Niederösterreich
Kopfschuss-Opfer (43) lehnte Polizeischutz ab
Anzor A. alias Martin B. (43) war vor der Bluttat bedroht worden, lehnte aber einen Polizeischutz ab. Seine Frau wurde vom Geheimdienst gewarnt.
Mamihan U. alias Anzor A. alias Martin B. führte ein bewegtes Leben: 2005 war er als Flüchtling nach Wien gekommen, hatte in Wien-Donaustadt mit Frau und drei Kindern eine Gemeindewohnung. Der ehemalige Polizist war deklarierter Feind von Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow und zeigte seine Abneigung offen. Auch sonst war das Opfer der Exekutive nicht unbekannt - er war sogar bei der Pizzeriasprengung in Hollabrunn im Frühjahr 2017 beteiligt ("Heute" berichtete).
Über 20 Videos
Über 20 Videos lud "Anzor of Vienna" hoch, kritisierte dabei das Kadyrow-Regime auf das Schärfste, beleidigte dabei auch die Familie des Präsidenten unter der Gürtellinie.
Dem dreifachen Vater war durchaus bewusst, dass er in großer Gefahr war, lehnte aber dennoch Polizeischutz ab. Weiters unterstreicht die Landespolizeidirektion NÖ, dass die Tat einen politischen Hintergrund haben könnte, aber dies eben noch nicht restlos geklärt sei.
Warnung von Geheimdienst
Angeblich soll auch die Familie des Opfers eine Warnung eines russischen Geheimdienstes erhalten haben: Wenn sich die Ehefrau für das Verhalten und die verbalen Entgleisungen ihres Gatten entschuldigen würde, bliebe die Familie verschont. Auch solle sie dafür sorgen, dass ihrem Mann das ganze Vermögen entzogen werde.
Wie berichtet war Anzor A. am Samstagabend auf einem Parkplatz in Gerasdorf (Bezirk Korneuburg) erschossen worden, ein "Zeuge" wählte den Notruf. Andere Zeugen konnten der Polizei Hinweise auf das silberfarbene Fluchtfahrzeug geben. Nicht einmal zwei Stunden nach dem Mord wurde Sar A. (47) als verdächtiger Schütze in Linz festgenommen.
Am Sonntag dann der nächste Knalleffekt: "Zeuge" Salman M. (37) verwickelte sich in Widersprüche, wurde schließlich auch festgenommen. Der wegen Betruges und anderen Delikten vorbestrafte Sar A. und Komplize Salman M. sitzen in Korneuburg in Untersuchungshaft, für beide gilt die Unschuldsvermutung.
Vermutlich wird in den nächsten Tagen noch ein Gutachten von Seiten der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben, vermutlich ein Schussgutachten. Die Landespolizeidirektion bekam am Montag zahlreiche Anfragen von ausländischen Medien, vor allem von russischen Medien.