Am ersten Verhandlungstag platzte das Wiener Straflandesgericht aus allen Nähten. Konkret geht es um einen Vorfall am 31. Mai am Rande einer Demonstration in der Wiener Innenstadt.
Der 22-jährige Angeklagte musste sich wegen versuchten Widerstandes vor Gericht verantworten. Er soll sich am Rande der Demonstration mit Schlägen und Tritten gegen die Polizei gewehrt haben. Grund dafür war die Durchsuchung seines Rucksacks. Der Deutsche, der in Wien Politikwissenschaften studiert, bestreitet die Vorwürfe. Die Verhandlung wurde auf 7. Oktober vertagt.
Der Fall ist deshalb pikant, weil auch einer jener Polizisten am Prozess beteiligt ist, die am 31. Mai auf einen anderen Demonstranten brutal eingeschlagen haben sollen.
Die Bilder und Videos davon sorgten Ende Mai für Aufregung. Polizisten fixierten einen der Demonstranten in Bauchlage am Boden und versetzten ihm mehrere Schläge.
Angeklagt wurde aber vorerst nur der junge Student. "In Österreich ist der Verkehr das größte Problem. Weil die Politik zu langsam ist, ist eine Straßenblockade ein notwendiges und legitimes Mittel", erklärte der Klima-Aktivist seine Beweggründe, warum er an der Demonstration teilnahm.
Er war an einer Sitzblockade vor der Urania beteiligt. "Mir war bewusst, dass ich mich in einer verwaltungsrechtlichen Grauzone befinde", gab der 22-Jährige zu Protokoll. Ein "strafrechtliches Fehlverhalten" habe er damit aber nicht verwirklicht, erklärte der Angeklagte.
Die Blockade wurde von der Polizei aufgelöst. Der Student ließ sich wie die anderen Aktivisten wegtragen. Weil der Angeklagte aber bei der Identitätsfeststellung seinen Rucksack nicht durchsuchen lassen wollte, befürchteten die Beamten, er könnte gefährliche Gegenstände dabeihaben. "Der Herr wollte nicht, dass der Rucksack durchsucht wird", betonte ein 23-jähriger Polizist beim Prozess: "Er war sehr wild, sag ich einmal. Es ist mit Armen und Beinen ausgeschlagen worden. Er war sehr unberechenbar."
Auch eine Polizistin gab an, dass der Angeklagte Widerstand geleistet hat. Laut dieser waren mehrere Beamte notwendig, um den Studenten zu bändigen. "Er hat um sich gehaut, um sich getreten. Er hat sich total gewehrt. Unsere Amtshandlung ist korrekt abgelaufen", betonte sie und erklärte, dass sie die Füße des 22-Jährigen fixiert habe.
Der Angeklagte wiederum betonte vor Gericht, dass er sich passiv verhalten habe. "Ich war nicht willig, meinen Rucksack sofort herzugeben, wie es die Polizei wollte", gab er zu Protokoll. Die Polizei habe ihn daraufhin "ohne Vorwarnung auf die Seite gehaut", so dass er mit dem Kopf auf den Asphalt schlug. Laut seinen Angaben wurde er verletzt und zog sich eine Rissquetschwunde an der Stirn zu. Am Boden liegend, hätten die Beamten mit Schlägen und Tritten auf ihn eingewirkt.
Sein Anwalt Clemens Lahner hat beim Landesverwaltungsgericht eine Maßnahmenbeschwerde eingebracht, weil die Amtshandlung seiner Ansicht nach rechtswidrig war. Der 22-Jährige sei von den Polizisten "grob umgedreht" worden, obwohl er sich "nur passiv verhalten und nicht bewegt hat."
Im Oktober wird der Prozess fortgesetzt. Aus Sicht des Anwalts Clemens Lahner sei der erste Verhandlungstag gut verlaufen. "Nächstes Mal kommen meine Zeugen und es wird auch ein Video geben." Darauf soll zu sehen sein, dass sein Mandant unschuldig ist.
Vor dem Prozess hielten Klima-Aktivisten eine Mahnwache am Haupteingang des Wiener Landesgerichts für Strafsachen ab und zeigten sich mit dem Angeklagten solidarisch. (red)