Ex-Außenminister Ri Su-yong infrage, der das parlamentarische Komitee für auswärtige Angelegenheiten leitet.

"Wir können nicht ausschließen, dass Nordkorea weitere Berater von Kim Jong-un entsendet", sagt Cho Han-bum vom Korea Institute for National Unification. Aber wer geschickt werde, hänge davon ab, welche US-Vertreter nach Südkorea reisen. "Die Welt" spekuliert gar über ein mögliches Treffen von Delegationsleiter Kim Yong-nam mit US-Vizepräsident Mike Pence. (mlr)