Österreich

Kommt jetzt Alkoholverbot für Jäger?

Heute Redaktion
14.09.2021, 03:16

Nach dem tragischen Jagdunfall am Samstag im Weinviertel, bei dem der 21-jährige Christian T. durch die Kugel eines Jägers (55) ums Leben kam, stellte sich heraus: Der Schütze hatte zuvor getrunken. Jetzt fordern Grüne und der Tierschutzverein erneut eine Null-Promille-Grenze für Jäger. Auch Psychotets für die schießende Zunft steht im Raum.

Wieder verursachte ein betrunkener Jäger einen tödlichen Jagdunfall: Bei einer Wildschwein-Treibjagd am Samstagvormittag, an der rund 40 Personen, Jäger und Treiber, beteiligt waren, fiel ein tödlicher Schuss. Gegen 11.00 Uhr wurde im Bereich eines Güterwegs von den Jägern ein Korridor gebildet, die Treiber sollten das Schwarzwild dorthin drängen.

Der 55-jährige Schütze aus dem Bezirk Korneuburg nahm den Ermittlern zufolge plötzlich einen "dunklen Fleck" hinter dem Gebüsch wahr und feuerte einmal in dessen Richtung. Bei dem "dunklen Fleck" handelte es sich allerdings nicht um ein Wildschwein, sondern um den jungen Treiber und Feuerwehrmann, der von der Kugel getroffen wurde. Der Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen. Laut Polizei trugen alle an der Jagd Beteiligten Signaljacken.

Schütze war betrunken

Das Landeskriminalamt ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge. Der 55-Jährige muss mit einer Anzeige rechnen. Das brisanteste Detail: Schütze Alois P. war alkoholisiert. Laut Polizei mit 0,46 Promille. "Er hatte zuvor getrunken", so ein Waidmann. Und zwar so viel, dass er kaum mehr fahrtauglich war. "Der Schütze schoss aus 15 Metern Entfernung auf das Opfer, ohne sich zu vergewissern, ob Mensch oder Tier im Gebüsch war", sagte Chefermittler Leopold Etz. Den Beschuldigten (55) erwarte eine Anzeige wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen.

Grüne NÖ für 0-Promille beim Jagen

Für Madeleine Petrovic, Klubobfrau der Grünen im NÖ Landtag, wäre der tödliche Jagdunfall in Unterolberndorf (Bezirk Mistelbach) vermeidbar gewesen. "Bereits in der Dezember-Sitzung des Landtages haben wir Grünen eine Novellierung von jagdgesetzlichen Regelungen gefordert: Unter anderem wollen wir das Verbot von Treibjagden und eine Null-Promille-Grenze bei der Jagd - genau jene Faktoren, die zu dem tragischen Unfall geführt haben."

"Der Grüne Antrag wurde damals von den Regierungsparteien als überzogen abgelehnt", so Petrovic. "Strengere Regeln hätten diesen Vorfall - so wie viele andere Jagdunfälle - vermeiden können. Wenn schon Treibjagden durchgeführt werden, dann aber bitte so, dass nicht auch noch Menschen zu Schaden kommen. Wer mit Waffe ausrückt, muss nüchtern sein."

Auch Tierschützer fordern Alkoholverbot

 Jetzt fordert der Österreichische Tierschutzverein - "angesichts des explosiven Gemisches aus Alkohol und mangelnder psychologischer Eignung" - eine Null-Promille-Grenze bei der Jagdausübung sowie eine verpflichtete psychologische Verlässlichkeitsprüfung. "Ausgerechnet die 120.000 Jagdkartenbesitzer - in Österreich immerhin die größte Gruppe unter den Waffenbesitzern, die auch eine Waffe mit sich führen dürfen - müssen sich keiner psychologischen Verlässlichkeitsuntersuchung unterziehen. Und das, obwohl Jäger für die meisten Unfälle im Zusammenhang mit Waffen verantwortlich sind", so Christian Hölzl vom Tierschutzverein am Dienstag in einer Aussendung.

Seite 2: Die Serie von Jagdunfällen reißt nicht ab!

Der erschossene 21-Jährige stellt nur das vorläufige und besonders tragische Ende einer Kette von Jagdunfällen dar, die sich in den vergangenen Wochen vor allem in Ostösterreich abgespielt haben.

18. Jänner 2013: Ein 61-jähriger Jäger hat bei einem zweiten Jagdunfall in St. Oswald bei Freistadt auf einen flüchtenden Fuchs geschossen, aber seinen Bruder getroffen. Der 69-Jährige erlitt Verletzungen im Gesicht. Die Männer hatten gemeinsam an einer Fuchsjagd teilgenommen. Der Jüngere stand bei einem Baum, als sein Bruder feuerte. Ein großer Teil der Schrotladung traf das Holz, einige Kugeln aber auch den 69-Jährigen.

10. November 2012: Im Zuge einer Treibjagd wird in Helpfau-Uttendorf (Bezirk Braunau) ein Spaziergänger von einigen Schrotkugeln getroffen und leicht verletzt.

17. November 2012: Bei einem Jagd in Kleinschweinbarth (Bezirk Mistelbach) verletzt sich ein 82 Jahre alter Jäger mit seiner eigenen Schrotflinte. Der betagte Mann dürfte unsachgemäß mit der Waffe hantiert haben. Er erleidet einen Durchschuss der linken Hand.

24. November 2012: Ein 46-jähriger Jäger wird in St. Florian bei Linz von einer Kugel getroffen, mit der ein 68-Jähriger Waidmann einen Hasen erlegen will.

3. Dezember 2012: In Purkersdorf (Bezirk Wien-Umgebung) wird ein 54-jähriger Jagdpächter bei einer Wildschweinjagd angeschossen. Der 81-jährige Schütze gibt später bei der polizeilichen Einvernahme an, auf ein Wildschwein gezielt zu haben, das durch die Schützenkette gelaufen sei. Er habe nicht bemerkt, dass er den 54-Jährigen an der Schulter traf.

12. Dezember 2012: Beim Versuch, mit einer Bockflinte einen Hasen zu erlegen, trifft ein 35-jähriger Waidmann bei einer genehmigten Gemeindejagd im steirischen Langegg (Bezirk Liezen) einen Kollegen in der Brust. Der 52-Jährige, dem die Schrotladung den Herzbeutel verletzt, muss notoperiert werden.

15. Dezember 2012: Bei einer Niederwildjagd in Großrußbach (Bezirk Korneuburg) wird ein 65-jähriger Jäger durch eine Schrotkugel leicht verletzt. Ein 20 Jahre alter Bursch trifft ihn bei der Schussabgabe versehentlich am Kopf.

16. Dezember 2012: Beim Ausladen eines Gewehres aus dem Auto eines 55 Jahre alten Jägers löst sich in Göstling an der Ybbs (Bezirk Scheibbs) ein Schuss. Das Projektil schlägt im rechten Oberschenkel des Forstwirts ein, der mit seinem Sohn im Jagdrevier Hochkar - G'seng seiner Leidenschaft nachgehen will.

18. Jänner 2013: In St. Oswald bei Freistadt (Bezirk Freistadt) trifft ein 61-Jähriger bei einer Fuchsjagd statt einem flüchtenden Tier den eigenen Bruder. Der 69-Jährige erleidet Verletzungen im Gesicht.

19. Jänner 2013: Eine Wildschweinjagd kostet in Wolkersdorf (Bezirk Mistelbach) einen 21 Jahre alten Burschen das Leben. Er hatte sich als Treiber betätigt und soll bei der Schussabgabe von Gebüsch und Dickicht verdeckt gewesen sein.

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