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Kosovarin (23) von Ehemann monatelang eingesperrt

Heute Redaktion
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Acht Monate lang durfte eine 23 Jahre alte Kosovarin in der Schweiz die Wohnung ihres Mannes nicht verlassen. Mittlerweile ist ihr die Flucht gelungen. Jetzt erzählt sie von ihrem Schicksal.

Sie war die Gefangene – und die Familie ihres Mannes nahm die Rolle der Wärter ein: So schildert eine 23-jährige Fatima (Name von der Redaktion geändert) aus dem Kosovo die Hölle, die sie in einer Wohnung im Kanton Tessin in der Schweiz erlebt hat.

"Sie überwachten mich Tag und Nacht. Weder durfte ich allein einkaufen gehen noch ließen sie es zu, dass ich allein mit meiner Tochter in den Park ging, der gleich hinter unserem Wohnhaus lag." Das alles sei aus der Angst geschehen, sie würde fliehen. Doch die junge Frau wurde nicht nur eingesperrt, sie wurde auch immer wieder verprügelt.

Ehe war arrangiert

Ihren Ehemann kannte Fatima nicht, bevor sie ihn heiratete. Die Ehe hatten ihre Familien arrangiert. "Vor der Heirat sahen wir uns nur ein einziges Mal, für einen Tag. Aber so läuft das halt bei uns", sagt Fatima.

Verschlechtert habe sich die Situation dann mit der Geburt der gemeinsamen Tochter: "Plötzlich war mein Mann ein ganz anderer Mensch, jähzornig und gewalttätig."

"Ich floh mit nichts außer dem Kinderwagen"

Fatimas Schicksal blieb nicht unbemerkt. In Sorge über Fatimas Schreie, die sie aus der Wohnung vernahmen, alarmierten die Nachbarn mehrmals die Polizei. Um aus der Hölle zu entkommen, musste Fatima aber selber handeln: "Nach mehreren misslungenen Fluchtversuchen nahm ich eines Tages meine Tochter und ging mit ihr weg. Ich hatte nichts dabei ausser den Kinderwagen. Weder sprach ich italienisch noch kannte ich mich in der Stadt aus, in der ich mich befand."

Nach der Flucht zeigte sie ihren Ehemann an, mittlerweile hat der Prozess gegen ihn stattgefunden. Zwar sind nur die wenigsten Fälle so extrem wie jener von Fatima, von einem Einzelfall sprechen kann man aber nicht: Laut der Frauenberatungsstelle von Lugano sind allein im Jahr 2016 insgesamt 300 Frauen im Tessin vor häuslicher Gewalt geflüchtet. «Und zu solchen Situationen kommt es nicht selten bei arrangierten Ehen», heisst es bei der Beratungsstelle.

Fatima lebt jetzt in Freiheit, die Angst bleibt jedoch ihr ständiger Begleiter: Die Familie ihres ehemaligen Mannes hat sie mit dem Tod bedroht.