Welt

Kindesmissbrauch – Täter arbeitet wieder als Polizis...

Heute Redaktion
Teilen
Ein Polizist aus Schaffhausen (Schweiz) neben einem Streifenwagen. Symbolfoto
Ein Polizist aus Schaffhausen (Schweiz) neben einem Streifenwagen. Symbolfoto
Bild: picturedesk.com

Ein Schweizer Polizist wurde wegen sexueller Handlung mit einer Minderjährigen rechtskräftig verurteilt. Zehn Jahre später arbeitet er wieder als Polizist. Zu Recht?

15 Monate Gefängnis bedingt, zwei Jahre Probezeit. Diese Strafe bekam ein Polizist aus einem Kanton der deutschsprachigen Schweiz für sexuelle Handlungen mit einem Kind. Er hatte einvernehmlich Sex mit einer unter 16-jährigen Jugendlichen gehabt, die zu diesem Zeitpunkt etwa halb so alt war wie er. Er wurde deswegen aus dem Polizeikorps entlassen.

Der Fall ereignete sich vor rund zehn Jahren. Heute arbeitet der Mann in einem anderen Deutschschweizer Kanton wieder als Polizist. Denn die Probezeit ist abgelaufen und die Strafe ist nicht mehr im Strafregisterauszug für Private ersichtlich. Es gilt das Recht auf Vergessen. Die Identität und der neue Arbeitsort des Polizisten sind dem Schweizer Nachrichtenportal "20 Minuten" bekannt, sie dürfen aber aus rechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden.

Anstellung war rechtens

Laut Rechtsprofessor Roger Rudolph von der Uni Zürich sind die Anstellungen für Polizisten kantonal und teilweise sogar kommunal geregelt. Generell gilt: "Das Einholen eines Strafregisterauszugs ist für Polizeianwärter die Regel." Insofern sei bei der Einstellung wohl alles rechtens abgelaufen.

Verschärfung des Sexualstrafrechts

Am 1. Januar 2019 treten in der Schweiz Gesetze zur Umsetzung der Pädophilen-Initiative in Kraft, die im Mai 2014 beschlossen wurde. Neu müssen Gerichte bei Sexualstrafdelikten gegen Minderjährige zwingend ein lebenslanges Tätigkeitsverbot aussprechen – Verurteilte dürfen nicht mehr mit Kindern oder anderen besonders schützenswerten Personen arbeiten. Das ist unabhängig vom Delikt, Ausnahmen gibt es nur in besonders leichten Fällen, etwa bei Jugendliebe.

Überprüft werden kann das in einem besonderen Strafregisterauszug, in dem festgehalten ist, ob gegen eine Person ein Verbot ausgesprochen wurde.

Manche Kantone würden auch Betreibungsregisterauszüge oder ein Leumundszeugnis einholen, so Rudolph: "Man kann sicher sagen, dass insofern deutlich erhöhte Anforderungen an die persönliche Integrität von Polizeianwärtern gestellt werden als an andere Berufsgruppen."

Polizisten sollen Spezial-Auszug vorlegen

"Es kann nicht sein, dass ein Sexualstraftäter wieder bei der Polizei arbeiten kann", schimpft SVP-Nationalrätin Natalie Rickli. Es stelle sich die Frage, ob die Polizei nach früheren Delikten gefragt und der Betreffende sie entsprechend informiert hat. Denn es gehe auch um die öffentliche Sicherheit: "Als Polizist ist man für den Schutz der Bürger da, auch von Jugendlichen."

Das betreffende Polizeikorps müsse offensichtlich seine Anstellungsbedingungen überprüfen, so Rickli: "Bei Sexualdelikten gilt Nulltoleranz." Ab 1. Januar 2019 tritt in der Schweiz das Umsetzungsgesetz zur Pädophilen-Initiative in Kraft (siehe Infobox). In einem speziellen Strafregisterauszug werden dann Berufsverbote erfasst, die aufgrund von Sexualdelikten gegen Minderjährige ausgesprochen wurden. "Ich gehe davon aus, dass Polizisten einen solchen Auszug vorlegen müssen", sagt die Nationalrätin.

"Der Mann hat gebüßt"

Für die Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan ist dagegen klar: "Grundsätzlich hat jeder eine zweite Chance verdient." Jeder Mensch könne Fehler machen. "Sexualstraftaten sind schlimm, doch der Mann hat dafür gebüßt und richtigerweise eine Strafe erhalten", sagt die Nationalrätin. Das Schweizer Strafrecht basiere auf Reintegration.

Ein solcher Einzelfall sei schwierig zu beurteilen, sagt Arslan: "Man muss immer differenzieren." Es sei aber wichtig, dass der neue Arbeitgeber informiert sei und etwa darauf achte, dass der Polizist nicht direkt mit Kindern und Jugendlichen zu tun habe. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes darf "20 Minuten" den aktuellen Arbeitgeber allerdings nicht kontaktieren.