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Dem kleinen Maxim (6) zerbröckeln die Zähne

Heute Redaktion
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Dem sechsjährigen Maxim müssen vier neue Backenzähne unter Vollnarkose gezogen werden. Die Familie hofft, dass die Kreidezähne als Krankheit anerkannt werden.

Kerstin Bülau aus der Schweizer Gemeinde Ramsen (Kanton Schaffhausen) ist verzweifelt: Als ihr Sohn maximal vor gut einem Jahr die ersten bleibenden Backenzähne bekommt, stellt sie fest, dass sie braune und gelbe Stellen aufweisen und bröckelig sind. Auch an den Schneidezähnen zeigen sich seltsame Wölkchen. Der knapp Siebenjährige hat Kreidezähne – im Fachjargon MIH genannt (siehe Infobox).

"Zwei Zähne sind ganz schlimm. Für uns war es ein Schock, weil wir immer penibel auf die Dentalhygiene geachtet und ihm kaum Zucker gegeben haben", sagt die Mutter. Die Zahnärzte hätten versucht, die Zähne zu flicken, die Füllungen hätten aber nicht gehalten und seien herausgebrochen. Weil der schützende Zahnschmelz fehle, habe ihr Sohn große Schmerzen beim Essen und Zähneputzen.

Eis essen wird zur Tortur

Besonders schlimm sind Hitze und Kälte, sagt Maxim. Speisen, die direkt aus dem Kühlschrank oder dem Eisfach kommen, bereiten ihm Qualen. "Ich mag Schokoladeneis, aber weil es so weh macht, kann ich es nicht essen." Er versuche, das Eis vorne zu essen, damit sie nicht mit den betroffenen Zähnen in Kontakt komme, sagt seine Mutter.

Maxim muss nun die vier betroffenen Zähne ziehen lassen. Er nennt es "wegzaubern". Die Operation findet unter Vollnarkose statt. "Wir sind froh, wenn sie endlich weg sind, damit Maxim wieder normal essen kann und nicht mehr leiden muss." Dieser habe aber keine Angst und sei sehr tapfer. "Wir sind sehr stolz auf unseren Sohn." Nach der Operation kommen jahrelange Nachbehandlungen auf ihn zu. "Wir haben noch einen langen Weg vor uns."

Was sind Kreidezähne?

Kreidezähne, in der Fachsprache Molare-Inzisive-Hypomineralisation (MIH)genannt, bezeichnet eine Krankheit, die durch Umweltfaktoren verursacht wird und bei Backenzähnen von Kindern auftritt. Die Erkrankung betrifft nicht nur die Milchzähne, sondern auch die bleibenden Zähne. Der normalerweise harte und schützende Zahnschmelz ist durch die MIH sehr weich und die Zähne werden porös. Ein Teil des Zahns kann abbrechen, manchmal sogar schon während er durch den Kiefer bricht. Symptome sind Hitze- und Kälteempfindlichkeit sowie Sensibilität bei Berührungen. Dies führt häufig zu Karies, da das Putzen des Zahnes dem Betroffenen zu viele Schmerzen bereitet. Jedoch kann der MIH mit Versiegelungen, Füllungen und Kinderkronen entgegengewirkt werden.

Für die Familie ist die Zahnschmelzstörung auch finanziell eine große Belastung. "Mein Mann – er ist Landschaftsgärtner – und ich werden die Behandlungskosten von mehreren tausend Franken abstottern müssen." Die Krankenkassen übernehmen weder die Zahnarztrechnung für die Sanierung noch für die Folgebehandlungen der Zahnstellung, weil MIH nicht im Leistungskatalog aufgeführt ist.

Die Mutter appelliert an die Politik, dies zu ändern: "Bei MIH handelt es sich um einen Entwicklungsfehler ohne Selbstverschulden. Es gibt so viele Betroffene, mit denen ich mich in Facebook-Gruppen austausche. Würden die Kassen zumindest einen Teil der Kosten übernehmen, wäre vielen Familien geholfen."

Kassen spielen den Ball dem Bund zu

Matthias Müller, Sprecher des Krankenkassenverbands Santésuisse, sagt: "Wir verstehen, dass die Situation für diese Familie schwierig ist." Grundsätzlich gebe aber der Bund vor, welche Leistungen in der Zahnmedizin durch die Grundversicherung finanziert werden. "Der Leistungskatalog ist für die Krankenkassen verbindlich."

Skeptisch ist er gegenüber einer Aufnahme von MIH in den Leistungskatalog: "Das müsste man hier sehr genau abklären, ansonsten würden die Prämienzahler wohl massiv stärker belastet. Die Schwierigkeit der Abgrenzung und Diagnose wäre sicherlich anspruchsvoll und müsste in die Beurteilung einfließen."

Beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) heißt es, in der Schweiz seien Zahnarztbehandlungen nur in Ausnahmefällen – etwa bei "einer schweren, nicht vermeidbaren Krankheit des Kausystems" – eine Pflichtleistung der Grundversicherung. Solle MIH zur Pflichtleistung werden, müsse ein Antrag eingereicht werden.

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