Multimedia

Künstler versteigert digitales Werk für 69 Millionen

Digitale Kunstwerke, die ganz einfach gratis vervielfältigt werden können, für ein Vermögen zu kaufen, klingt absurd. Doch sie bringen Millionen ein.

20 Minuten
Teilen
1/7
Gehe zur Galerie
    Dieses Kunstwerk wurde gerade für 69 Millionen Dollar versteigert.
    Dieses Kunstwerk wurde gerade für 69 Millionen Dollar versteigert.
    Christie’s/Mike Winkelmann

    Die Frage um das Eigentumsrecht ist mit dem Aufkommen des Internets ist immer komplizierter geworden. Fotografien können mit einem einfachen Mausklick kopiert und Musik-Stücke ohne Probleme weiterverschickt und vervielfältigt werden. Dabei geht der Künstler oder die Künstlerin oft leer aus, egal wie beliebt das Kunstwerk tatsächlich ist.

    Ein Beispiel dafür ist das animierte Gif der Nyan Cat. Dieses ist seit dem Jahr 2011 nicht mehr aus dem Internet wegzudenken und wurde seit seiner Erschaffung unzählige Male vervielfältigt, verschickt oder gepostet. Der Urheber des Gifs, Chris Torres, konnte damit aber keinen direkten Profit schlagen, egal wie beliebt das kleine Bildchen auch wurde – bis jetzt.

    Nun kommen NFTs ins Spiel. Die Abkürzung geistert seit einigen Wochen im Netz herum, doch worum handelt es sich dabei eigentlich? NFT steht für "Non-Fungible Token", was so viel bedeutet wie "nicht austauschbare Token". Zu verstehen sind sie ähnlich wie Kryptowährungen wie Bitcoin, da sie auf einer Blockchain basieren, bei welcher jede Transaktion genauestens gespeichert wird. Wer NFTs kauft, kauft damit aber nicht nur einen abstrakten Block in einer Reihe an digitalen Blöcken, sondern einen Vermögenswert, der das Eigentumsrecht an einem bestimmten digitalen Objekt repräsentiert.

    Was heißt das genau?

    Um zu verstehen, wieso jemand tatsächlich einen solchen Kauf eingehen würde, muss zuerst einmal erklärt werden, was mit "nicht austauschbaren Token" genau gemeint ist. Wertgegenstände wie beispielsweise Geld sind austauschbar, da beispielsweise eine 100 Euro Note auch in zwei Fünfziger-Noten oder fünf Zwanziger-Noten ausgetauscht werden kann und der Wert immer gleich bleibt. Mit geistigem Eigentum verhält sich dies anders. Wie Zeit.de darlegt, kann ein Gemälde von Picasso nicht einfach mit mehreren kleinen Picasso-Gemälden ausgetauscht werden und seinen Wert behalten. Denn der Vermögenswert ist an das konkrete, physische Objekt gebunden.

    Im Internet ist dies aber schwieriger zu handhaben, da ein digitales Werk tatsächlich ganz einfach vervielfältigt werden kann und die Kopie anschließend den gleichen Wert wie das Original behält. So ist beispielsweise das Nyan-Cat-Gif gleich viel wert, egal ob Userin A oder User B dieses auf der Festplatte abspeichert.

    Wieso würde jemand trotzdem Geld dafür ausgeben?

    Hier setzen die NFTs an. Wer ein solches Token kauft, sichert sich das Eigentumsrecht auf ein bestimmtes digitales Kunstwerkt. Auf den ersten Blick wirkt dies absurd, denn dieses Kunstwerk kann nach wie vor ohne Mehrkosten vervielfältigt werden. Wieso würde jemand also Geld für etwas ausgeben, das man sich ebenso gut mit einem einfachen Mausklick gratis aneignen könnte?

    Grund dafür ist, dass es nur einen einzigen Besitzanspruch für die Original-Version eines digitalen Kunstwerks gibt. So hat der Erschaffer der Nyan Cat zum zehnjährigen Jubiläum des Bildchens eine neue Version dessen erstellt und diese über die Kryptokunstplattform Foundation versteigert. Gekauft wurde sie von einem User oder einer Userin für 300 Ether, was zum damaligen Zeitpunkt rund 600.000 Dollar, also rund 503.000 Euro wert war.

    Es handelt sich bei NFTs also eher um einen ideellen als einen materiellen Wert. Der Käufer oder die Käuferin des Nyan-Cat-Gifs ist die einzige Person auf der Welt, die nachweisen kann, über das Original-Gif der Internet-Katze zu verfügen, da die Person im Besitz der Eigentumsurkunde ist. Und für dieses Dokument scheinen einige Personen willig zu sein, einen Haufen an Geld auszugeben. Denn es gibt noch viel extremere Beispiele als das Nyan-Cat-Gif.

    So hat der Grafik-Künstler "Beeple" am Donnerstag eines seiner digitalen Kunstwerke im Auktionshaus Christie’s für 69,3 Millionen Dollar versteigert. Das ist mehr Geld, als jemals für Kunstwerke von Kunstschaffenden wie Frida Kahlo, Salvador Dali oder Paul Gaugin ausgegeben wurde, wie das "Wall Street Journal" berichtet. "Beeple" wurde durch diese Auktion zum drittteuersten lebenden Künstler der Welt.

    Auch die Sängerin Grimes hat Kryptokunst im Wert von insgesamt sechs Millionen US-Dollar versteigert. Ihr gleich tun es Musiker wie die Kings of Leon, die NFTs ebenfalls für sich entdeckt haben. So will die Band ihr neues Album mittels NFT als limitierte Auflage veröffentlichen. Außerdem hat der frühere T-Mobile-Chef John Legere für 888.888,88 Dollar ein GIF vom amerikanischen DJ Steve Aoki gekauft. Dies zeigt, wie wenig Grenzen dem Handel mit digitalen Gütern tatsächlich gesetzt sind.

    Hat dies auch Vorteile für die Künstlerinnen und Künstler?

    Durchaus. Für Künstlerinnen und Künstler im digitalen Raum ist es äußerst schwierig, mit ihrer Kunst Geld zu verdienen. Ist ein Kunstwerk erst einmal im Internet gepostet, hat dieses bis dahin jeden Wert verloren, da es ohne Mehrkosten von allen Leuten weiterverteilt und kopiert werden konnte. Durch NFTs ist es Kunstschaffenden aber möglich, ihre Originale zu verkaufen – ob diese anschließend weiter vervielfältigt werden, ist dabei irrelevant.

    Charlie Lee, der Gründer der Kryptowährung Litecoin, weist Kunstschaffende laut cointelegraph.com aber zu Vorsicht an. Er glaubt, dass sich NFTs auf lange Sicht hinweg nicht halten werden, da der Markt irgendwann mit zu vielen NFTs überflutet sein werde. Das Angebot werde dann die Nachfrage so stark übersteigen, dass ein Crash unvermeidbar sei. Sein ganzes Vermögen auf NFTs zu setzen, hält Lee also als nicht für ratsam.

    Mehr zum Thema