Österreich

Kritik: St. Pölten wird wie ein Dorf regiert!

Heute Redaktion
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Herausforderer Matthias Adl (VP) ist ein Held, St. Pöltens Stadtchef Matthias Stadler (SP) hat fast nichts falsch gemacht! Große Worte aus dem Munde eines Mannes, der es wissen muss: Hubert Wachter (62), innenpolitisches Experten-Urgestein aus der Landeshauptstadt, der aber auch mit Kritik nicht spart: Der Wahlkampf sei fad, St. Pölten werde wie ein Dorf regiert, es fehle an Ideen!

Heute: Warum ist es ein fader Wahlkampf?
Wachter: Stadler kann mangels Gegnern auf das ganz große Spektakel verzichten. Alleine der heurige Neujahrsempfang mit mehr als 600 Gästen hat gezeigt, wie tief er in der Wirtschaft verankert ist.

Die ÖVP unter ihrem neuen Spitzenmann Matthias Adl hat dem nichts entgegenzusetzen?
Adl kann man als Held bezeichnen! Er ist in eine Mission Impossible hineingegangen. Seit 20 Jahren fristet die ÖVP in St. Pölten ein schwaches Dasein. Personell wie thematisch. Auch das gewählte Vorzugsstimmen-System ist gefährlich. Jetzt muss eine wie Ulli Nesslinger, die sich für die ÖVP die Füße wund läuft, um ihr Leiberl rennen?

Erst wenige Monate vor der Wahl beerbte Adl den bisherigen Vize Hannes Sassman. kam das zu früh?
Es kann einem Parteiobmann nichts Schlechteres passieren, als mit einer verlorenen Wahl zu starten.

Sie vermuten also, dass die ÖVP Einbußen hinnehmen wird müssen?
Kommt die ÖVP mit einem blauen Auge davon, wird sie einen Zweier vorne behalten (2006: 24,22%, Red.). Der SPÖ traue ich 62% (59,61%) zu. Grüne und Freiheitliche werden etwa gleich bleiben, den restlichen Listen gebe ich wenig reelle Chancen.

Zurück zum faden Wahlkampf, wie hätte dieser spannender ausfallen können?
Das wichtigste Thema ist doch der Verkehr. St. Pölten ist ein Straßendorf. Mutige, großzügige Lösungen sind gefragt.

Wie könnten diese aussehen?
Warum überlegt man nicht, die Mariazeller- und Josefstraße wechselseitig als Einbahn zu führen? Auch durch das Parkplatzproblem ist der Verkehrsinfark vorprogrammiert. Verkehrserreger wie das neue Möbelhaus am Europaplatz, die Bürogebäude in der Kremser Landstraße sowie der Krankenhausausbau werden sich auswirken.

Weitere mutige Lösungen?
Ja, die Stadtverfassung gehört geändert. St. Pölten wird wie ein Dorf regiert. Die Stadt braucht amtsführende Stadträte. Dann kann sich ein Stadtchef echte Profis holen und müsste einzelne Posten nicht mit verdienten Parteifunktionären besetzen.

Nur rote Rosen für Stadler?
Er hat nicht viel falsch gemacht. Er könnte ein zweiter Rudolf Singer werden, der bis heute der Stadt seinen Stempel aufdrückt.

Von Karl Müllauer

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