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Klimaaktivisten haben Angst vor Burnout

Heute Redaktion
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Weil sie in der Arbeit versinken, verausgaben sich Klimaaktivisten in der Schweiz über die Maßen. Eine Wohlfühl-Gruppe soll ein drohendes Burnout verhindern.

Schweizer Klimaaktivisten haben sich ein hohes Ziel gesetzt. Ihrer Charta zufolge soll die Eidgenossenschaft bis 2030 unter anderem die Co2-Emissionen auf netto null reduzieren. Unermüdlich kämpfen hier die Klimaaktivisten seit Monaten auf der Straße, auf Social Media und an Veranstaltungen für eine grünere Erde. Doch das Engagement zehrt an ihren Kräften, wie das Nachrichtenportal "20 Minuten" berichtet.

Während einige Aktivisten ihre ganze Freizeit opfern, haben sich andere den Aktivismus zum Vollzeitjob gemacht: Etwa Dominik Waser brach sein Studium ab, um mit seinem Verein "Grassrooted" Gemüse vor dem Abfall zu retten. Das große Engagement alarmierte auch schon Eltern.

"Wir besprechen mit unserem Sohn, dass es Leute gibt, die durch solche Aktivitäten Burnoutsymptome zeigten", sagte die Mutter von Aktivist Jonas Kampus in der SRF Dokumentationssendung "Klimastreik – Wenn die Jungen aufbegehren".

"Auch deine Batterien sind mal leer"

"Cool, wie du versuchst, den physikalischen Gesetzen zu trotzen. Doch Schlaf ist gesund und heilsam für Körper und Geist. Also nimm auch du dir mal wieder eine Auszeit und schlafe mit gutem Gewissen so richtig aus", schrieb die Facebook-Gruppe Klimastreik Schweiz kürzlich mit dem Hinweis: "Das ist ein Beitrag der Arbeitsgruppe Wohlfühlklima an unsere lieben Klimaaktivist*innen."

Dazu postete die Gruppe ein Foto, auf dem eine junge Frau zu sehen ist, die erschöpft über ihrer Agenda vor dem Laptop ausruht. "Auch deine Batterien sind mal leer. Vergiss nicht ab und zu mal nachzutanken", heißt es dazu.

Yoga und Spiele gegen Stress

Die erste kantonale "Arbeitsgruppe Wohlfühlklima" wurde im Frühling gegründet. Laut Lena Bühler, Mitglied der Medien-Arbeitsgruppe vom Klimastreik Schweiz, sind an jeder Sitzung jeweils Vertreter der AG vor Ort. "Sie beobachten die Stimmung und empfehlen Leuten, die gestresst wirken, eine Pause", sagt die 16-jährige Gymnasialschülerin. In einem Nebenraum könnten die Klimaaktivisten Yoga und Spiele machen oder einfach jemandem ihr Herz ausschütten. Daneben organisiere die AG Events, wo die Aktivisten ohne Computer zusammenfinden und nicht an die Arbeit denken.

"Auf uns allen lastet ein großer Druck, weil wir sehen, dass die Politiker ihre Verantwortung nicht wahrnehmen und das Klima nicht zum Thema Nummer eins machen. Das führt dazu, dass sich einige von uns übernehmen", so Bühler. Manche investierten die ganze Freizeit in den Klimastreik.

"Angespannte Stimmung in Sitzungen"

Einige Aktivisten organisieren laut Bühler neben der Schule oder dem Studium Events und schreiben bis spät in die Nacht Konzepte und E-Mails. "Die Stimmung an den Sitzungen ist manchmal angespannter, weil man merkt, dass die Leute zu wenig Schlaf haben und sie eigentlich zu erschöpft sind, um weiterzuarbeiten." An einem Burnout sei aber noch niemand erkrankt.

Die AG Wohlfühlklima zeigt offenbar bereits Wirkung . Einige Klimaaktivisten zeigen sich dankbar für das Angebot. "In meinen Augen hat sich intern bereits einiges verbessert, seit es die AG Wohlfühlklima gibt. Dank euch schaffen wir es besser, den Druck an Meetings auszuhalten", schreibt Jan Schuller auf Facebook. Dank der AG lernten sie sich besser kennen und komme wieder in den Fokus, worauf es wirklich ankomme. Auch Mireille Stauffer schreibt: "Dass es euch gibt, macht schon, dass ich mich ein Stück wohler fühle."

Eigenverantwortung zähle

Auch bei Arbeitspsychologen kommt die Burnoutprävention gut an. "Besteht die Gefahr von akuter Müdigkeit oder Erschöpfung, können Angebote zum ‹Kopflüften› hilfreich sein", sagt Martial Berset, Arbeits- und Organisationspsychologe vom Büro A&O. Gerade wenn viele Leute für eine Sache brennen besteht laut Berset die Gefahr, sich gegenseitig anzustacheln und ans Limit zu kommen. "Es kann sein, dass man sich keine Ruhepausen mehr gönnt, weil man etwas besonders wichtig findet."

Wohlfühl-Oasen seien aber keine Garantie gegen Burnouts, so Berset. Ob Arbeit oder Hobby, was zähle sei die Eigenverantwortung. "Über längere Zeit am Limit zu laufen, dann ungenügend Pause machen und wieder am Limit laufen, ist nicht die Lösung." Wer produktiv bleiben wolle, brauche eine konstante Work-Life-Balance. "Am besten teilt man sich die Arbeit ein und gönnt sich regelmäßige Erholungsphasen."