Politik

Kritik an Koalition: Voves pfeift auf Vizeparteichef

Heute Redaktion
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Bei der SPÖ-Präsidiumssitzung kam es am Freitag zu heftigen Turbulenzen: Der steirische SPÖ-Chef Landeshauptmann Franz Voves legte sein Amt als Vizebundesvorsitzender zurück. Aufregung gibt es auch, weil Minister Reinhold Mitterlehner das Wissenschaftsressort künftig quasi als "Anhängsel" betreuen soll. Viele Punkte des Regierungspakts Faymann/Spindelegger werden von vielen Seiten kritisch bewertet.

werden von vielen Seiten kritisch bewertet.

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves hat am Freitag im Parteivorstand die Funktion des stellvertretenden Bundesvorsitzenden zurückgelegt. An der Abstimmung zum Koalitionspakt, der in der SPÖ mit nur sechs Gegenstimmen angenommen wurde, nahm Voves bewusst nicht teil. Er selbst nannte das eine "Enthaltung".

Inwieweit diese Entscheidung mit Unzufriedenheit mit dem Koalitionspakt zusammenhänge, wollte der steirische SPÖ-Chef nicht sagen: "Ich kommentiere das nicht, ich war nicht im Verhandlungsteam und habe nun auch keine Bundesfunktionen mehr." Diese seine Haltung sei nicht abgesprochen und keine Aktion der steirischen Partei gewesen, betonte Voves mit dem Nachsatz: "Was auch immer da hininterpretiert werden wird."

Gemeinsame Schule, Vermögenssteuer: Im SPÖ-Vorstand lehnten Vorarlbergs Landesparteichef Michael Ritsch und SJ-Chef Wolfgang Moitzi den Koalitionspakt ab. Ritsch vermisst im Regierungsprogramm die gemeinsame Schule, die Millionärsabgabe und die gewünschte Entlastung der Arbeitnehmer. Faymann habe dafür "gekämpft", aber mit "dieser ÖVP" sei das nicht machbar. Eine Minderheitsregierung wäre ihm lieber gewesen, bekräftigte Ritsch.

Die Jungen der SJ erteilen dem Pakt keinen Sanktus, weil "wesentliche Punkte fehlen", wie Moitzi erklärte, darunter Vermögenssteuern. Moitzi hätte sich außerdem gewünscht, dass nicht nur der Bundesparteivorstand, sondern alle Parteimitglieder über das Vereinbarte abstimmen dürfen.

Kritik kommt auch von anderen Seiten an verschiedenen Punkten des Regierungspakts.

Wissenschaft - Fischer soll Regierung nicht angeloben!

Vor allem dass die , sorgt für große Empörung. Die Universitätenkonferenz (uniko) appelliert an Bundespräsident Heinz Fischer, "keine Regierung ohne Wissenschaftsminister anzugeloben", die den Bereich Wissenschaft und Forschung zur Nebenagenda eines anderen Ministeriums mache. Die SJ Wien, VSSTÖ Wien und aks hielten bereits am Donnerstag eine Protestkundgebung zum Koalitionspakt ab.

Platter: "Gravierende Fehlentscheidung"

Tirols ÖVP-Chef und Landeshauptmann Günther Platter hat die Bildung der neuen Bundesregierung scharf kritisiert. Vor allem die Zusammenlegung der beiden Ministerien findet er - wie er gegenüber dem ORF gesagt hat - eine "gravierende Fehlentscheidung".

Auch die Uni Wien zeigt sich "bestürzt über den geringen Stellenwert für Wissenschaft und Unis, der aus der Abschaffung des Wissenschaftsministeriums zum Ausdruck kommt". Gleichzeitig begrüßt man das "zum wiederholten Mal" für 2020 gesteckte Ziel, 2 Prozent des BIP in die Hochschulen zu investieren.

Massive Kritik kommt auch  von NEOS Wissenschaftssprecher Niki Scherak. Er sieht durch die Zusammenlegung die Unabhängigkeit und Zukunftsfähigkeit der Universitäten gefährdet: "Ich bin fassungslos - das ist wie wenn man einen Zuchtbullen neben einen Traktor stellt und miteinander vergleicht", ärgert sich Niki Scherack.

Grünen Chefin Eva Glawischnig: Es sei "vollkommen unverständlich", dass die Wissenschafts- und Forschungsagenden zum "Anhängsel der Wirtschaft degradiert" würden. Dass das Integrationsstaatssekretariat "vollkommen artfremd ins Außenministerium eingepflanzt" werde, sehe sie kritisch.

Der scheidende Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) sieht im Aus für sein Ressort Folgen auf unterschiedlichen Ebenen: "Ich sehe jetzt schon, dass die Symbolik ganz schlecht ist für viele in der Wissenschaft", so Töchterle.
Frauen: Mit insgesamt nur fünf Frauen (zwei im ÖVP-, drei im SPÖ-Team) oder 32 Prozent von 16 Ministern und Staatssekretären zählt das Regierungsteam jetzt eine weniger, als in der vergangenen Legislaturperiode. Von 2008 bis 2013 zählte die Bundesregierung mit ihren damals noch 18 Ministern und Staatssekretären zwischenzeitlich sogar bis zu sieben Frauen (39 Prozent). Für die ÖVP-Frauen ist es ein "Wermutstropfen", dass nun nur noch zwei Ministerinnen im ÖVP-Team sind.

Sparen und Steuern: Für den Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, Karl Aiginger, sind im rot-schwarzen Koalitionspakt die Umsetzung vieler Maßnahmen noch offen, und die "große Strategie" müsse erst erarbeitet werden. Die geplanten Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen - etwa auf Zigaretten, Alkohol und Autos - bewertet Aiginger als "sehr positiv", weil das Wirtschaftswachstum dadurch kaum beeinträchtigt werde.

Gleichzeitig geht er aber davon aus, dass zur Erreichung des Nulldefizits 2016 weitere Einsparungen nötig sein werden. Mit den Maßnahmen im Regierungsprogramm würden nämlich nur die 2014 nötigen 2,5 Mrd. Euro bewältigt. 2015 brauche die Regierung eine weitere Milliarde, 2016 noch einmal 500 Mio. Euro. müsse die Regierung 2014 noch viele offene Fragen etwa zu Bürokratiereform und Föderalismus klären: "Es ist ein hartes Arbeitsjahr, weil die Konkretisierung und die Zukunftsfähigkeit auf das erste Regierungsjahr verschoben wurde."

Grünen-Chefin Eva Glawischnig meinte, im Bereich der Steuern finde man einen "Fleckerlteppich an Kleinsteuererhöhungen".
Nulldefizit: Für IHS-Chef Christian Keuschnigg ist das von der Koalition geplante Nulldefizit "sehr knapp kalkuliert". "Wenn etwas schlechter läuft als geplant, dann wird nachgebessert werden müssen", so Keuschniggund drängt auf einen "sehr strengen Budgetvollzug".

Pensionen: Als "versteckte sozialpolitische Gemeinheit" bezeichnete Glawischnig einen Solidarbeitrag bei der Aufwertung im Pensionskonto. Das bedeute nichts anderes, als dass "bei den Pensionen der Jüngsten gekürzt wird", meinte Glawischnig. Gegen diesen "Anschlag auf die Zukunftssicherheit junger Menschen" würden die Grünen "ganz massiven Widerstand leisten".

Integration: Integrationssprecherin der Grünen, Alev Korun, bewertet die politische Zukunft des Integrationsthemas bei der SP-VP-Regierung als "Murks": "Vor erst zweieinhalb Jahren hat die Regierung mit großem Selbstlob ein Integrationsstaatssekretariat geschaffen. Nun, zweieinhalb Jahre später, wird es sang und klanglos aufgelöst und das Thema in das fachfremde Außenministerium verschoben, offensichtlich nur weil Sebastian Kurz Außenminister wird. "

Und Korun weiter: "Integration wird hiermit als ein persönliches Hobby von Kurz behandelt, das er sich unter den Arm klemmt und ins Außenministerium mitnimmt. Dort im diplomatischen Corps wird die Integrationssektion allerdings Fremdkörper sein und bleiben und wenn Kurz nicht mehr dieses Amt bekleidet wieder woandershin verschoben oder aufgelöst werden. Echter Einsatz für das Zukunftsthema Integration schaut freilich anders aus".
Kultur: Als "insgesamt von einem großen Wurf weit entfernt" bezeichnet Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren, das Kapitel "Kunst und Kultur" im Regierungsprogramm. Die zwei Seiten "geben durch nichts zu erkennen, dass die Österreichische Bundesregierung das Thema ernst nimmt". Die neue Ressortkonstruktion unter Josef Ostermayer (SPÖ) hält er hingegen für "weitaus besser als die letzte". Für Ruiss sind die angeführten Maßnahmen "schwammig und diffus", das Kunst- und Kulturprogramm "eine einzige Enttäuschung", so der Autor, der im Vorfeld bei der Expertenanhörung der Verhandler vertreten war.

Ältere Arbeitnehmer:

Das geplante Bonus-Malus-System für die vermehrte Beschäftigung älterer Arbeitnehmer ist für IV-Generalsekretär Christoph Neumayer  "keine Lösung für die strukturellen Probleme des Frühpensionierungssystems" und würde auch nicht mehr Beschäftigung schaffen.
Medien: , der künftig neben Beamte und Kultur auch für Medien zuständig sein, wird, hat es vom Start weg schwer: Bereits am Freitag kommentierte der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) die laut Regierungsprogramm vagen Medienvorhaben der SPÖ-ÖVP-Koalition kritisch. VÖZ-Präsident Thomas Kralinger sprach von einem reinen "Pflichtprogramm" und einem "Mindestrahmen". Zur Absicherung der rot-weiß-roten Content-Produzenten brauche es im digitalen Zeitalter "größere Anstrengungen".

Es sei ja "erfreulich, dass sich die neue Regierung zur Presseförderung bekennt, eine Reform dieses Förderinstrumentes ohne eine entsprechende Dotierung ist jedoch sinnlos", erklärte Kralinger. "Nur wenn die Presseförderung ausreichend finanziert ist, kann die Vielfalt der rot-weiß-roten Presselandschaft gesichert werden.“
Zeitplan: Der Industriellenvereinigung fehlen im aktuellen Regierungsprogramm für 2014 bis 2018 "klare Zeitvorgaben" für die geplanten Reformen. "Das ist leider nicht erfolgt", sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer am Freitag vor Journalisten. IV-Präsident Georg Kapsch kritisiert die fehlenden strukturellen Reformen.

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