Österreich

Amnesty-Bericht kritisiert Polizeigewalt bei Klima-Demo

Heute Redaktion
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Beim Wiener Klima-Streik Ende Mai sollen mehrere Demonstranten von Polizisten verletzt worden sein. Nun legt Amnesty International einen Bericht dazu vor.

Greta Thunberg streikte am 31. Mai zusammen mit Tausenden Menschen in Wien für das Klima. Doch die Veranstaltung lief aus dem Ruder. Die Wiener Polizei löste einen Sitzstreik bei der Urania mit teilweise gewaltsamen Methoden auf – insgesamt 187 Uniformierte waren im Einsatz. 96 Personen wurden festgenommen, mehrere Vorfälle endeten vor Gericht. Am Freitag beschäftigt sich das Verwaltungsgericht Wien wieder mit einem Betroffenen, der von Polizisten gewaltsam festgesetzt worden sein soll.

Kurz davor legt Amnesty International Österreich einen Bericht zu den Vorfällen bei der Klimademo auf den Tisch. In dem Papier, das "Heute.at" vorliegt, stellt die Menschenrechtsorganisation "unverhältnismäßige Zwangsmaßnahmen und Polizeigewalt gegen mehrere Menschen" fest. Drei Demonstranten seien zum Teil schwer verletzt worden – Prellungen, eine Rissquetschwunde an der Stirn und ein Bruch des Mittelhandknochens.

"Keine Gründe für Polizeigewalt"

Besonderes Aufsehen erregte ein Video, in dem zu sehen ist, wie Beamten einen Mann so fixieren, dass sein Kopf unter einem Polizeiwagen liegt. Er erlitt laut eigener Aussage Todesangst und war selbst nicht einmal Demo-Teilnehmer gewesen, sondern nur daneben gestanden.

"An diesem Tag im Mai wurde das Menschenrecht auf friedliche Versammlung in Österreich missachtet: Unsere Recherchen haben gezeigt, dass es bei der Demo keine rechtfertigenden Gründe für die Polizeigewalt gegeben hat, die wir während der Proteste dokumentiert haben", so Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt.

Die NGO stützt sich in ihrer Beurteilung auf Interviews mit vier von Polizeigewalt betroffenen Menschen, Aussagen von Anwälten, Bildmaterial und schriftliche Fragebeantwortungen durch Innenminister Wolfgang Peschorn. Auf einige konkrete Fragen, insbesondere zu den Einzelfällen, konnte das Ministerium unter Verweis auf laufende Ermittlungen nicht antworten.

Einsätze meistens verhältnismäßig

Amnesty betont, dass die Polizeieinsätze in Österreich meistens ordnungsgemäß ablaufen. "Umso unverständlicher sind die – zum Teil äußerst gravierenden – gewaltsamen Vorfälle bei der Demo Ende Mai", so Patzelt.

Besonders angeprangert werden Polizeitechniken, die zu Schmerzen und Verletzungen führen können. Etwa die Handfesselsperre dürfte beim Polizeieinsatz aber häufig zum Einsatz gekommen sein, wie das Beispiel von Y. zeigt. Der junge Mann beteiligte sich an der Sitzblockade vor der Urania und weigerte sich gegenüber Beamten, den Platz zu räumen. Laut eigener Aussage wurde er daraufhin unerwartet gepackt, zwei Polizeikräfte sollen seine beide Handgelenke mit Schmerzgriffen fixiert haben. Bei einer späteren ärztlichen Behandlung in einem Krankenhaus wurde festgestellt, dass der Mittelhandknochen der linken Hand gebrochen war.

Laut Wiener Polizei verweigerte der Aktivist auch gegenüber der Rettung die Herausgabe der Daten und eine weitere Untersuchung. "Ob hier daher tatsächlich ein Zusammenhang" zwischen dem Polizeieinsatz und der Verletzung bestehe, "kann derzeit auch auf Grund der Anonymität des Mannes nicht verifiziert werden", hieß es in einer Aussendung Anfang Juni.

"Die teils absurden Anschuldigungen gegen die Wiener Polizei, die in diversen sozialen Netzwerken kursieren, werden aufs Schärfste zurückgewiesen", hieß es damals auch in Bezug auf andere Vorwürfe gegenüber den Beamten. Vor Gericht wurden indes mittlerweile mehrere Rechtswidrigkeiten im Vorgehen der Polizei festgestellt.

Die Forderungen

Die NGO nimmt auch Anstoß an der Tatsache, dass die Demo zu früh aufgelöst wurde. Das oberösterreichische Verwaltungsgericht habe festgestellt, dass auch erhebliche Beeinträchtigungen des Verkehrs im Rahmen einer Demonstration auch zulässig sein können, wenn diese spontan und unangemeldet geschieht.

Amnesty fordert eine "vollkommen unabhängige Untersuchungsbehörde". Diese soll künftig Ermittlungen und Beweissicherungsmaßnahmen in Bezug auf Misshandlungsvorwürfe gegen Polizeikräfte durchführen. Außerdem fordert die NGO, dass die interne Evaluierung des Polizeieinsatzes sofort weiter und umfassend zu Ende geführt wird.

Link: Der gesamte Amnesty-Bericht