Wien

"Kommen weinend arbeiten" – Wiener Kliniken vor Kollaps

Nach der Klinik Favoriten stehen nun auch die Spitäler in Floridsdorf, Speising und Floridsdorf vor dem Kollaps. Ein Arzt packt über die Zustände aus.

Nicolas Kubrak
Mitarbeiter der Klinik Favoriten haben am Samstag eine Gefährdungsanzeige verfasst. Die Lage in den Wiener Spitälern ist dramatisch.
Mitarbeiter der Klinik Favoriten haben am Samstag eine Gefährdungsanzeige verfasst. Die Lage in den Wiener Spitälern ist dramatisch.
Tobias Steinmaurer / picturedesk.com

Der Schock war groß, als Medienberichte von der dramatischen Situation in der Klinik Favoriten – Mitarbeiter der Urologie hatten eine Gefährdungsanzeige verfasst (Mehr dazu HIER>>>) – an die Öffentlichkeit gelangten. Folglich schossen sich die Wiener Oppositionsparteien FPÖ und ÖVP auf Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ein und forderten alsbaldige Lösungen. Nun haben auch die Mitarbeiter der Klinik Floridsdorf, des orthopädischen Spitals Speising und der Klinik Ottakring solche Anzeigen verfasst.

Arzt: "Nicht nur Corona ist schuld"

Raffael W., der als Arzt in einem Krankenhaus der Stadt Wien tätig ist und anonym bleiben möchte, schilderte in einem Interview mit der "Krone" die Probleme in Wiener Kliniken.

Startpunkt der Krise sei laut W. das Jahr 2015 gewesen, damals führte man die Zentralisierung sowie Zusammenlegung der Abteilunge ein. Das Problem an der Maßnahme sei der Fakt gewesen, dass die Infrastruktur dafür nicht vorhanden sei. Seitdem habe die Unzufriedenheit unter den Spitalsmitarbeitern enorm zugenommen, "Pfleger und Ärzte wandern ab", schildert der Arzt.

"Es war ein Missmanagement von Anfang an. Man hätte Ambulanzen und Abteilungen nie sperren dürfen", führt er aus. Zudem hätten weniger Mitarbeiter mehr Arbeit leisten müssen. "Das geht vielleicht eine Zeit gut, aber dann knallt es, so wie jetzt", betont W. und teilt gegen Stadtrat Peter Hacker aus: "Und wenn er sagt, mehr Patienten sollen den niedergelassenen Bereich aufsuchen, ist das eine nette Idee, aber der ist nicht dafür ausgestattet." Viele Probleme seien einfach hausgemacht und bestünden seit Jahren, so die nüchterne Analyse des Arztes. "Nicht nur Corona ist schuld an der derzeitigen Situation."

"Fahren weinend in die Arbeit und kommen mit Gastritis heim"

Diese seit Jahren andauernde Problematik wirke sich dramatisch auf das Personal aus: "Die Belastung ist so groß, viele gehen nicht mehr gerne in die Arbeit. Ich kenne Ärzte, die sagen, sie fahren weinend in die Arbeit und kommen mit Gastritis heim", erzählt W. Er sieht den Gesundheitsverband in der Pflicht,  konkrete Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Mitarbeiter von Gesundheitseinrichtungen hätten oft versucht, die Probleme zu lösen, doch passiert sei nichts. W.'s Forderungen: "Anstatt Millionen für die Umbenennung der Spitäler auszugeben, sollte in Infrastruktur und Personal investiert werden. Es müssen jene die Entscheidungen treffen, die auch eine Ahnung haben."

"Ich kenne Ärzte, die sagen, sie fahren weinend in die Arbeit und kommen mit Gastritis heim."

Zukunftsprognose? "Ich sehe schwarz, wenn sich nichts ändert"

Wie sieht die Zukunft der Wiener Spitäler aus? "Ich sehe da schwarz, wenn sich nichts ändert", so die düstere Prognose des Arztes. Die meisten jungen Ärzte würden sich das Spital nicht mehr antun – demnach würden in Zukunft Ärzte im Spital, aber genauso im niedergelassenen Bereiche fehlen, warnt W. abschließend.

In "Wien heute" erzählt Michael Binder, ärztlicher Direktor des Wiener Gesundheitsverbunds, dass es die Möglichkeit gibt, "Patientinnen und Patienten, die aus Bundesländern bei uns betreut werden aufgrund der hohen Qualität, nach Möglichkeit auch in den Bundesländern zur Betreuung zu belassen". Das passiere auch bereits.

Laut Gerald Mjka von der Gewerkschaft vida steigt der Druck auf das Personal aber auch so schon immer weiter. "Das hat mehrere Stufen, im ersten Moment wird der Druck auf das Personal erhöht, mehr Leistung zu erbringen, mehr Überstunden und eingesprungene Dienste. Und sie müssen auch im Dienst mehr Patientinnen und Patienten betreuen. Das führt dazu, dass die Kolleginnen und Kollegen schon Angst haben, Fehler zu machen", sagt er im ORF.

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